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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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steht im Dienstgrad über mir?«
    »Niemand«, erwiderte ich.

    »Schön wär’s«, sagte er.
    Ich sagte nichts.
    »Was kostet ein Sturmgewehr M-16?«, fragte er.
    »Keine Ahnung«, gab ich zur Antwort. »Nicht sehr viel, denke ich.«
    »Wir bekommen es für ungefähr vierhundert Dollar«, sagte er. »Und was kostet ein Kampfpanzer M1A1 Abrams?«
    »Ungefähr vier Millionen.«
    »Denken Sie an die großen Rüstungsfirmen«, fuhr er fort. »Auf wessen Seite stehen die vermutlich? Auf der Seite der leichten oder der schweren Einheiten?«
    Ich gab keine Antwort. Seine Frage schien mir rein rhetorischer Natur zu sein.
    »Wer steht im Dienstgrad über mir?«, wiederholte er.
    »Der Verteidigungsminister.«
    Er nickte. »Ein widerlicher kleiner Mann. Ein Politiker. Parteien brauchen Wahlkampfspenden. Aber Rüstungsfirmen können die Zukunft ebenso sehen wie jeder andere.«
    Ich schwieg.
    »Viel Stoff zum Nachdenken«, sagte der Chef des Generalstabs. Er ließ den schweren Ordner wieder in die Schublade gleiten. Ersetzte ihn durch einen schmaleren Ordner mit der Aufschrift Argon.
    »Wissen Sie, was Argon ist?«, fragte er.
    »Ein unbrennbares Edelgas«, antwortete ich. »Feuerlöscher werden damit gefüllt. Es sinkt auf die Flammen herab und verhindert, dass sie sich ausbreiten.«
    »Deshalb habe ich diesen Namen gewählt. ›Unternehmen Argon‹ war der Deckname des Plans, durch den Sie und Ihre Kollegen Ende Dezember versetzt wurden.«
    »Warum haben Sie dazu Garbers Unterschrift gefälscht?«
    »Wie Sie in anderem Zusammenhang vermutet haben, wollte ich, dass die Dinge ihren natürlichen Lauf nehmen. Vom Generalstabschef unterzeichnete Versetzungsbefehle für MP-Offiziere hätten überall Erstaunen hervorgerufen. Alle hätten Musterknaben
gespielt oder Verdacht geschöpft und sich noch besser getarnt. Das hätte Ihre Aufgabe erschwert. Es hätte meine Absichten durchkreuzt.«
    »Ihre Absichten?«
    »Mir ist’s natürlich um Vorbeugung gegangen. Das war der Hauptgrund. Aber ich war auch neugierig, Major. Ich wollte sehen, wer als Erster die Initiative ergreifen würde.«
    Er reichte mir den Ordner.
    »Sie sind ein Sonderermittler«, erklärte er. »Das Hundertzehnte besitzt per Gesetz außerordentliche Vollmachten. Sie haben das Recht, jeden Soldaten überall festzunehmen - auch mich, hier in meinem Büro, wenn Sie’s für richtig halten. Studieren Sie also den Argon-Ordner. Ich denke, Sie werden sehen, dass er mich entlastet. Stimmen Sie mir zu, sollten Sie Ihre Ermittlungen anderswo fortsetzen.«
    Er stand auf. Wir schüttelten uns nochmals die Hand. Dann verließ er den Raum. Ließ mich in seinem Dienstzimmer allein.
     
    Eine halbe Stunde später stieg ich wieder zu Summer in den Wagen. Um Benzin zu sparen, hatte sie den Motor nicht laufen lassen und saß im Kalten.
    »Also?«, fragte sie gespannt.
    »Ein entscheidender Fehler«, antwortete ich. »Das Tauziehen hat nicht zwischen Chef und Vizechef stattgefunden, sondern zwischen Chef und Verteidigungsminister.«
    »Weißt du das bestimmt?«
    Ich nickte. »Ich habe die Akte gesehen. Sie enthält Memos und Befehle aus dem letzten Dreivierteljahr. Verschiedene Papiere, Schreibmaschinen und Füller, das alles lässt sich unmöglich in vier Stunden fälschen. Diese Initiative ist vom Chef des Generalstabs ausgegangen und war immer koscher.«
    »Wie hat er’s aufgenommen?«
    »Ziemlich gut. Unter den Umständen. Aber ich glaube nicht, dass er Lust haben wird, mir zu helfen.«
    »Wobei?«

    »Aus der Klemme, in der ich stecke.«
    »Welcher Klemme?«
    »Wart’s ab.«
    Sie sah mich an.
    »Wohin jetzt?«, wollte sie wissen.
    »Kalifornien.«

22
    Der Chevy lief mit dem letzten Tropfen Benzin, als wir den National Airport erreichten. Wir stellten ihn auf dem Parkplatz für Langzeitmieter ab und marschierten zum Terminal. Die Entfernung betrug ungefähr eine Meile. Um diese Zeit verkehrten keine Shuttlebusse. Es war mitten in der Nacht und der Flughafen praktisch menschenleer. Im Terminal mussten wir einen Angestellten aus seinem Büro hinter den Schaltern holen. Ich gab ihm die beiden letzten gestohlenen Reisegutscheine, und er buchte für uns die erste Morgenmaschine nach Los Angeles. Vor uns lag eine lange Wartezeit.
    »Welchen Auftrag haben wir?«, fragte Summer.
    »Drei Verhaftungen«, sagte ich. »Vassell, Coomer und Marshall.«
    »Wegen?«
    »Serienmorden. Mrs. Kramer, Carbone und Brubaker.«
    Sie starrte mich an. »Kannst du das beweisen?«
    Ich schüttelte den Kopf.

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