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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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mich auf. Und das lohnte sich beim Haus der Kramers. Es lag im Licht einer blassen Sonne. Der Duft von Holzrauch hing in der Luft, und uns umfing die tiefe Stille eines kalten Winternachmittags. Dies war ein Haus, von dem man sich wünschte, es hätte den eigenen Großeltern gehört. Man hätte sie im Herbst besuchen, Laub zusammenrechen und Cidre trinken können, um dann im Sommer wiederzukommen und einen alten Kombi mit einem Kanu zu beladen, um zu irgendeinem See hinauszufahren. Es erinnerte mich an Abbildungen von Häusern in den Bilderbüchern, die mir in Manila, auf Guam und in Seoul gehört hatten.
    Bis wir es betraten.
    »Fertig?«, fragte Summer.
    »Klar«, sagte ich. »Von mir aus kann’s losgehen.«
    Ich vermutete, dass sie so was nicht das erste Mal machte. Auch ich hatte solche Aufträge schon mehr als einmal ausgeführt. Erfreulich waren sie nie. Sie fuhr wieder an, bog von der Straße auf die Einfahrt ab. Rollte langsam in Richtung Haustür und hielt drei Meter davon entfernt. Wir öffneten unsere Türen gleichzeitig, stiegen aus und zogen die Jacketts glatt. Unsere Mützen ließen wir im Wagen. Falls Mrs. Kramer uns beobachtete, würde dies der erste Hinweis für sie sein. Militärpolizisten an der Haustür bringen niemals gute Nachrichten, und wenn sie barhäuptig draußen stehen, sind die Nachrichten noch unangenehmer.
    Diese spezielle Tür war in einem antiken Dunkelrot gehalten und wurde durch eine davor montierte Glastür vor Unwettern geschützt. Ich klingelte, und wir warteten. Und warteten. Ich begann zu vermuten, Mrs. Kramer sei nicht da. Ich klingelte noch mal.

    »Wir hätten vorher anrufen sollen«, meinte Summer.
    »Unsinn«, sagte ich. »Wir können doch nicht sagen, bitte seien Sie in vier Stunden zu Hause, damit wir Ihnen eine wichtige Nachricht persönlich überbringen können. Etwas zu viel Vorwarnung, finden Sie nicht auch?«
    »Jetzt bin ich so weit gefahren und habe niemanden, den ich in den Arm nehmen kann.«
    »Klingt wie ein Countrysong. Danach bleibt Ihr Truck liegen, und Ihr Hund geht ein.«
    Ich klingelte nochmals. Wieder keine Reaktion.
    »Wir sollten uns nach einem Wagen umsehen«, sagte Summer.
    Wir entdeckten einen in der geschlossenen Doppelgarage abseits des Hauses. Wir konnten ihn durchs Fenster erkennen. Der Wagen war ein Mercury Grand Marquis in Metallicgrün, lang wie ein Ozeandampfer. Der perfekte Wagen für die Frau eines Generals. Nicht neu, nicht alt, hochwertig, aber nicht zu teuer, passende Farbe, durch und durch amerikanisch.
    »Glauben Sie, dass das ihrer ist?«, fragte Summer.
    »Vermutlich«, antwortete ich. »Wahrscheinlich hatten sie einen Ford, bis er Oberstleutnant wurde. Dann haben sie sich einen Mercury angeschafft. Ich vermute, sie wollten seinen dritten Stern abwarten, bevor sie an einen Lincoln dachten.«
    »Traurig.«
    »Finden Sie? Vergessen Sie nicht, wo er vergangene Nacht war.«
    »Und wo ist sie? Glauben Sie, dass sie einen Spaziergang macht?«
    Wir drehten uns um und hörten auf der Rückseite des Hauses eine Tür schlagen.
    »Sie war draußen im Garten«, sagte Summer. »Vielleicht hat sie gegärtnert.«
    »Niemand gärtnert am Neujahrstag«, widersprach ich. »Nicht auf der nördlichen Erdhalbkugel. Um diese Zeit wächst nichts.«

    Aber wir gingen trotzdem wieder nach vorn und klingelten erneut. Es war besser, wenn sie uns formell, unter selbst gewählten Umständen empfing. Aber sie erschien nicht. Dann hörten wir die Tür auf der Rückseite des Hauses erneut schlagen.
    »Wir sollten mal nachsehen«, schlug Summer vor.
    Ich nickte. Eine schlagende Tür macht ein ganz eigenartiges Geräusch. Es suggeriert alles Mögliche.
    Wir gingen zur Rückseite des Hauses. Ein mit Natursteinplatten belegter Weg führte zur Küchentür des Hauses. Sie ging nach innen auf und wurde von einer Spiralfeder geschlossen gehalten. Die Feder schien etwas ausgeleiert zu sein, denn einzelne Windstöße schafften es, die Tür einen Spaltweit zu öffnen. Dann ließ die Kraft des Windes nach, und die Küchentür schlug wieder an den Rahmen. In der kurzen Zeit, in der wir diesen Vorgang beobachteten, öffnete die Tür sich dreimal, und zwar deshalb, weil ihr Schloss herausgebrochen war.
    Das Schloss bestand aus gutem Stahl, aber der war stärker als das ihn umgebende Holz gewesen. Jemand hatte ein Brecheisen benutzt. Das Schloss hatte gehalten, doch das Holz war zersplittert. Die Tür war aufgesprungen und das Schloss einfach herausgefallen. Es lag vor der Tür

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