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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Cathy und blickte auf, »aber ich sage auch nie zu meinen Assistenten, daß sie aufhören sollen, Fragen zu stellen. Wir haben jetzt drei japanische Kollegen am Wilmer. Gute Kliniker, gute Fachärzte, aber nicht besonders flexibel. Es liegt wohl an der Kultur. Wir versuchen, es ihnen abzugewöhnen, aber es ist nicht einfach.«
»Der Chef hat immer recht ...«
»Nein, nicht immer.« Cathy notierte etwas auf einem Krankenblatt.
Ryan wandte sich ab und überlegte, ob er gerade etwas Wichtiges gelernt hatte. »Wie gut sind sie in der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden?«
»Jack, was glaubst du, warum sie zur Ausbildung rüberkommen? Warum, glaubst du, sind so viele auf der Uni an der Charles Street? Warum, glaubst du, bleiben so viele von ihnen hier?«
    Es war neun Uhr morgens in Tokio, und überall in der City verfolgte man in den Vorstandsetagen die über Satellit eingespeisten amerikanischen Abendnachrichten. Erfahrene Dolmetscher übertrugen das Gespräch in ihre Muttersprache. Für eine gründlichere Analyse wurde es auf Video aufgezeichnet, doch was die Verantwortlichen zu hören bekamen, war eigentlich hinreichend klar.
    Kozo Matsuda saß zitternd an seinem Schreibtisch. Die Hände hielt er unter dem Tisch verborgen, damit die anderen das Zittern nicht bemerkten. Was er in zwei Sprachen hörte - sein Englisch war ausgezeichnet -, war schlimm genug. Was er sah, war schlimmer. Durch, nun, durch Störungen des Weltmarkts machte sein Konzern inzwischen Verluste. Ein ganzes Drittel seiner Produktion ging in die Vereinigten Staaten, und wenn dieser Geschäftsbereich in irgendeiner Weise ins Stocken geriet ...
    Im Anschluß an das Gespräch zeigte ein Brennpunkt, daß die Nissan Courier noch immer in Baltimore vertäut war, während das Schwesterschiff, die Nissan Voyager, in der Chesapeake Bay vor Anker lag. Ein dritter Autotransporter hatte gerade die Virginia Capes umrundet, und dabei war der erste noch nicht einmal halb entladen. Der einzige Grund, warum gerade diese Schiffe gezeigt wurden, bestand darin, daß Baltimore von Washington aus leicht zu erreichen war. In den Häfen von Los Angeles, Seattle und Jacksonville sah es nicht anders aus. Als würden die Autos für den Transport von Drogen benützt, dachte Matsuda. Einerseits war er empört, aber vor allem ergriff ihn Panik. Wenn die Amerikaner es ernst meinten, dann ...
Nein, sie konnten es nicht ernst meinen.
     
»Aber was sagen Sie zu der Möglichkeit eines Handelskrieges?« fragte
    Moderator Jim Lehrer diesen Trent.
»Jim, seit Jahren habe ich immer wieder gesagt, daß wir uns seit einer
Generation in einem Handelskrieg mit Japan befinden. Jetzt haben wir für
alle Spieler die gleichen Bedingungen hergestellt.«
»Aber werden nicht die amerikanischen Interessen geschädigt, wenn
diese Situation anhält?«
»Jim, worin bestehen diese Interessen? Sind Amerikas
Wirtschaftsinteressen es wert, daß kleine Kinder verbrennen?« gab Trent
schlagfertig zurück.
Matsuda zuckte zusammen, als er das hörte. Die Vorstellung war
einfach zu überwältigend für einen Mann, dessen früheste
Kindheitserinnerung auf den Morgen des 10. März 1945 zurückging. Er war
noch nicht drei Jahre alt gewesen, seine Mutter trug ihn vom Haus fort, und
er blickte zurück und sah die haushohen Flammen, die Curtis LeMay mit
seinem 21. Bomberkommando entfacht hatte. Jahrelang war er nachts
schreiend aufgewacht, und sein ganzes Leben lang war er ein geschworener
Pazifist. Er hatte Geschichte studiert, hatte gelernt, wie und warum Kriege
ausgebrochen waren, wie Amerika seine Vorfahren in eine Ecke gedrängt
hatte, aus der es nur einen Ausweg gab - und der war falsch gewesen.
Vielleicht hatte Yamata recht, dachte er, vielleicht hatte Amerika die ganze
Affäre eingefädelt. Erst Japan einen Krieg aufzwingen und es dann
zerschlagen, um das natürliche Machtstreben einer Nation zu unterbinden,
die Amerikas Vormacht zwangsläufig in Frage stellen mußte. Trotzdem hatte er nicht verstehen können, wieso die zaibatsu von damals, Mitglieder der Geheimgesellschaft zum Schwarzen Drachen, nicht imstande gewesen waren, einen klugen Ausweg zu finden, denn Krieg war doch einfach eine zu schreckliche Option. War der Frieden, mochte er auch noch so demütigend sein, nicht der schrecklichen Zerstörung, die mit dem Krieg
einherging, vorzuziehen?
Jetzt war es anders. Jetzt war er einer von ihnen, und jetzt sah er, was in
dem Abgrund lag, wenn man den Krieg nicht wagte. Hatten sie damals so
unrecht, fragte er

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