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0792 - Gruß aus der Gruft

0792 - Gruß aus der Gruft

Titel: 0792 - Gruß aus der Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn dachte er nach.
    Sie ließ ihm auch Zeit, lächelte dabei, aber nur mit dem Mund, in den Augen veränderte sich nichts. Dann sah er ihre Zunge. Sie huschte aus dem Mund hervor, und Palmer verglich sie mit einem grauen Stück Schwamm.
    Er schüttelte sich. Trotzdem ließ ihn der Augenausdruck nicht los, und auf einmal fiel es ihm ein.
    Er wusste Bescheid.
    Das musste es sein.
    Die Pupillen waren nicht alt, dafür weise geworden. Als hätten sie das Wissen von Jahrhunderten gespeichert. Das Wissen einer prähistorischen Welt, über die selbst Historiker kaum etwas wussten.
    Prähistorisches Wissen…
    Der Professor wunderte sich über seine Gedanken. Dass ihm so etwas überhaupt durch den Kopf schießen konnte, sah er schon mehr als rätselhaft an. Auf seinem Rücken krabbelten unzählige Spinnenbeine, die ihren Weg bis zu seinem Gesicht fortsetzten, darüber hinweghuschten und auch die Kopfhaut erreichten.
    Es fiel ihm schwer, sich unter Kontrolle zu halten. Er hoffte, dass Diondra nichts bemerkte, auch nichts von seiner Furcht vor ihr.
    Wenn sie erfuhr, was er dachte und worüber er nachdachte, konnte das möglicherweise irreparable Folgen für ihn haben und möglicherweise bis zu seinem Tod führen.
    Für ihn galt es jetzt, einfach umzudenken und sich bereits Gedanken über seinen Rückzug zu machen.
    Diondra war ihm so nahe gewesen und auch so fern. Sie blies ihm den warmen Atem ins Gesicht, und er hatte den Eindruck, dabei Gewürze auf seinen Lippen zu schmecken.
    Was würde sie tun? Hatte sie längst bemerkt, dass er etwas wusste? Der Professor traute ihr alles zu, so das Lesen fremder Gedanken. Seine Brille war durch den Schweiß auf seinem Nasenrücken etwas nach vorn gerutscht, deshalb sah er das Gesicht der Frau nur mehr als einen schwachen Schatten.
    Er traute sich auch nicht, die Brille anzuheben und sie zu richten.
    Dafür hörte er ihre Frage. Jedem der Worte entnahm er so etwas wie ein Todesurteil. »Woran denken Sie jetzt, Professor? Habe ich Sie erschreckt? Haben Sie tiefer blicken können? Bereitet sich Ihr Verstand jetzt auf die Analyse vor?«
    »Bitte«, sagte er, »ich…«
    »Sie kommen nicht mehr zurecht, wie? Sie wissen nicht, was die Wahrheit ist und was Fiktion.« Diondra tätschelte seine Wange. »Sie transpirieren ja, Professor. Was ist mit Ihnen los?«
    »Es ist mir warm geworden«, sagte er schwerfällig.
    »Nur durch das Feuer?«
    »Kann sein.«
    »Oder haben Sie Angst?« Nach dieser Frage trat sie wieder zurück und gab dem Mann Gelegenheit, zum ersten Mal seit einiger Zeit richtig durchzuatmen.
    Dabei schloss er die Augen. Er wollte sie plötzlich nicht mehr sehen. Automatisch richtete er seine Brille, ärgerte sich, dass er die Fahrt angetreten hatte, und wünschte sich gleichzeitig weit, weit weg. Fort von hier, weg aus diesem Haus, das nicht mehr als eine verfluchte Totengruft war. Er blieb stattdessen sitzen, betete innerlich, dass alles nicht so schlimm sein würde, öffnete endlich die Augen, wobei er den Eindruck hatte, es wären Stunden vergangen.
    Dabei waren erst ein paar Sekunden verronnen. Diondra hielt sich noch immer im Raum auf. Nur war sie an den Kamin getreten, hatte sich dort gebückt und angelte nach einem bereitliegenden Kloben Holz, den sie lässig in die Flammen warf. Das Feuer freute sich über die neue Nahrung, es griff zu und produzierte die zuckenden Arme, deren Spitzen im Schacht des Kamins verschwanden.
    Diondra stand neben dem Kamin und schaute in das Feuer. »Ich liebe die Flammen«, gestand sie. »Sie sind etwas Wunderbares, Professor, weil es sie schon seit Tausenden von Jahren gibt. Seit alters her existierten sie. Mögen auch noch so viele Jahre vergangen sein, niemand hat es bisher geschafft, sie absolut unter Kontrolle zu bringen. Man darf sie nicht unbeobachtet lassen, sonst ist es um den Menschen geschehen. Das war so, das ist so, das wird immer so sein. Lieben Sie das Feuer auch so wie ich?«
    »Nein.«
    »Aber Sie haben doch einen Kamin in Ihrem Haus, nicht wahr?«
    »Das schon.«
    Sie nahm noch ein Stück Holz auf und warf es zu den anderen. Mit einer scharfen Bewegung drehte sie sich um und schlenderte auf den Tisch zu. Ihre Augen hatten den ungewöhnlichen Ausdruck verloren, sie sahen wieder normal aus, aber der Professor traute ihr nicht. In den letzten Minuten hatte sie sich verändert, oder hatte sie dort ihr wahres Gesicht gezeigt? War das andere nur Maske gewesen? Gab es in Wirklichkeit keine Bedrohung und war sie die Bedrohung

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