Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0791 - Blutzwang

0791 - Blutzwang

Titel: 0791 - Blutzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
Verwunderung von sich gaben. Gut, vielleicht war es tatsächlich die Perspektive, die ihn in seiner visuellen Wahrnehmung so täuschte. Schließlich musste es irgendeinen Grund dafür geben, dass Artimus sie hinter ihrem Mikrophon kaum entdecken konnte.
    Entweder schlägt mir die römische Luft auf die Augen oder die lassen hier Kinder die Vorlesungen abhalten… Artimus war ernsthaft verwirrt.
    Erst das heftige Geräusch von Fingerknöcheln, die auf Holz klopften, holte ihn die in Realität zurück. Nach wie vor war das in Universitäten der adäquate Ersatz für gegeneinander klatschende Hände - die intellektuelle Spielart sozusagen. Offensichtlich war der Vortrag mehr als interessant gewesen und Artimus ärgerte sich über seine Unkonzentriertheit, die ihm so gar nicht ähnlich sah.
    Das Auditorium leerte sich nach und nach, bis nur noch van Zant und die Frau am Mikrophon übrig waren. Artimus rekonstruierte, was man ihn bei Tendyke Industries über sie hatte wissen lassen.
    Khira Stolt - dreiunddreißig Jahre alt - geboren in Finnland, lebt seit gut fünf Jahren in London - Lehramt an der naturwissenschaftlichen Universität in London - Fachgebiet Mikrobiologie in Verbindung mit Elektronik. Khira Stolt besitzt keinen akademischen Titel - ist jedoch weltweit eine anerkannte Expertin mit - und das hatte tatsächlich so in dem Bulletin gestanden - einem Ruf wie Donnerhall!
    Magere Informationen, die wieder einmal die entscheidenden Punkte ignorierten. Denn Artimus van Zant hätte sich gefreut, wenn man ihn ein wenig mehr auf diese Frau vorbereitet hätte.
    »Bleiben Sie auf Ihrem Platz, Doktor van Zant. Ich komme zu Ihnen nach oben.« Die elektronisch verstärkte Stimme von Khira Stolt hallte in dem nun beinahe leeren Saal unnatürlich stark. Sie wusste also sehr genau, dass van Zant anwesend war, um sie zu beobachten.
    Wieder fiel Artimus kein passender Begriff als Kind ein, als die Biologin ihr Rednerpult verließ und sich die Stufen hinauf quälte. Nein, das hatte alles nichts mit der Perspektive zu tun - die Frau wurde nicht größer, als sie sich dem Südstaatler näherte.
    Artimus van Zant war bei Kollegen und Vorgesetzten aufgrund seines lockeren Mundwerks bekannt und verschrien - nicht einmal die Attacken der DYNASTIE DER EWIGEN hatten ihn zum Schweigen gebracht. Doch als Khira Stolt schließlich direkt vor ihm stand, war er sprachlos. Selbst seine anerzogene Südstaaten-Höflichkeit versagte kläglich, denn in Gegenwart einer Dame stand man auf. Artimus blieb verblüfft sitzen, was wohl auch daran lag, dass er so zumindest die Chance hatte, der Biologin einigermaßen direkt in ihre schönen Augen zu blicken.
    Die junge Frau grinste ihn durchaus zufrieden an. Mit keiner anderen Reaktion hatte sie gerechnet. Situationen wie diese gehörten zu ihrem täglichen Leben einfach dazu.
    »Nicht nett von Tendyke Industries, Ihnen nicht mitzuteilen, dass Sie hier auf eine nordische Zwergin treffen würden, nicht wahr?« Ihr entwaffnendes Lächeln gab Artimus den Rest. Instinktiv stand er auf, um sich sofort wieder auf den harten Sitz fallen zu lassen. Hirn und Zunge wollten einfach nicht miteinander kooperieren. Zumindest startete er den Versuch einer einigermaßen erfolgreichen Konversation.
    »Ja… ich wusste nicht… aber… äh… es tut mir… sehen Sie…«
    Khira Stolt konnte ihr Lachen nicht mehr zurückhalten. Insgeheim gestand sie sich ein, dass ihr solche Augenblicke den größten Spaß bereiteten.
    »Stopp, Doktor van Zant! Lassen Sie es gut sein.« In seinen Augen stand eine bestimmte Frage so deutlich geschrieben, dass sie sie nicht übersehen konnte. »133,5 Zentimeter, lieber Doktor. Und auf die Komma fünf lege ich größten Wert, denn bei uns Kleinwüchsigen hat jeder Millimeter eine enorme Bedeutung. Und nun kriegen Sie sich langsam wieder ein. Ich bin klein, aber das ist auch alles, was mich von einem Riesen wie Ihnen unterscheidet.«
    Das war genau der Satz, den van Zant gebraucht hatte, um seine Verwirrung zu überwinden.
    Sie hatte ja Recht: Vor ihm stand eine Frau, die sich nur durch ihre geringe Körpergröße von einer normalen Dreiunddreißigj ährigen unterschied. Viel wusste Artimus nicht über Kleinwüchsige, doch ihm war bekannt, dass es dort Begriffe wie Intrauteriner Klein wuchs, Silver-Russell-Syndrom, konstitutionelle Entwicklungsverzögerung und hormonell bedingter Kleinwuchs gab.
    Ob etwas davon auf Khira Stolt zutraf oder nicht, das konnte Artimus nicht sagen - und er würde den

Weitere Kostenlose Bücher