0791 - Blutzwang
dann?«
Zamorra schalt sich einen Narren. Natürlich war es wichtig gewesen, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob die Gefangene deZamorras tatsächlich Carlotta war. Doch das alles hatte sie Zeit gekostet - und zu spät gekommen waren sie in jedem Fall. Die unschuldige Frau, deren zerfleischter Körper vor ihnen lag, war so unglaublich sinnlos gestorben.
Zamorra hätte der Kleinwüchsigen ganz einfach nur zuhören müssen.
Sarkana war das Problem - nicht Jaime deZamorra.
Und diesem Problem würde er sich nun widmen. Und zwar mit aller Macht.
***
Der Geifer, der aus Sarkanas Maul troff, stank entsetzlich.
Nur noch drei Handbreit waren die Zähne der gigantischen Fledermaus von Gryfs Kopf entfernt. Und in der nächsten Sekunde würden sie sich in sein Fleisch bohren.
Der Druide spürte die nackte Angst, die in seinem Kopf tobte. Da war nun nichts mehr von Mut und Heldenhaftigkeit - da gab es nur noch Furcht und Verzweiflung.
So hatte er sich sein Ende nicht vorgestellt!
Schon lange war ihm klar, dass er wohl kaum an Altersschwäche im Bett liegend sterben würde. Das hätte nicht zu seinem Leben gepasst. Und er hätte es auch nicht wirklich so gewollt.
Es würde im Kampf geschehen… irgendwann, irgendwo. In zehn Jahren? In einhundert Jahren vielleicht? Oder schon morgen. Warum also nicht heute?
Doch nicht so! Wehrlos, hilflos… und allein.
Das Schicksal ließ ihm nun offenbar keine Chance, das noch zu beeinflussen. Müde und ohne Hoffnung schloss Gryf ap Llandrysgryf die Augen und erwartete den letzen, den finalen Schmerz.
»Herr…« Das Echo des einen, nicht einmal sehr laut ausgesprochenen Wortes, brach sich an Wänden und Decke der Kaverne. Mit einem wütenden Fauchen schnellte Sarkana herum und griff an.
Gryf konnte es nicht fassen. Er lebte noch!
Die mächtige Fledermausgestalt hob sich mit zwei, drei Flügelschlägen vom Boden hoch und stürzte wie ein Felsbrocken punktgenau in die Richtung des Störenfrieds. Gryf konnte vom Vasallen Sarkanas nur noch die zur Abwehr erhobenen Arme erkennen, dann war die pelzige Gestalt über ihrem Opfer und begrub es unter sich.
Die Schreie des Dieners kamen nur wie durch dicke Watte hindurch, waren kaum zu vernehmen.
Unter den Zähnen und Klauen seines Herrn verging sein untotes Leben.
Nur langsam beendete der Vampirdämon seine Raserei.
Gryf konnte nicht nachvollziehen, warum Sarkana so reagiert hatte. Natürlich hätte sein Vasall in keinem ungünstigeren Moment den Mund aufmachen können, doch die Heftigkeit der folgenden Aktion war kaum verständlich.
Ihm, Gryf, konnte das nur lieb sein. Hätte Sarkana sich nicht stören lassen…
Denk nach, alter Junge, denk nach! Lange wird er sich nicht mit seinen Knechten beschäftigen. Du musst dir etwas einfallen lassen.
Die Schmerzen tobten durch sein Bein. Gut so, denn das bedeutete schlussendlich ja nur, dass er durch den Aufprall nicht querschnittsgelähmt wurde. Wenn etwas schmerzte, dann gab es noch Hoffnung. Wenn er etwas in seinem langen Leben gelernt hatte, dann das.
Sarkana wandte sich den anderen Dienern zu, die wie versteinert das Ende ihres Kollegen beobachtet hatten. Die Stimme des Dämons dröhnte durch die Höhle.
»Wage es niemand mehr, mich anzusprechen, wenn ich es ihm nicht gestattet habe! Ich bin euer Herr - ich mache die Gesetze. Ich bin euer einziges Gesetz! Warum seid ihr gekommen?« Seine Raserei ließ ihn erst jetzt das Bündel Elend erkennen, das die Vampire zwischen sich führten.
»Sieh an, Don Jaime deZamorra gibt sich die Ehre. Wie nett.« Ein furchteinflößendes Lachen platzte aus dem Rachen der Fledermausgestalt.
»Das passt ja ausgezeichnet, lieber Jaime. Dir wird es sicher ein Vergnügen sein zu hören, dass ich den berühmten Vampirjäger Gryf ap Llandrysgryf besiegt und in meiner Gewalt habe. Geselle dich doch zu ihm, alter Freund!«
Es war erneut nur eine winzige Bewegung, die Sarkana ausführte. Doch sie hatte unglaubliche Wirkung. DeZamorra wurde scheinbar schwerelos, schwebte bis zum Scheitelpunkt der Höhlendecke empor. Wild mit den Armen rudernd, versuchte der Spanier, seinen Körper unter Kontrolle zu bekommen. Er erreichte damit nur, dass er sich wie ein Kreisel um sich selbst zu drehen begann.
Sarkana hatte seinen Spaß, doch schon Sekunden später beendete er die zirkusreife Vorstellung und ließ den Vampir äußerst unsanft direkt neben Gryf auf dem Boden landen.
»Ich würde mir ja nur zu gerne ausgiebig Zeit mit euch beiden lassen, doch die habe
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