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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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sich, ohne weiter auf das Fernsehen und seinen
Dolmetscher zu achten. Sie hatten echte wirtschaftliche Stabilität für ihr
Land angestrebt: die Größere Ostasiatische Gemeinsame Wohlstandssphäre. Für die Geschichtsbücher seiner Jugendzeit war das alles eine Lüge
gewesen, aber war es das wirklich?
Damit die Wirtschaft seines Landes funktionieren konnte, brauchte sie
Ressourcen, Rohstoffe, doch Japan besaß praktisch keine außer Kohle, und
die verschmutzte die Luft. Japan brauchte Eisen, Bauxit, Erdöl, mußte
praktisch alles einführen, um es in Fertigprodukte zu verwandeln, die man
ausführen konnte. Es brauchte Geld, um die Rohstoffe zu bezahlen, und
dieses Geld kam von den Käufern der Fertigprodukte. Wenn Amerika, der
größte und wichtigste Handelspartner seines Landes, den Handel plötzlich
einstellte, würde dieser Geldstrom versiegen. Fast sechzig Milliarden
Dollar.
Dafür ließ sich natürlich Ausgleich schaffen. Auf den internationalen
Geldmärkten würde der Yen gegenüber dem Dollar und allen anderen
harten Währungen heute tief abstürzen. Das würde japanische Produkte in
allen Ländern verbilligen ...
Doch Europa würde nachziehen. Das stand für ihn fest. Sie würden ihre
Handelsregelungen, die ohnehin schon schärfer waren als die der
Amerikaner, noch mehr verschärfen, außerdem würde der
Handelsüberschuß zurückgehen, und gleichzeitig würde der Yen noch mehr
an Wert verlieren. Man würde noch mehr Geld brauchen, um die Rohstoffe
zu kaufen, ohne die sein Land total zusammenbrechen würde. Wie beim
Absturz von einer Klippe würde die Fallbeschleunigung ständig zunehmen,
und was ihn im Moment einzig tröstete, war der Gedanke, daß er es nicht
mehr erleben würde, denn lange bevor das eintrat, würde dieses Büro nicht
mehr sein Büro sein. Er würde entehrt sein und mit ihm alle seine Kollegen. Einige würden den Tod wählen, möglicherweise, aber nicht allzu viele. Das war mittlerweile etwas fürs Fernsehen, die alten Traditionen, die aus einer Kultur entsprungen waren, die reich an Ehre, aber arm an allen anderen Dingen gewesen war. Um es einfach so aufzugeben, war das Leben doch zu angenehm. Was stand seinem Land in zehn Jahren bevor? Ein Rückfall in
die Armut? Oder vielleicht etwas anderes?
Die Entscheidung würde auch von ihm abhängen, dachte Matsuda, denn
im Grunde war die Regierung seines Landes das ausführende Organ der
gemeinsamen Beschlüsse, die er und seinesgleichen trafen. Er schaute zu
seinen zitternden Händen hinunter. Er dankte seinen beiden Angestellten
und schickte sie mit einem wohlgefälligen Nicken fort, bevor er seine
Hände hervorholen und nach einem Telefonhörer greifen konnte.
    Clark kam der Flug endlos vor, und auch der Umstand, daß KAL ihnen die erste Klasse zugestanden hatte, konnte daran nicht viel ändern, nicht einmal die reizenden koreanischen Stewardessen in ihren schönen traditionellen Gewändern. Zwei von den drei Filmen hatte er schon auf anderen Flügen gesehen, und der dritte war nicht sonderlich interessant. Die Rundfunknachrichten hatten seine Aufmerksamkeit während der vierzig Minuten fesseln können, bis er über das Weltgeschehen auf dem laufenden war, aber dann wiederholten sie sich, und sein Gedächtnis war so geübt, daß er das nicht nötig hatte. Das KAL-Magazin hatte nur dreißig Minuten ausgefüllt - schon das war eine Strapaze gewesen -, und die amerikanischen Nachrichtenmagazine konnten ihm nichts Neues bieten. Der Rest war bohrende Langeweile. Ding konnte sich wenigstens mit seinem Kursmaterial ablenken. Im Augenblick las er Dreadnought, den Klassiker der Masseys über den Zusammenbruch der internationalen Beziehungen vor hundert Jahren, weil die Europäer, genauer gesagt ihre Führer, nicht genügend Phantasie gehabt hatten, um den Frieden zu erhalten. Clark erinnerte sich, daß er es kurz nach dessen Erscheinen gelesen hatte.
    »Die bringen es einfach nicht fertig, was?« fragte er seinen Partner, nachdem er eine Stunde lang über die Schulter mitgelesen hatte. Ding las langsam, Wort für Wort. Es war ja schließlich auch Studienmaterial.
    »Nicht besonders gescheit, John.« Chavez blickte von seinen Notizen auf und streckte sich, was ihm bei seinem kleinen Wuchs leichter fiel als Clark. »Professor Alpher möchte, daß ich in meiner Arbeit drei bis vier falsche Entscheidungen herausarbeite, politische Mißgriffe und so. Ist aber gar nicht so einfach. Sie hätten, wie soll ich sagen, aus sich heraustreten und sich umschauen

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