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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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atmosphärisches Rauschen aus einem Funkgerät. Auf dem Hüttendach war keine Antenne zu sehen. Er musste ein Handfunkgerät haben.
    »Wen willst du rufen, Marshall?«, fragte ich. »Die Kavallerie?«
    Dann überlegte ich: nein, aber die Panzer. Ein ganzes Panzerregiment. Ich drehte mich um und starrte die Staubwolke im Westen an. Plötzlich wurde mir klar, wie die Dinge standen. Ich befand mich mit einem dreifachen Mörder mitten in der Wüste allein. Er war in einem festen Gebäude, ich im Freien. Meine Partnerin, eine zierliche kleine Frau, war ungefähr fünfzig Meilen weit entfernt. Seine Kumpel kurvten unmittelbar hinter dem Horizont mit Siebzigtonnenpanzern herum.
    Ich beeilte mich, von der Fahrspur wegzukommen. Als ich die Ostseite der Hütte erreichte, entdeckte ich Marshall wieder. Er bewegte sich von einer Öffnung zur anderen und beobachtete mich.
    »Kommen Sie raus, Major!«, rief ich.
    Er schwieg lange. Dann antwortete er endlich.
    »Nein, das tue ich nicht.«

    »Kommen Sie raus, Major! Sie wissen, weshalb ich hier bin.«
    Er verschwand wieder im Dunkeln.
    »Ab sofort widersetzen Sie sich Ihrer Verhaftung«, rief ich.
    Keine Antwort. Kein Laut mehr. Ich setzte den Rundgang um die Hütte fort. Erreichte ihre Nordseite, die keine Fensteröffnungen, sondern nur eine geschlossene eiserne Tür aufwies. Wahrscheinlich hatte sie kein Schloss. Was gab es hier auch zu stehlen? Ich konnte geradewegs hingehen und sie aufreißen. Ist er bewaffnet? Ich vermutete, dass ein cleverer Kerl wie Marshall alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen hätte.
    Von der Tür verliefen Trampelpfade zu den Stellen, an denen Leute ihre Fahrzeuge geparkt hatten. Alle führten grob gesagt nach Osten oder Westen, keiner nach Norden auf mich zu. Vormittags Schatten, nachmittags Schatten. Also blieb ich in freiem Gelände und näherte mich der Tür bis auf zehn Meter. Dann hielt ich inne. Dies schien eine gute Position zu sein. Vielleicht besser, als hineinzugehen und eine Überraschung zu riskieren. Ich konnte den ganzen Tag hier draußen warten. Kein Problem. Wir hatten Januar. Die Wüstensonne würde mir nicht schaden. Ich konnte warten, bis Marshall aufgab oder verhungerte. Ich hatte später gefrühstückt als er. Und wenn er schießend auszubrechen versuchte, konnte ich ihn vorher niederstrecken. Auch in dieser Beziehung erwartete ich keine Probleme.
    Das Problem waren die Öffnungen in den drei anderen Wänden aus Hohlblocksteinen. Sie schienen breit genug für einen Mann zu sein, selbst für einen so großen wie Marshall. Er konnte nach Westen hinausklettern und sein Humvee erreichen oder nach Süden und an mein Humvee gelangen. Militärfahrzeuge besitzen keinen Zündschlüssel. Sie haben einen großen roten Anlassknopf, damit in Panik geratene Typen reinspringen und schleunigst verschwinden können. Und ich konnte die West- und Südseite nicht gleichzeitig im Auge behalten. Nicht aus irgendeiner Position, die Deckung bot.
    Brauchte ich Deckung?
    War er bewaffnet?

    Ich hatte eine Idee, wie sich das feststellen ließ.
    Traue keiner Waffe, die du nicht selbst ausprobiert hast.
    Ich zielte mitten auf die eiserne Tür und drückte ab. Die Beretta funktionierte. Sie funktionierte erstklassig und hinterließ in der zehn Meter von mir entfernten Eisentür mit gewaltigem Scheppern einen kleinen glänzenden Krater.
    Ich ließ die Echos verhallen.
    »Marshall!«, rief ich. »Sie widersetzen sich Ihrer Verhaftung. Also mache ich jetzt einen Rundgang und beginne damit, durch die Fensteröffnungen zu schießen. Dabei werden Sie tödlich getroffen oder durch Querschläger verletzt. Falls Sie das nicht wollen, brauchen Sie nur mit erhobenen Händen herauszukommen.«
    Ich hörte wieder das statische Rauschen eines Funkgeräts in der Hütte.
    Ich bewegte mich nach Westen. Schlich geduckt weiter. War er bewaffnet, würde er jetzt schießen, mich jedoch verfehlen. Ich vergrößerte meinen Radius etwas, um notfalls hinter seinem Humvee oder dem alten Sheridan in Deckung gehen zu können.
    Auf halber Strecke blieb ich stehen und schoss. Es hatte keinen Zweck, etwas anzudrohen und es dann nicht zu tun. Aber ich zielte hoch auf die Innenseite der Fensterlaibung, sodass die Kugel von zwei Wänden und der Decke abprallen musste, um ihn überhaupt zu treffen.
    Ich gelangte hinter sein Humvee. Ließ meine Rechte mit der Pistole auf der warmen Motorhaube ruhen. Der Tarnanstrich war rau, als wäre der Farbe Sand beigemischt. Ich befand mich jetzt etwas

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