08-Die Abschussliste
Brandwunden, keine Einstiche, absolut nichts.«
»Was ist mit Schock, Überraschung oder Angst?«
Die Stabsärztin zuckte erneut mit den Schultern. »Möglich, aber wir wissen, was er getan hat, stimmt’s? Diese Art sexueller Erregung ist ein klassischer Auslöser.«
Niemand sprach.
»Natürliche Ursachen, Leute«, fuhr McGowan fort. »Bloß ein dummer Herzinfarkt. Jeder Pathologe der Welt könnte ihn sich ansehen und würde hundertprozentig mit mir übereinstimmen. Dafür garantiere ich.«
»Okay«, meinte Garber. »Danke, Doc.«
»Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte ich. »Das werden Sie ein paar Wochen lang tagtäglich vor ungefähr zwei Dutzend zivilen Cops wiederholen müssen.«
McGowan lächelte. »Ich drucke eine offizielle Erklärung aus.«
Sie sah uns einen nach dem anderen an, um festzustellen, ob noch jemand eine Frage hatte. Als dem nicht so war, lächelte sie uns zu und rauschte davon.
Wir schwiegen einen Augenblick.
»Okay«, sagte Garber dann, »das war’s also. Bei Kramer gibt’s keinen Zweifel, und für seine Frau sind die Cops zuständig. Der Fall geht uns nichts mehr an.«
»Haben Sie Kramer gekannt?«, fragte ich ihn.
Garber schüttelte den Kopf. »Nur seinem Ruf nach.«
»Welchen hatte er?«
»Arrogant. Er war bei der Panzertruppe. Der Kampfpanzer Abrams ist das beste Spielzeug, über das die Army verfügt. Diese Kerle beherrschen die Welt - und wissen das selbst am besten.«
»Ist Ihnen etwas über seine Frau bekannt?«
Er verzog das Gesicht. »Wie man sagt, hat sie allzu viel Zeit in ihrem Haus in Virginia verbracht. Sie war reich, stammte aus einer alten virginischen Familie. Ich meine, sie hat natürlich ihre Pflicht getan und Zeit an seinem Standort in Deutschland verbracht, aber wenn man’s zusammenzählt, war’s eigentlich nicht viel. Zum Beispiel habe ich vom XII. Korps erfahren, sie sei über die Feiertage zu Hause, was okay klingt. Aber sie ist tatsächlich schon an Thanksgiving heimgeflogen und wollte erst im Frühjahr zurückkommen. Also hatten die Kramers kein sehr enges Verhältnis zueinander, darüber sind sich alle einig. Keine Kinder, keine gemeinsamen Interessen.«
»Was die Erklärung für die Nutte sein könnte«, erklärte ich. »Wenn sie praktisch getrennt gelebt haben.«
»Schon möglich«, meinte Garber. »Natürlich waren sie verheiratet,
aber ich habe das Gefühl, dass ihre Ehe mehr Show als irgendwas anderes war.«
»Wie hat sie mit vollem Namen geheißen?«, fragte Summer.
Garber musterte sie kühl.
»Mrs. Kramer«, sagte er. »Mehr brauchen wir als Namen nicht zu wissen.«
Summer schaute zur Seite.
»Mit wem war Kramer nach Irwin unterwegs?«, fragte ich.
»Mit zweien seiner Leute«, antwortete Garber. »Ein Einsternegeneral und ein Oberst, Vassell und Coomer - ein regelrechtes Triumvirat. Kramer, Vassell und Coomer: die Topmanager der Panzertruppe.«
Er stand auf und reckte sich.
»Fangen Sie um Mitternacht an«, sagte ich zu ihm. »Erzählen Sie mir, was Sie alles getan haben.«
»Weshalb?«
»Weil ich Zufälle nicht leiden kann. Nicht mehr als Sie.«
»Ich habe nichts getan.«
»Jeder hat irgendwas getan«, entgegnete ich. »Außer Kramer.«
Er sah mir ins Gesicht.
»Ich habe beobachtet, wie die Zeiger auf Mitternacht vorrückten«, sagte er. »Dann habe ich mir noch einen Drink besorgt und meine Tochter geküsst. Soweit ich mich erinnere, habe ich alle möglichen Leute geküsst und anschließend ›Auld Lang Syne‹ gesungen.«
»Und dann?«
»Meine Dienststelle hat mich ans Telefon holen lassen und mir mitgeteilt, dass sie auf Umwegen erfahren hat, dass in North Carolina ein toter Zweisternegeneral aufgefunden worden sei. Weiter, dass der MP-Offizier vom Dienst in Fort Bird den Fall abgeschoben hat. Also habe ich dort angerufen und bin an Sie geraten.«
»Und dann?«
»Sie sind losgefahren, um Ihre Arbeit zu tun. Ich habe die örtlichen
Cops angerufen und Kramers Namen erfahren, dann nachgeschlagen und festgestellt, dass er beim XII. Korps war. Also habe ich in Deutschland angerufen und seinen Tod gemeldet, aber die Einzelheiten für mich behalten. Das wissen Sie ja bereits.«
»Und dann?«
»Nichts mehr. Ich habe auf Ihren Bericht gewartet.«
»Okay«, sagte ich.
»Okay, was?«
»Okay, Sir?«
»Bockmist«, schimpfte er. »Woran denken Sie?«
»An den Aktenkoffer«, antwortete ich. »Den möchte ich noch immer finden.«
»Dann suchen Sie ihn weiter«, sagte er. »Bis ich Vassell und Coomer aufgespürt
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