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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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rausgekommen?«
    »Über die Türkei. Ich habe mich dort bei einem amerikanischen Stützpunkt gemeldet.«
    »Erzählen Sie mir von der Nacht zum fünften Januar.«
    Er schwieg.
    »Wir sind im Besitz Ihrer Pistole«, sagte ich. »Sie haben dafür unterschrieben. Sie haben den Stützpunkt um elf Minuten nach zehn verlassen und sind um fünf Uhr morgens zurückgekommen.«
    Er schwieg.
    »Sie haben zwei Schüsse abgegeben.«
    Er schwieg.
    »Warum haben Sie Ihr Auto gewaschen?«
    »Weil es ein schöner Wagen ist. Ich wasche ihn wöchentlich zweimal. Bei jedem Wetter. Von einem Wagen dieser Art habe ich immer geträumt.«
    »Waren Sie schon mal in Kansas?«
    »Nein.«
    »Nun, dorthin sind Sie unterwegs. Sie werden nicht nach Sofia heimkehren. Stattdessen kommen Sie nach Fort Leavenworth.«
    »Warum?«
    »Sie wissen, warum«, erwiderte ich.
    Trifonow saß absolut reglos da, leicht nach vorn gebeugt, weil seine Handgelenke in Kniehöhe an den Stuhl gefesselt waren. Auch ich bewegte mich nicht. Ich wusste nicht recht, was ich tun sollte. Unsere Delta-Soldaten waren darin ausgebildet, bei Verhören nicht einzuknicken. Sie hatten gelernt, Drogen, Schläge und den Entzug von Sinneswahrnehmungen und alles andere zu ertragen, was einem Gegner noch einfallen konnte.
Ihre Ausbilder wurden zu drastischen Methoden angehalten. Deshalb konnte ich mir nicht einmal vorstellen, was Trifonow in seinen fünf Jahren bei der GRU durchgemacht hatte. Im Gegensatz dazu musste alles verblassen, was ich ihm hätte antun können. Ich wäre mir nicht zu schade gewesen, mir bei der Vernehmung die Hände schmutzig zu machen, aber ich rechnete mir aus, dass dieser Kerl kein Wort sagen würde, auch wenn ich ihn Glied für Glied zerstückelte.
    Deshalb verlegte ich mich auf die übliche Polizeitaktik: Lügen und Bestechung.
    »Manche Leute finden den Fall Carbone peinlich. Sie wissen schon - für die Army. Deshalb würden wir nicht allzu intensiv nachforschen wollen. Packen Sie jetzt aus, könnten wir Sie in die Türkei zurückschicken. Dort hätten Sie die Möglichkeit abzuwarten, bis es Zeit ist, nach Bulgarien heimzukehren und ein Patriot zu sein.«
    »Carbone? Den haben Sie umgebracht«, sagte er. »Die Leute reden darüber.«
    »Die Leute irren sich«, entgegnete ich. »Ich war nicht dort. Und ich habe auch Brubaker nicht umgebracht. Weil ich auch nicht dort war.«
    »Ich auch nicht«, sagte er. »Weder hier noch dort.«
    Trifonow saß ganz still. Dann dämmerte ihm etwas. Seine Augen fingen an, sich zu bewegen. Er blickte nach links, dann nach rechts. Er schaute zu Summers Wandkarte, betrachtete die Stecknadeln. Blickte zu ihr, dann zu mir. Seine Lippen bewegten sich. Ich sah ihn stumm Carbone sagen. Dann Brubaker . Er gab keinen Laut von sich, aber ich konnte die Namen von seinen Lippen ablesen.
    »Warten Sie«, sagte er.
    »Worauf?«
    »Nein«, sagte er.
    »Nein was?«
    »Nein, Sir«, sagte er.
    »Erzählen Sie’s mir, Trifonow.«

    »Sie denken, ich hätte etwas mit Carbone und Brubaker zu tun gehabt?«
    »Sie etwa nicht?«
    Er verstummte wieder. Sah zu Boden.
    »Packen Sie aus, Trifonow«, drängte ich ihn.
    Er sah auf.
    »Ich war’s nicht«, sagte er.
    Ich saß schweigend da. Beobachtete sein Mienenspiel. In sechs langen Jahren hatte ich alle möglichen Ermittlungen geführt, und Trifonow war mindestens der tausendste Kerl, der mir in die Augen sah und dabei sagte: Ich war’s nicht. Das Problem bestand nur darin, dass ein gewisser Prozentsatz dieser tausend Männer die Wahrheit gesagt hatte. Und in mir regte sich langsam der Verdacht, Trifonow könnte dazugehören. Er hatte etwas an sich, das mir unangenehme Vorahnungen bescherte.
    »Das werden Sie beweisen müssen«, sagte ich.
    »Ich kann’s nicht.«
    »Das werden Sie müssen. Sonst wandern Sie lebenslänglich hinter Gitter. Über die Sache mit Carbone würden sie vielleicht hinwegsehen, aber im Fall Brubaker geben sie garantiert keine Ruhe.«
    Er schwieg.
    »Alles noch mal von vorn«, sagte ich. »Wo haben Sie sich in der Nacht zum fünften Januar aufgehalten?«
    Er schüttelte nur den Kopf.
    »Sie waren irgendwo«, beharrte ich. »Das steht verdammt noch mal fest. Weil Sie nicht hier waren. Sie sind weggefahren und zurückgekommen. Sie und Ihre Pistole.«
    Er sagte nichts. Sah mich nur an. Ich starrte ihn meinerseits an, ohne zu sprechen. Er verfiel in ein verzweifeltes Schweigen, das ich schon oft erlebt hatte. Dabei bewegte er sich fast unmerklich auf seinem Stuhl. Mit kleinen

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