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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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»Ich weiß genau, was passiert ist, wann, wie, wo und warum. Aber ich kann nicht das Geringste beweisen. Wir werden uns auf Geständnisse verlassen müssen.«
    »Die bekommen wir nicht.«
    »Das lass meine Sorge sein«, sagte ich. »Es gibt bewährte Mittel.«
    Sie zuckte zusammen.
    »Dies ist die Army, Summer, kein Nähkränzchen.«

    »Erzähl mir von Carbone und Brubaker.«
    »Ich habe Hunger und muss was essen«, sagte ich.
    »Wir haben kein Geld mehr«, gab Summer zu bedenken.
    Die meisten Ladenlokale hatten ohnehin geschlossen. Vielleicht gab es im Flugzeug etwas zu knabbern. Wir nahmen unser Gepäck zu einem Sitzbereich mit, vor dessen sechs bis sieben Meter langem Fenster nichts als pechschwarze Nacht zu sehen war.
    »Erzähl’s mir«, bat sie.
    »Alles ist noch immer eine Kette aus verrückten Vermutungen.«
    »Lass hören.«
    »Okay, fangen wir mit Mrs. Kramer an. Warum ist Marshall nach Green Valley gefahren?«
    »Weil das der nahe liegendste Ort für einen ersten Versuch war.«
    »Aber das stimmt nicht. Green Valley war so ziemlich der unwahrscheinlichste Ort. Kramer hat sich in den letzten fünf Jahren kaum jemals dort blicken lassen. Das muss sein Stab gewusst haben. Diese Leute sind oft mit ihm gereist. Trotzdem haben sie sich dafür entschieden, und Marshall ist geradewegs hingefahren. Weshalb?«
    »Weil Kramer ihnen gesagt hatte, er fahre dorthin?«
    »Richtig! Er hat behauptet, er sei bei seiner Frau, um zu vertuschen, dass er in Wirklichkeit mit Carbone zusammen war. Aber warum hat er es sie überhaupt wissen lassen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Weil es Leute gibt, denen man so etwas sagen muss.«
    »Wer ist das?«
    »Stell dir vor, du wärst ein reicher Mann, der mit seiner Geliebten reist. Willst du dich für eine Nacht von ihr trennen, musst du ihr etwas erzählen. Wenn du ihr erklärst, dass du nur des äußeren Scheins wegen deine Ehefrau besuchst, muss sie das akzeptieren. Es gefällt ihr vielleicht nicht, aber sie muss sich damit abfinden. Das gehört einfach mit zum Deal.«

    »Kramer hatte keine Geliebte. Er war schwul.«
    »Er hatte Marshall.«
    »Nein«, sagte sie. »Ausgeschlossen!«
    Ich nickte. »Kramer hat Marshall hintergangen. Marshall war sein Geliebter. Die beiden hatten eine Beziehung. Marshall war nicht als Nachrichtenoffizier ausgebildet, aber Kramer machte ihn trotzdem zu einem, um ihn in seiner Nähe zu haben. Die beiden waren ein Paar. Aber Kramer hat auch gern ein Auge auf andere geworfen. Er hat Carbone irgendwo kennen gelernt und angefangen, sich heimlich mit ihm zu treffen. Also hat Kramer Marshall an Silvester erklärt, er besuche seine Frau, was Marshall ihm auch glaubte. Deswegen ist Marshall nach Green Valley gefahren. Er dachte, dass Kramer sich dort aufhielt, dass er der einzige Mensch sei, der das todsicher wusste. Er hat Vassell und Coomer mitgeteilt, wo Kramer sich aufhielt. Aber Kramer hatte ihn belogen. Wie’s Leute in Beziehungen tun.«
    Summer machte eine nachdenkliche Pause. Sie starrte schweigend in die Nacht hinaus.
    »Hat sich das irgendwie auf die dortigen Ereignisse ausgewirkt?«, fragte sie.
    »Ich glaube schon«, antwortete ich. »Mrs. Kramer hat mit Marshall gesprochen, vermute ich. Sie muss ihn aus ihrer Zeit in Deutschland gekannt haben und wusste wahrscheinlich von seinem Verhältnis mit ihrem Mann. Generalsfrauen sind im Allgemeinen ziemlich clever. Vielleicht hat sie sogar gewusst, dass ein zweiter Mann im Spiel war. Möglicherweise war sie sauer und hat Marshall damit aufgezogen. Daraufhin ist Marshall wütend geworden und ausgerastet. Vielleicht hat er Vassell und Coomer deshalb nicht sofort eingeweiht. Weil der Kollateralschaden nicht nur als Folge des Einbruchs, sondern vor allem wegen dieses Streits entstanden war. Darum habe ich gesagt, Mrs. Kramer sei nicht nur wegen des Aktenkoffers ermordet worden.«
    »Das sind alles nur Vermutungen.«
    »Mrs. Kramer ist tot. Das ist keine Vermutung.«
    »Aber alles andere sind Mutmaßungen.«

    »Marshall ist einunddreißig, ledig.«
    »Das beweist gar nichts.«
    »Richtig. Beweise gibt’s keine, sind vorläufig Mangelware.«
    Summer schwieg einen Augenblick. »Wie ist es dann weitergegangen?«
    »Vassell, Coomer und Marshall haben angefangen, ernstlich nach dem Aktenkoffer zu fahnden. Dabei waren sie uns gegenüber im Vorteil, weil sie wussten, dass sie keine Frau, sondern einen Mann suchten. Marshall ist am zweiten Januar nach Deutschland zurückgeflogen und hat Kramers Dienstzimmer und seine

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