Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
079 - Die Abenteuerin

079 - Die Abenteuerin

Titel: 079 - Die Abenteuerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
die Stimme des Butlers, der unten mit seiner Frau sprach.
    »Ich dachte, du würdest früher kommen«, sagte Mrs. Jennings. »Ich hörte, wie die Haustür geöffnet wurde. Hier im Haus gibt es so viele unheimliche Geräusche, daß ich jedesmal eine Gänsehaut bekomme... Was willst du mit ihm machen?«
    »Das weiß ich noch nicht, aber ich werde mir schon noch etwas überlegen«, erwiderte er leise. »Wir haben ja noch den morgigen Tag vor uns. Miss Long kommt nicht.«
    Unten wurde die Küchentür geöffnet und wieder zugeschlagen. Barbara entschloß sich, in die Bibliothek zurückzukehren. Dort befand sich eine Tür zur Veranda, und auf diesem Weg wollte sie sich aus dem Haus schleichen. Sie zitterte am ganzen Körper, aber sie erreichte die Bibliothek, ohne das geringste Geräusch zu machen.
    Plötzlich hörte sie ein schwaches Klappern in ihrer Handtasche, die Schlüssel darin mußten zusammengestoßen sein. Barbara erinnerte sich nun an das sonderbare Verlangen, das Jennings an sie gestellt hatte. Sie dachte an den versiegelten Brief, der im Safe liegen sollte, und zögerte nicht länger. Mit zitternden Händen schloß sie den Safe auf und tastete ins Innere. Gleich darauf hatte sie auch schon das gesuchte Kuvert gefunden.
    Sie trat an den Kamin, schürte das Feuer, so daß die Flammen hell emporschlugen, und las dann die Aufschrift. Sie lautete sonderbar: An alle, die es betrifft. Beweis für Mr. Jennings Unschuld.
    Barbara richtete sich auf, als plötzlich das Licht angedreht wurde. Jennings stand in der Tür und starrte sie an, während sein Gesicht zuckte.
    »Was... was... machen Sie denn hier?« fragte er atemlos.
    Dann sah er die offene Tür des Geldschranks und den großen Briefumschlag in ihren Händen und taumelte zurück, als ob ihn jemand ins Gesicht geschlagen hätte.
    »Geben Sie das her«, rief er außer sich und machte ein paar Schritte auf sie zu.
    Barbara wußte selbst nicht, wie sie auf den Einfall kam, plötzlich den Brief in die Nähe des Feuers zu halten. Aber sie hatte erkannt, daß er Angst hatte.
    »Kommen Sie keinen Schritt näher«, rief sie erregt, »sonst werfe ich ihn ins Feuer.«
    Wie gebannt blieb er stehen. Sein Gesicht wurde aschfahl, und er zitterte vor Angst.
    »Nein - tun Sie das nicht!« stieß er hervor.
    In diesem Augenblick trat seine Frau in die Bibliothek.
    »Ich will alles tun - alles, was Sie wollen!« schrie Jennings. »Aber verbrennen Sie den Brief nicht! Um Himmels willen, Miss Long, tun Sie das nicht!«
    »Gehen Sie auf die Straße und holen Sie einen Polizisten«, befahl Barbara.
    Sie hielt das selbst für ein geradezu tollkühnes Verlangen, und sie wollte ihren Augen und Ohren kaum trauen, als er sich tatsächlich sofort an seine Frau wandte.
    »Schnell, lauf auf die Straße und hol einen Polizisten«, sagte er mit bebender Stimme. Dann drehte er sich wieder um. »Halten Sie das Papier nicht so nahe ans Feuer, nehmen Sie es weg... «
    Mrs. Jennings verschwand. Von irgendwoher aus dem Keller hörten sie, daß jemand mit der Faust, gegen eine Tür trommelte.
    »Geben Sie mir den Brief«, bat Jennings in flehendem Ton und streckte die Hand nach dem Kuvert aus. »Ich gebe Ihnen tausend Pfund dafür und tue Ihnen nichts zuleide. Ich schwöre Ihnen, daß ich mich ganz ruhig verhalte.«
    Zusammenhanglos sprach er noch eine Weile weiter, bis schließlich ein hochgewachsener Polizist in die Bibliothek trat.
    Drei Tage später speiste Mr. John Brownwill mit Barbara Long im RitzCarlton zu Abend. In den drei Tagen hatte sich viel ereignet.
    »Die Hauptsache ist, daß Jennings nicht als Mörder verurteilt wird«, erklärte der junge Mann. »Wenn Sie den Brief ins Feuer geworfen hätten, wäre das wahrscheinlich unvermeidlich gewesen. Mein Großvater war ein Sonderling und ein ziemlicher Menschenfeind. Sonst hätte er wahrscheinlich gewußt, daß er einen durchtriebenen, egoistischen Butler hatte, der ihn dauernd beschwindelte. Und hätte er sich an einen Arzt gewandt, so hätte der ihm wahrscheinlich gesagt, daß er sehr herzleidend war.
    Mein Großvater hatte die Angewohnheit, spät abends noch lange Spaziergänge zu machen, während eines solchen Ausgangs wurde er plötzlich von Schwäche befallen und sank kurz darauf tot aufs Straßenpflaster. Man brachte ihn ins Leichenschauhaus, fand aber nichts in seinen Taschen, was zur Feststellung seiner Identität hätte dienen können. Jennings war erstaunt, als Mr. Brownwill nicht mehr zurückkehrte, und wollte ihn suchen. Dabei

Weitere Kostenlose Bücher