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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Brubaker und Mrs. Kramer - und Mrs. Reacher. Anfang Januar 1990 waren überall auf der Welt Menschen gestorben.
     
    Wie sich zeigte, brauchten wir für die Fahrt nach Fort Irwin über eine Stunde. Vermutlich hatten die Leute Recht, wenn sie über den Verkehr in L. A. jammerten. Auf dem Stützpunkt herrschte der übliche Betrieb. Irwin umfasste ein riesiges Stück Mojavewüste. Hier war in ständigem Wechsel irgendein Panzerregiment stationiert, das als Heimmannschaft fungierte, wenn andere Einheiten auf den Truppenübungsplatz kamen. Es herrschte ständig eine Atmosphäre wie bei Frühjahrsübungen. Da das Wetter immer gut war, machte es den Soldaten Spaß, bei strahlendem Sonnenschein mit ihren teuren Spielsachen herumzukurven.
    »Willst du gleich das Geschäftliche erledigen?«, fragte Franz.
    »Behältst du sie im Auge?«
    Er nickte. »Diskret.«
    »Okay, dann gehen wir erst frühstücken.«

    Ein O Club der U.S. Army war das ideale Ziel für Leute, die nach einem langen Flug mit Bordverpflegung halb verhungert ankamen. Das Frühstücksbüfett war üppig lang. Es gab die gleichen Gerichte wie in Deutschland, aber der Orangensaft und die Obstteller sahen in Kalifornien überzeugender aus. Ich aß so viel wie eine Schützenkompanie und Summer noch mehr. Franz hatte bereits gefrühstückt. Ich schüttete so viel Kaffee in mich hinein, wie ich nur konnte. Dann schob ich meinen Stuhl zurück, atmete tief durch und stand auf.
    »Okay«, sagte ich. »Los geht’s.«
    Wir fuhren zu Franz’ Dienststelle, und er fragte bei seinen Jungs nach. Marshall war bereits draußen auf einer der Schießbahnen, aber Vassell und Coomer hielten sich in einem der Gemeinschaftsräume der Unterkunft für durchreisende Offiziere auf. Franz fuhr uns mit seinem Humvee hin.
    Die hiesige Unterkunft für durchreisende Offiziere sah genauso aus wie die beim XII. Korps in Deutschland. Lange Reihen identischer Zimmer umgaben einen sandigen Innenhof. Auf einer Seite lagen die Gemeinschaftsräume: Fernsehraum, Tischtennis, Bibliothek, Aufenthaltsräume. Franz führte uns durch eine Tür und trat zur Seite, sodass wir Vassell und Coomer erblickten, die sich in Ledersesseln gegenübersaßen. Mir wurde bewusst, dass ich sie davor nur einmal gesehen hatte, und zwar in meinem Dienstzimmer in Bird. Das kam mir unverhältnismäßig vor, wenn man berücksichtigte, wie viel Zeit ich damit zugebracht hatte, über sie nachzudenken.
    Beide trugen Kampfanzüge in dem neuen Wüstentarnmuster, das die Leute Schokoladenchips nannten. Sie wirkten darin immer noch wie verkleidete Rotarier.
    Sie starrten mich beide an.
    Ich holte tief Luft.
    Hohe Offiziere.
    Falsche Anschuldigung .
    Weil der Fall auf so tönernen Füßen steht, könntest du hinter Gitter kommen.

    »General Vassell«, sagte ich, »und Oberst Coomer, ich nehme Sie wegen Verschwörung und Verabredung zum gemeinschaftlichen Mord fest.«
    Ich hielt den Atem an.
    Aber keiner der beiden ließ eine Reaktion erkennen. Keiner sagte ein Wort. Sie gaben einfach auf, fügten sich ins Unvermeidliche. Als hätten sie diesen Augenblick von Anfang an erwartet. Ich atmete aus. Auf schlechte Nachrichten reagierten Menschen im Allgemeinen erst mit Trauer, dann mit Zorn und Widerspruch. Aber das hatten diese Männer längst hinter sich. Sie waren am Ende dieses Prozesses angelangt, an dem sie nur noch die Tatsachen akzeptieren konnten.
    Die restlichen Formalitäten überließ ich Summer. Das Militärstrafgesetzbuch schrieb genau vor, welche Ankündigungen und Warnungen ausgesprochen werden mussten. Diesen Teil absolvierte Summer flüssiger, als ich’s gekonnt hätte. Ihre Stimme war klar, ihr Auftreten professionell. Weder Vassell noch Coomer reagierten in irgendeiner Weise. Kein Toben, kein Bitten, keine wütenden Unschuldsbeteuerungen.
    »Handschellen?«, fragte Summer mich.
    Ich nickte.
    »Natürlich«, sagte ich. »Und führen Sie sie zu Fuß in den Arrest ab. Durch den ganzen Stützpunkt, damit alle sie sehen können. Sie sind eine Schande für die Army.«
     
    Ich ließ mir erklären, wo ich hinmusste, und fuhr mit Franz’ Humvee los, um Marshall zu verhaften. Er sollte als Beobachter in einer Hütte in der Nähe eines nicht mehr benutzten Ziels, eines veralteten Panzers des Baumusters Sheridan, sitzen. Ich wurde angewiesen, auf den bestehenden Fahrspuren zu bleiben, damit ich keine Blindgänger oder Wüstenschildkröten überfuhr.
    Ich verließ den Stützpunkt um Punkt halb zehn Uhr - allein. Ich wollte nicht

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