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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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saß. Erst dann nickte er seinem Partner hinter dem Fenster des Wachlokals zu. Die Schranke ging sehr langsam hoch. Sie war ein dickes Stahlrohr mit Gegengewicht und rot-weißen Streifen. Summer wartete, bis sie genau senkrecht stand, dann trat sie das Gaspedal durch und fuhr in einer auf Staatskosten erzeugten bläulichen Rauchwolke davon.
     
    Das Wetter wurde besser, je weiter wir nach Norden kamen. Der Chevy war ein Militärfahrzeug, weshalb sich dort, wo in einem Zivilfahrzeug das Autoradio mit Kassettenteil gewesen wäre, nur eine Metallblende befand. Deshalb unterhielten wir
uns gelegentlich und verbrachten den Rest der Zeit in geselligem Schweigen. Frei zu sein, war ein seltsames Gefühl. Ich hatte so gut wie jede Minute meines Lebens dort verbracht, wo das Militär mich hinschickte. Jetzt kam ich mir wie ein Schulschwänzer vor. Auch hier draußen existierte eine Welt. Sie war mit ihrem eigenen Kram beschäftigt und gebärdete sich chaotisch und undiszipliniert. Ich lehnte mich zurück und beobachtete, wie sie draußen vorbeizog, bunt und stroboskopisch, Zufallsbilder, die wie Sonnenlicht auf einem Fluss aufblitzten.
    »Tragen Sie Bikini oder Badeanzug?«, fragte ich.
    »Wieso?«
    »Nur so, interessehalber. Ich habe eben an den Strand gedacht.«
    »Zu kalt.«
    »Nicht im August.«
    »Glauben Sie, dass Sie im August noch hier sind?«
    »Nein.«
    »Schade, dann erfahren Sie leider nie, was ich trage.«
    »Sie könnten mir ein Bild schicken.«
    »Wohin?«
    »Vermutlich nach Fort Leavenworth«, sagte ich. »In den Hochsicherheitstrakt.«
    »Nein, wo werden Sie sein? Ernsthaft?«
    »Weiß ich nicht. Bis August sind’s acht Monate.«
    »Wo hat’s Ihnen bisher am besten gefallen?«
    Ich lächelte. Gab ihr die Antwort, die ich auf diese Frage immer gebe.
    »Genau hier«, antwortete ich. »Genau jetzt.«
    »Obwohl Willard Ihnen im Nacken sitzt?«
    »Willard ist eine Null. Er verschwindet früher als ich.«
    »Wieso ist er überhaupt hier?«
    »Mein Bruder vermutet, dass sie kopieren, was Großfirmen tun. Ahnungslose sind nicht am Status quo interessiert.«
    »Dadurch wird ein Kerl, der Algorithmen über Treibstoffverbrauch geschrieben hat, gleich in seiner ersten Woche mit zwei
toten Soldaten konfrontiert. Und er will wegen keinem dieser Morde ermitteln.«
    »Weil das altmodisches Denken wäre. Wir müssen nach vorn blicken. Wir müssen das Gesamtbild sehen.«
    Sie lächelte und fuhr weiter. Nahm die Ausfahrt Green Valley viel zu schnell, fast auf zwei Reifen.
     
    Das Green Valley Police Department hatte ein Dienstgebäude am nördlichen Stadtrand. Es war größer als erwartet, weil auch Green Valley größer als erwartet war, und bestand nicht nur aus dem hübschen alten Stadtkern, den wir bereits kannten, sondern griff mit Einkaufszentren und Gewerbegebieten weit nach Norden aus - fast bis nach Sperryville hinauf. Das Dienstgebäude schien Platz genug für zwanzig oder dreißig Cops zu bieten. Es war so gebaut, wie in Gebieten mit niedrigen Grundstückspreisen die meisten öffentlichen Gebäude gebaut werden: lang und niedrig, mit einem eingeschossigen Mittelteil und zwei Flügeln. Die Flügel schlossen sich rechtwinklig an, sodass ein U-förmiger Grundriss entstand. Die Außenmauern aus Beton waren so strukturiert, dass sie wie aus Stein aussahen. Vor dem Gebäude breitete sich eine jetzt braune Rasenfläche aus, und auf beiden Seiten gab’s Parkplätze. Genau in der Mitte des Rasens ragte ein Fahnenmast empor, an dem ziemlich verwitterte Stars and Stripes schlaff herabhingen. Das Ganze wirkte ein bisschen großspurig und im fahlen Sonnenlicht etwas ausgebleicht.
    Wir parkten auf dem rechten Parkplatz in einer Lücke zwischen zwei Streifenwagen, gingen zum Eingang, betraten das Gebäude und fragten am Empfang nach Detective Clark. Der Mann wählte eine interne Nummer und schickte uns dann zum linken Gebäudeflügel hinüber. Wir folgten einem unaufgeräumten Korridor und erreichten einen Raum von der Größe eines Basketballspielfelds. Praktisch die gesamte Fläche bildete ein Großraumbüro für Kriminalbeamte. Eine Holzbarriere umschloss vier Besuchersessel, und ein Durchgang mit einer halbhohen
Gittertür führte zum Schreibtisch einer Empfangssekretärin. Seitlich jenseits der Tür hatte ein Lieutenant sein Büro in einem Glaskasten; ansonsten gab es hier nur drei Paare von aneinander gerückten Schreibtischen, zwischen deren Telefonen sich Ermittlungsakten türmten. An den Wänden standen Karteischränke.

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