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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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fälschen.«
    »Und hoffen, dass er später damit durchkommt? Nein, hinter dieser Sache steckt jemand, der wusste, dass ihm niemand etwas anhaben kann.«
    »Der Chef des Generalstabs?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, der Vizechef, glaube ich. Der jetzige Stellvertreter des Generalstabschefs ist ein Infanterist und vermutlich kein Dummkopf. Sonst wäre er nicht auf diesem Posten. Ich denke, dass er die Zeichen der Zeit erkannt hat. Er hat den Fall der Berliner Mauer miterlebt und begriffen, dass sich bald einiges ändern würde. Die gesamte bestehende Ordnung.«
    »Und?«
    »Und er hat angefangen, sich Sorgen wegen einer möglichen Reaktion der Panzertruppe zu machen. Wie wir wissen, haben diese Kerle nichts zu verlieren. Der Vizechef hat Probleme vorausgesehen und uns alle versetzt, damit die richtigen Leute am richtigen Platz waren, bevor Schwierigkeiten auftraten. Seine Besorgnis war sicher berechtigt. Die Panzertruppe lehnt integrierte Einheiten unter Führung von Infanterieoffizieren ab. Sie will, dass alles beim Alten bleibt. Und auf der Konferenz in Irwin sollte etwas Dramatisches beschlossen werden. Deshalb hatten sie solche Angst, die Tagesordnung könnte bekannt werden.«
    »Aber Veränderungen gibt’s immer. Letztlich ist man dagegen machtlos.«
    »Diese Tatsache akzeptiert niemand«, sagte ich. »Das hat keiner getan, das wird keiner tun.«

    Summer schwieg.
    Ich lächelte. »Würdest du unsere Akten sichten, könntest du wahrscheinlich eine Aussage von Kramers Großvater finden, dass Pferde niemals durch Panzer zu ersetzen sind.«
    »Was hatten sie tatsächlich vor?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wir kennen die Tagesordnung nicht, aber ihr Inhalt lässt sich leicht erraten: Herabsetzung der Gegenpartei, Waschen schmutziger Wäsche, eventuell Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie. Könnten sie namhafte Hersteller zu der Aussage bewegen, leichte Fahrzeuge ließen sich nicht ausreichend panzern, würde ihnen das schon helfen. Sie wären in der Lage, öffentlich Propaganda zu machen und den Leuten zu erzählen, ihre Söhne und Töchter würden in Blechbüchsen, die jedes Blasrohr durchschlagen könne, in den Krieg geschickt. Sie könnten damit den Kongress verschrecken und behaupten, eine wirklich für Luftlandeunternehmen ausreichende C-130-Flotte werde Hunderte von Milliarden Dollar kosten.«
    »Das wäre nur das übliche Gemecker.«
    »Vielleicht auch mehr. Das wissen wir nicht. Kramers Herzanfall hat die ganze Sache platzen lassen. Zumindest vorläufig.«
    »Glaubst du, dass sie weitermachen?«
    »Würdest du es nicht tun? Wenn du alles zu verlieren hättest?«
    Sie nahm die Rechte vom Lenkrad, legte sie in den Schoß und musterte mich von der Seite. Ihre unteren Lider zuckten.
    »Weshalb willst du dann den Chef des Generalstabs sprechen?«, fragte sie. »Hast du Recht, steht der Vizechef auf unserer Seite. Er hat dich nach Fort Bird versetzt, seine Hand über dich gehalten.«
    »Das Ganze ist eine Schachpartie«, erklärte ich. »Oder ein Tauziehen. Guter Mann, schlechter Mann. Der gute hat mich hergeholt, der schlechte Garber weggeschickt. Garber war schwieriger zu versetzen als ich, folglich steht der böse Mann im
Dienstgrad über dem guten. Und der einzige Soldat über dem Vizechef ist der Chef selbst. Da wir wissen, dass dieser Posten wechselseitig besetzt wird und der Vizechef ein Infanterist ist, muss der Chef aus der Panzertruppe stammen. Er hat ein persönliches Interesse an dieser Sache.«
    »Der Chef des Stabes ist der böse Mann?«
    Ich nickte.
    »Wieso willst du dann ihn sprechen?«
    »Weil wir in der Army sind, Summer«, antwortete ich. »Wir sollen es mit unseren Feinden, nicht mit unseren Freunden aufnehmen.«
     
    Je näher wir Washington, D. C., kamen, desto schweigsamer wurden wir. Ich kannte meine Stärken und Schwächen und war jung, kühn und dumm genug, um mich mit jedem Menschen gleichberechtigt zu fühlen. Aber sich mit dem Chef des Generalstabs anzulegen war eine völlig andere Sache. Er hatte den hohen Dienstgrad inne. Über ihm stand niemand mehr. In meiner gesamten Dienstzeit hatte es nur drei gegeben, von denen ich keinen Einzigen kannte, ja nicht einmal gesehen hatte. Auch keinen Vizechef, Staatssekretär oder sonst einen Elitemenschen. Diese Leute gehörten einer anderen Rasse an.
    Dabei hatten wir die gleichen Voraussetzungen. Ich war genau wie sie in West Point gewesen. Aber West Point war seit Jahrzehnten kaum mehr als eine mit militärischem Drill

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