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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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ich mache mir Sorgen um sie. Leicht bewaffnete Luftlandetruppen gegen irgendwelche ausländischen Panzerverbände? Wir würden abgeschlachtet. Das wäre ein sehr, sehr kummervolles halbes Jahr. Und es kommt noch schlimmer. Was passiert, wenn die Panzerbrigaden endlich eintreffen? Dann geschieht Folgendes: Sie rollen von den Schiffen und stecken zwei Blocks weiter fest. Straßen sind nicht breit, Brücken nicht tragfähig genug. Sie kommen gar nicht aus dem Hafengebiet heraus, sitzen dort im Schlamm fest und müssen zusehen, wie die Infanterie weit in der Ferne in Abwehrkämpfen aufgerieben wird.«
    Keiner sprach.
    »Oder nehmen Sie den Nahen Osten«, sagte Simon. »Wir wissen alle, dass der Irak Kuwait zurückhaben will. Was ist, wenn die Iraker einmarschieren? Auf lange Sicht würden wir mühelos siegen, weil die offene Wüste ebenso gutes Panzergelände ist wie die norddeutsche Tiefebene, nur etwas heißer und staubiger. Unser Kriegsplan, den wir schon haben, müsste also aufgehen. Aber kommen wir überhaupt so weit? Zunächst würde die Infanterie ein ganzes halbes Jahr lang nur kleine Widerstandsnester halten können. Wer sagt, dass die Iraker sie in den ersten zwei Wochen nicht einfach überrollen?«
    »Luftstreitkräfte«, warf Summer ein. »Kampfhubschrauber.«
    »Schön wär’s«, meinte Simon. »Flugzeuge und Hubschrauber sind verdammt sexy, aber sie können nicht allein siegen. Sie haben’s nie gekonnt, sie werden’s nie können. Nur der Stiefel des Infanteristen sichert den Sieg.«
    Ich lächelte. Daraus sprach zum Teil der typische Stolz eines Soldaten der Infanteriekampftruppen, aber teilweise hatte er auch Recht.

    »Was wird also geschehen?«, fragte ich.
    »Genau das, was die Navy 1941 erlebt hat«, antwortete Simon. »Von einem Tag auf den anderen waren Schlachtschiffe passé, und Flugzeugträger mussten her. Deshalb müssen wir jetzt auf Integration setzen und begreifen, dass unsere leichten Einheiten zu verwundbar und unsere schweren zu langsam sind. Wir täten gut daran, die ganze Unterteilung in leicht und schwer abzuschaffen. Wir brauchen integrierte schnelle Eingreiftruppen mit gepanzerten Fahrzeugen, die weniger als zwanzig Tonnen wiegen und in den Frachtraum einer C-130 passen. Wir müssen beweglicher werden und cleverer kämpfen. In Zukunft wird’s keine sorgfältig geplanten Schlachten zwischen Dinosaurierherden mehr geben.«
    Dann lächelte er.
    »Im Prinzip müssen wir die Verantwortung der Infanterie übertragen«, sagte er.
    »Haben Sie über solche Überlegungen jemals mit Leuten wie Marshall gesprochen?«
    »Mit ihren Planern? Ausgeschlossen.«
    »Wie stellen die sich die Zukunft vor?«
    »Keine Ahnung. Und das ist mir auch egal. Die Zukunft gehört der Infanterie.«
     
    Als Nachtisch gab es Apfelkuchen und anschließend Kaffee. Er schmeckte wie immer ausgezeichnet. Wir kehrten aus der Zukunft zu Alltagsthemen zurück. Die Stewards glitten lautlos durch den Saal. Ein ganz gewöhnlicher Abend im O Club, viertausend Meilen von dem in Ford Bird entfernt.
    »Marshall kommt bei Tagesanbruch zurück«, erklärte Swan mir. »Achte auf den Panzerspähwagen am Ende der ersten einrückenden Kolonne.«
    Ich nickte. Rechnete mir aus, dass ein Januartag hier in Frankfurt gegen sieben Uhr anbrechen würde. Ich stellte meinen inneren Wecker auf sechs Uhr. Oberstleutnant Simon sagte gute Nacht und schlenderte davon. Summer schob ihren Stuhl zurück
und räkelte sich darauf, soweit eine winzige Person wie sie dazu überhaupt imstande war. Swan beugte sich mit auf den Tisch gestützten Ellbogen nach vorn.
    »Glaubst du, dass hier auf dem Stützpunkt viel mit Dope gehandelt wird?«, fragte ich ihn.
    »Brauchst du was?«
    »Braunes Heroin. Nicht für meinen persönlichen Gebrauch.«
    Swan nickte. »Wie man hört, gibt’s hier türkische Gastarbeiter, die welches besorgen können. Bestimmt kann dich jeder Speeddealer beliefern.«
    »Hast du mal einen Kerl namens Willard kennen gelernt?«, wollte ich wissen.
    »Den neuen Boss? Ich hab sein Memo gelesen. Persönlich kenne ich ihn nicht. Aber einige der Männer hier tun es. Er war beim Nachrichtendienst, hatte was mit Panzern zu tun.«
    »Er hat Algorithmen geschrieben«, sagte ich.
    »Wofür?«
    »Für den Spritverbrauch von russischen T-80, glaube ich. Hat uns gezeigt, welche Art Ausbildung betrieben wurde.«
    »Und jetzt führt er die Hundertzehnte?«
    Ich nickte.
    »Ich weiß«, sagte ich. »Bizarr.«
    »Wie ist er dazu gekommen?«
    »Irgendjemand

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