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0787 - Das Medium

0787 - Das Medium

Titel: 0787 - Das Medium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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denn als ich eintrat, erhob er sich aus seinem Stuhl.
    Er war ein großer Mann. Älter als ich. Mit einem kräftigen Kinn, einer breiten Stirn und weißgrauen Haaren, die als Scheitelfrisur auf seinem Kopf lagen. Blaue Augen musterten mich, und ein kräftiger Händedruck hieß mich willkommen. Dieser Wayne Aldrin gehörte zu den Typen, die zupacken konnten.
    Seine Frau sprach davon, Kaffee zu bringen, und ich war damit sehr einverstanden. »Schön haben Sie es hier«, sagte ich, als mir ein Platz angeboten wurde und ich unter mir das Knarren des Sessels hörte.
    Aldrin nickte. »Ja, ich habe es schön.«
    »Ich will Ihnen nichts, Mr. Aldrin, aber sehr überzeugend hat das nicht geklungen.«
    »Meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Sie haben Recht. Ich hatte es schön, ich fühlte mich wohl, bis dann dieses Unglück passierte, und von diesem Tag an änderte sich zwar nicht mein Leben, das kann sich nur mehr durch Tod und Krankheit verändern, aber ich war nicht mehr der alte. Ich habe etwas Schreckliches gesehen und kann es nicht verkraften.«
    »Ja, ich hörte, dass Sie Zeuge gewesen sind.«
    »Der einzige sogar, Mr. Sinclair, denn ich befand mich auf meinem morgendlichen Spaziergang, als es passierte.« Er musste eine Sprechpause einlegen, da ihn die Erinnerung überwältigte, so dass es eine Weile dauerte, bis er sich wieder gefasst hatte. Dann aber hörte ich ihm zu. Ich erfuhr genau das, was ihm widerfahren war. Er schilderte mir den Absturz sehr plastisch, und ich merkte auch, dass er darin Routine hatte, wahrscheinlich war er schon oft verhört oder gefragt worden.
    Er wurde immer nervöser, ich sah auch den Schweiß auf seinem Gesicht, und die Stimme sank zu einem Flüstern herab, als er sich allmählich dem Ende näherte, aber dann zum eigentlichen Höhepunkt kam, denn er berichtete von einer Person, die das Flugzeug unverletzt verlassen hatte.
    »Es ist eine Frau gewesen, Mr. Sinclair.«
    »Die auf dem Foto in der Zeitung?«
    »Ja.«
    Das hatte ich mir gedacht, und plötzlich spürte auch ich die kalten Finger im Nacken. Die hellen Augen des Mannes waren auf mich gerichtet, er wartete auf eine Reaktion, vielleicht auch darauf, dass ich ihn auslachte oder einfach aufstand und wegging, statt dessen blieb ich sitzen und lauschte den Schritten der näher kommenden Melda Wayne, die den frisch gekochten Kaffee brachte. Sie rückte einen Glastisch in unsere Nähe und verteilte die Tassen. Nachdem sie eingeschenkt und ihren Mann mit einem besorgten Blick bedacht hatte, zog sie sich schweigend zurück.
    Ich probierte den Kaffee, nahm auch einen zweiten Schluck und stellte die Tasse wieder hin.
    »Sie sagen nichts, Mr. Sinclair.«
    »Ich glaube Ihnen.«
    Aldrin holte schnaufend Luft, bevor er sich räusperte. Seine Hände umklammerten die Lehnen des Sessels, und ein flüchtiges Lächeln huschte über seinen Mund. »Ich bin froh, dass Sie es gesagt haben, denn andere haben mir nicht geglaubt. Die Fluggesellschaft hat Experten geschickt. Ich bin ununterbrochen gefragt worden, ich habe die Antworten gegeben, aber ich hatte auch den Eindruck, dass man mich für verrückt hielt, denn dass jemand den Absturz überlebt hatte, das konnte niemand glauben. Das war unmöglich.«
    »Ich denke da anders darüber und möchte Sie fragen, ob die Person etwas zu Ihnen gesagt hat.«
    »Nein, sie berührte mich.«
    »Kein Wort…?«
    Er presste seine Hände gegen die Stirn. »Doch – ja, ich habe sie ja gefragt. Einen Satz nur hat sie gesagt. Ich bin ein Medium. Mehr nicht. Nur diesen einen Satz.« Er schaute mich an, als erwartete er von mir die Lösung, die ich ihm auch nicht geben konnte, denn die Antwort war nur mehr ein Hinweis.
    »Medium…«
    »Kennen Sie sich aus, Mr. Sinclair?«
    »Ja, schon, denn einen ähnlichen Auftritt dieser Person habe ich auch erlebt.«
    »Bei einem Unglück?«
    »Nein, in einer Bank. Diese Person ist, wenn man es genau nimmt, eine Bankräuberin.« Aldrin war gespannt darauf, meine Geschichte zu hören, und ich spannte ihn nicht länger auf die Folter. Für ihn war es ebenfalls kaum zu fassen, er schüttelte den Kopf und gab hinterher zu, dass es trotzdem ins Bild passte.
    »Das denke ich auch.«
    »Dann müssen Sie die Frau nur noch finden, Mr. Sinclair.«
    »Was schwer sein wird.«
    Aldrin bewegte sich und hob die Tasse an. Während er trank, hielt er sie mit beiden Händen fest. Sein Blick glitt durch die Scheiben nach draußen, wo die Landschaft im leichten Dunst wie eingepackt wirkte. »Sie ist namenlos, sie

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