0795 - Netz des Todes
zweifellos etwas Wahres. Aber ich meinte nicht die Verantwortung für eine Zukunft. Tifflor würde niemals einundzwanzig Menschen einem derart hohen Risiko aussetzen, nur um sein eigenes Leben zu retten. Dasselbe gilt für mich. Wer hat dir und den anderen den Befehl gegeben, mir den wahren Zweck dieses Unternehmens zu verschweigen?"
Das Mädchen sah ihn beinahe trotzig an, sagte aber keinen Ton. Tekener lachte leise.
„Du willst das Ratespiel also fortsetzen. Gut, ich bin einverstanden. Ich denke, ich habe die Zusammenhänge ohnehin recht gut durchschaut. Tifflor war in letzter Zeit einige Male unterwegs. Dabei hat er erfahren, welchen Plan die Laren sich ausgedacht haben. Wahrscheinlich geht es ihnen nicht allein um das NEI.
Sie hoffen, daß die SOL bald wieder erscheint. Ich weiß zwar nicht, wie die Falle funktioniert, aber das spielt im Augenblick keine Rolle. Tatsache ist, daß Rhodan, Atlan und einige andere Leute Aktivatorträger sind. Wenn die SOL in die Milchstraße kommt, gibt es an Bord einige verheerende Explosionen, die einigen Schaden anrichten werden.
Nebenbei kommen dabei genau die Leute ums Leben, die die Laren schon immer beseitigt haben wollten. Gut, das ist ein Punkt. Der zweite: Tifflor sieht die Gefahr, die für die Neue Menschheit entsteht. Es gibt sehr fähige Leute auf Gäa, und ich bilde mir nicht ein, daß das NEI ohne Tifflor und mich dem Untergang geweiht wäre. Aber immerhin stellen wir beide die letzten Repräsentanten der alten Menschheit dar, und das könnte einmal wichtig werden.
Es gibt für ihn gar keine Alternative. Er bleibt auf Gäa und zieht sich an einen Ort zurück, an dem die Explosion keine allzu großen Schäden verursacht - er rief mich aus einem Tiefbunker an, kurz vor dem Start. Und dann ruft er ein paar Freiwillige zusammen, schickt mich unter einem Vorwand auf die Reise und hofft, daß ich es überstehen werde."
Jennifer blieb stumm, aber Tekener wußte, daß er die Wahrheit getroffen hatte. Er brauchte das Mädchen nur anzusehen.
„Wann sollte ich das alles erfahren?" fragte er.
„Auf der Hundertsonnenwelt."
„Und warum hast du dieses Spiel mitgemacht?"
„Weil ich erstens der Ansicht bin, daß Tifflors Argumente gut sind, und weil ich zweitens nicht mit ansehen mag, wie du heldenmütig in den Tod gehst."
„Wie lauten Tifflors Argumente?"
„Du hast die SOL erwähnt. Wir wissen nicht, ob das Schiff jemals zurückkehren wird, und es ist auch durchaus nicht selbstverständlich, daß alle Aktivatorträger dann noch an Bord sind. Aber für den Fall, daß die SOL auftaucht, muß jemand da sein, der sie warnt."
„Das kann jeder tun."
„Vielleicht. Aber vielleicht vergehen einige hundert Jahre, bis es soweit ist. Bis dahin kann unendlich viel geschehen, und die Warnung wird vergessen."
„In einigen hundert Jahren werden die Laren hoffentlich längst verschwunden sein - und die Falle ebenfalls."
„Tifflor meinte ..."
„Ich will nichts mehr davon hören! Natürlich lassen sich noch Dutzende von guten Gründen finden, aber die Wahrheit ist doch, daß Tifflor an Ort und Stelle bleibt, während ich wie ein Feigling davonlaufe!
Und warum? Weil ein paar Leute sich einbilden, für mich verantwortlich zu sein!"
Tekener gab seine ruhelose Wanderung durch die Kabine auf und blieb vor Jennifer stehen. Das Mädchen ahnte, was jetzt kam, und sie bereitete sich innerlich darauf vor.
„Aber ich werde euch den Gefallen nicht tun", stieß Tekener hervor. „Ich laufe nicht davon, und ich lasse auch keinen Freund im Stich. Wir kehren um. Ich werde die Falle der Laren finden und sie vernichten, und wenn es mich hundertmal das Leben kostet!"
„Das ist ein sehr heroischer Einfall", sagte Jennifer gleichmütig, als Tekener bereits an der Tür war. Der Aktivatorträger wirbelte blitzschnell herum.
Die Überraschung war perfekt. Seine Augen weiten sich, als er die Waffe in der Hand des Mädchens sah. Es dauerte mehrere Sekunden, bis er sich gefangen hatte.
„Willst du den Laren die Arbeit abnehmen?" fragte er, aber sein Spott kam nicht an.
„Du läßt mir keine andere Wahl", erklärte Jennifer, und sie ließ nicht die geringste Spur von Unsicherheit erkennen. „Wenn du eine falsche Bewegung machst, muß ich dich leider paralysieren.
Wir werden nicht umkehren."
„Dann gib mir ein Beiboot und laß mich alleine weiterfliegen."
„Mit einem Beiboot wirst du die Hundertsonnenwelt niemals erreichen."
Ronald Tekener betrachtete das Mädchen voller Bitterkeit.
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