0795 - Netz des Todes
würde.
Inzwischen sollten die Roboter damit begonnen haben, die Lagerräume zu leeren.
Während der Nacht würden die Maschinen diese Arbeit beenden. Falls Tekener dann die Absicht verwirklichen wollte, sich heimlich aus dem Staub zu machen, würde er eine böse Überraschung erleben. Denn in der rechten Ärmeltasche des Mädchens steckte ein winziges Bauteil, das die Verbindung zwischen den Bedienungsspulten und der Positronik aufrechterhalten sollte.
Dieses Teil war so winzig und scheinbar unbedeutend, daß es als Fehlerquelle erst dann für voll genommen wurde, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft waren.
Diese Vorsichtsmaßnahme erwies sich nachträglich als viel wichtiger, als Jennifer geglaubt hatte. Nos Vigeland hatte kein Interesse daran, Tekener in den Leerraum mitzunehmen.
Er war darauf aus, diesen Planeten so schnell wie möglich zu verlassen - und das war Jennifers Trumpf. Denn auch der Ertruser konnte nicht starten, wenn sie es nicht wollte.
Dieser Mann nahm Jennifer nicht ernst - nun gut, sie wollte ihre Rolle glaubhaft spielen. Um so leichter mußte es dann sein, ihn hereinzulegen.
Vigeland hätte eigentlich Verdacht schöpfen müssen, denn das Mädchen ließ sich durch diesen gespenstischen Wald tragen, ohne auch nur zu protestieren. Dabei hatte sie durchaus gute Chancen, dem Ertruser Ärger zu bereiten. In ihrem Gürtel steckte ein scharfes Messer, und auch Vigeland hätte einen plötzlichen Stich in den Rücken nicht ignorieren können. Aber er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich über das Verhalten des Mädchens den Kopf zu zerbrechen. Außerdem hielt er es für selbstverständlich, daß Jennifer enorme Angst hatte. Seinen ungeheuren körperlichen Kräften hatte sie nichts entgegenzusetzen.
Gegen ihn war sie nur ein zerbrechliches Spielzeug, das er mühelos mit einer Hand erledigen konnte.
Auch auf der großen Lichtung war es fast dunkel. Die REDHORSE hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
Ein paar Scheinwerfer tauchten die Umgebung in grelles Licht, und der Mann, der das Schiff bewachte, wirkte jetzt ziemlich nervös. Jenseits der beleuchteten Zone knackte und raschelte es im Gras und im Unterholz am Waldrand.
Eine Vielzahl von Tieren war unterwegs. Überall knurrte, bellte, heulte und quietschte es.
Vigeland hielt im Schutz der Dunkelheit an. Er hob seine Waffe und wollte eben den todbringenden Energiestrahl auf die Reise schicken, da dachte er an das Mädchen, das er auf den Schultern trug. Er entsann sich, daß Geschöpfe dieser Art ein merkwürdig empfindsames Gemüt hatten und beim Anblick eines Toten leicht das psychische Gleichgewicht verloren.
Er brauchte das Mädchen, und er wollte es nicht riskieren, daß sie auch nur für kurze Zeit unfähig war, sich klar und deutlich bemerkbar zu machen.
Also beschloß er großmütig, dem arglosen Posten das Leben zu schenken und paralysierte ihn lediglich. Nachdem dieses Hindernis aus dem Weg geräumt war, schlich er vorsichtig bis unter die Schleuse. Er spähte nach oben. Dort war niemand zu sehen.
Vorsichtshalber hielt er dem Mädchen den Mund zu, während er aufwärts schwebte.
Die Kammer war leer.
„Wo ist die Mannschaft?" fragte er Jennifer flüsternd.
„Hmpf!" machte das Mädchen unter der riesigen Pranke des Ertrusers. Vigeland gab den Mund des Mädchens frei, und Jennifer holte keuchend Luft.
„Es ist niemand an Bord", sagte sie schließlich.
Vigeland starrte sie ungläubig an.
„Du willst mich wohl hereinlegen!" knurrte er böse. „Ich kenne diesen Schiffstyp doch. Es müßten wenigstens vierhundert Mann insgesamt an Bord sein."
„Das ist die Stammbesatzung", nickte Jennifer. „Aber die RED-HORSE ist kein gewöhnlicher Kreuzer. Sie wurde weitgehend automatisiert. Im Notfall reicht es, wenn ein einzelner Mensch der Positronik die Befehle gibt."
„Ich weiß, daß das technisch durchführbar ist", sagte er mißtrauisch, „aber es ist auch sehr teuer."
„Dreihundertachtzig Menschenleben sind weit wertvoller als die komplizierteste Automatik. Sie wissen doch, was mit Tekener geschieht, wenn wir es nicht schaffen. Es reicht, wenn einundzwanzig Menschen ihr Leben aufs Spiel setzen."
Vigeland nickte nachdenklich. Wenn er die Mentalität der Terraner berücksichtigte, war diese Erklärung logisch. Das aber bedeutete nichts anderes, als daß das Schiff schon jetzt ihm gehörte.
Er lachte laut auf bei diesem Gedanken, dann griff er Jennifer am rechten Arm und zog sie in den zentralen
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