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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Frau eines Generals ist eine Zivilistin, und das Haus unterstand ziviler Jurisdiktion. Normalerweise hätte ich mich von solchen Spitzfindigkeiten nicht aufhalten lassen, aber das Haus hatte mir bereits alles erzählt, was ich wissen musste. Deshalb war ich bereit, zurückzustehen und Pluspunkte zu sammeln, indem ich alles streng nach Vorschrift befolgte. Pluspunkte konnten sich später als nützlich erweisen.
    Ein uniformierter Polizeibeamter behielt uns zwanzig lange Minuten im Auge, während die anderen Cops das Haus durchsuchten. Dann kam ein Kriminalbeamter in Zivil ins Freie, um uns zu befragen. Wir berichteten von Kramers Herzinfarkt, unserer Fahrt zu der Witwe, der im Wind schlagenden Küchentür. Er hieß Clark und hatte kein Problem mit dem, was wir ihm mitteilten. Aber er hatte das gleiche Problem wie Summer. Die beiden Kramers waren in derselben Nacht viele Meilen voneinander entfernt umgekommen, was ein unwahrscheinlicher Zufall war - und er hatte ebenso viel gegen Zufälle wie Summer. Ich fing an, Mitleid mit Rick Stockton, dem Deputy Chief in North Carolina, zu empfinden. Seine Entscheidung, mich Kramers Leiche abtransportieren zu lassen, würde ihn angesichts der neuen Tatsachen nicht gut aussehen lassen. So war eine Hälfte des Rätsels in die Hände des Militärs gelangt. Damit waren Konflikte programmiert.
    Wir gaben Clark eine Telefonnummer, unter der wir in Fort Bird erreichbar waren. Die Entfernung nach Washington
schätzte ich auf siebzig Meilen. Noch eine Stunde und zehn Minuten. Bei Summers Fahrweise vielleicht weniger. Sie fuhr los und gab auf dem Highway Gas, bis der Chevy vibrierte.
    »Ich habe den Aktenkoffer auf den Fotos entdeckt«, sagte sie. »Sie auch?«
    »Ja.«
    »Macht’s Ihnen was aus, Tote zu sehen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weiß ich nicht. Ihnen?«
    »Mich beunruhigt’s ein bisschen.«
    Ich schwieg.
    »Glauben Sie, dass das ein Zufall war?«
    »Nein«, gab ich zur Antwort. »Ich glaube nicht an Zufälle.«
    »Sie denken also, dass bei der Autopsie etwas übersehen wurde?«
    »Nein«, sagte ich wieder. »Ich glaube, dass die Autopsie zutreffend war.«
    »Warum fahren wir dann eigens bis nach Washington?«
    »Weil ich mich bei dem Pathologen entschuldigen muss. Ich habe ihn in den Fall verwickelt, indem ich ihm Kramers Leiche geschickt habe. Jetzt werden ihm vier Wochen lang massenhaft Zivilisten zusetzen. Also wird er stinksauer sein.«
     
    Aber der Pathologe entpuppte sich als eine Sie und hatte ein so sonniges Gemüt, dass sie vermutlich nie längere Zeit sauer war. Wir trafen uns am Neujahrstag nachmittags um vier im Empfangsbereich des Walter Reed Army Medical Center mit ihr. Dort sah es wie in jedem anderen Krankenhausfoyer aus. Von der Decke hingen Weihnachtsdekorationen herab, die bereits etwas ramponiert wirkten. Garber, von Statur ein kleiner Mann, war vor uns angekommen. Er saß auf einem Stuhl mit einer Sitzschale aus Kunststoff und gab sich schweigsam. Er verzichtete darauf, sich Summer vorzustellen. Sie stand neben ihm. Ich lehnte an der Wand. Die Stabsärztin, auf deren Namensschild
Sam McGowan stand, hielt einen Packen Aufzeichnungen in der Hand. Sie war jung und schwarzhaarig, lebhaft und offen.
    »General Kramer ist eines natürlichen Todes gestorben«, erklärte sie. »Herzinfarkt, letzte Nacht, nach dreiundzwanzig Uhr, vor Mitternacht. Das steht völlig außer Zweifel. Ich habe nichts dagegen, meine Ergebnisse überprüfen zu lassen, wenn Sie wollen, aber das wäre völlige Zeitverschwendung. Die Anzeichen für Kammerflimmern waren unübersehbar und die Ablagerungen in seinen Arterien enorm. Forensisch musste also nur die Frage beantwortet werden, ob jemand bei einem Mann, der innerhalb von Minuten oder Stunden, Tagen oder Wochen an einem Herzinfarkt gestorben wäre, dieses Flimmern elektrisch ausgelöst haben könnte.«
    »Wie ließe sich das bewerkstelligen?«, fragte Summer.
    McGowan zuckte mit den Schultern. »Die Haut müsste großflächig nass sein. Im Prinzip müsste der Mann in einer Badewanne sitzen. Würde man das Wasser dann unter Haushaltsstrom setzen, könnte man wahrscheinlich ein Flimmern ohne Brandwunden erzeugen. Aber der Mann war nicht in der Badewanne, und nichts weist darauf hin, dass er in einer gestorben sein könnte.«
    »Und wenn seine Haut nicht nass gewesen wäre?«
    »Dann hätte ich Verbrennungen gesehen. Aber ich habe keine entdeckt, obwohl ich jeden Quadratzentimeter seines Körpers mit einer Lupe abgesucht habe. Keine

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