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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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genannt, und das schlimmste war, daß der Vorwurf stimmte.
    Trents Gesetzentwurf, der inzwischen den offiziellen Titel Trade Reform Act trug, wurde an diesem selben Abend den Amerikanern erklärt. Sein Grundgedanke war von bestechender Einfachheit. Regierungssprecher und Trent selbst erklärten das Gesetz im Fernsehen. Juristen und Handelsexperten aus dem Handelsministerium würden zusammen mit Fachleuten für internationales Recht aus dem Justizministerium einen kleinen Ausschuß bilden, der die Befugnis haben sollte, die Handelsgesetze anderer Länder zu prüfen und aufgrund der Prüfung genau entsprechende amerikanische Regelungen zu entwerfen, die dann an den Handelsminister überwiesen wurden, der den Präsidenten beriet. Der Präsident sollte wiederum befugt sein, diese Regelungen per Durchführungsverordnung in Kraft zu setzen. Die Verordnung konnte durch einfache Mehrheit beider Häuser des Kongresses, der laut Verfassung für diese Dinge zuständig war, aufgehoben werden mit dieser Vorschrift vermied man eine auf die Gewaltenteilung abzielende Verfassungsklage. Der Trade Reform Act (TRA) war ferner mit einer begrenzten Geltungsdauer versehen. Vier Jahre nach Inkrafttreten würde er automatisch erlöschen, es sei denn, er würde vom Kongreß wieder in Kraft gesetzt und vom amtierenden Präsidenten genehmigt. Dank dieser Bestimmung erschien der TRA als eine befristete Maßnahme, die allein dem Zweck diente, ein für allemal einen freien Außenhandel sicherzustellen. Das war eine offensichtlich verlogene, aber durchaus plausible Bestimmung, auch für diejenigen, die die Lüge durchschauten.
    »Kann man sich eine fairere Lösung vorstellen?« lautete Trents rhetorische Frage auf dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender PBS. »Wir tun nichts anderes, als die Gesetze anderer Länder spiegelbildlich anzuwenden. Falls ihre Gesetze fair sind für die amerikanische Wirtschaft, dann müssen sie auch fair sein für die Industrien anderer Länder. Unsere japanischen Freunde« - er lächelte - »erklären uns seit Jahren, ihre Gesetze seien nicht diskriminierend. Sehr gut. Wir werden ihre Gesetze genauso fair umsetzen, wie sie es tun.«
    Trent fand es belustigend, wie der Mann auf der anderen Seite des Tisches sich wand. Der vormalige Ministerialdirektor im Außenministerium, der jetzt als führender Lobbyist für Sony und Mitsubishi über eine Million Dollar im Jahr verdiente, saß da und suchte fieberhaft nach einer vernünftigen Antwort, und Trent las ihm das am Gesicht ab. Ihm fiel einfach nichts ein.
    »Das könnte der Auslöser für einen regelrechten Handelskrieg sein ...«, begann er, doch Trent fiel ihm gleich ins Wort.
»Also, Sam, wollen Sie mir etwa weismachen, daß auch nur ein Krieg durch die Genfer Konvention ausgelöst wurde? Sie schreibt lediglich allen Seiten in einem Konflikt dieselben Verhaltensregeln vor. Wenn Sie sagen, die Anwendung japanischer Vorschriften in amerikanischen Häfen werde einen Krieg auslösen, dann haben wir bereits Krieg, und Sie haben für die andere Seite gearbeitet, oder etwa nicht?« Die Antwort auf seine schlagfertige Entgegnung waren fünf Sekunden eines überaus peinlichen Schweigens. Dieser Frage konnte sein Gegenüber einfach nichts entgegensetzen.
»Das saß!« meinte Ryan, der zur Abwechslung einmal zu einer vernünftigen Zeit nach Hause gekommen war.
    »Er hat einen richtigen Killerinstinkt«, bemerkte Cathy und blickte von ihren ärztlichen Papieren auf.
»In der Tat«, sagte ihr Mann zustimmend. »Wir hatten eine kurze Besprechung. Ich bin erst vorgestern genauer in die Sache eingeweiht worden.«
»Ich finde, sie haben recht. Und du?« wollte seine Frau wissen.
»Ich finde, es geht ein bißchen zu schnell.« Jack machte eine Pause. »Wie gut sind ihre Ärzte?«
»Du meinst die Japaner? Nicht besonders gut, an unseren Maßstäben gemessen.«
»Tatsächlich?« Das öffentliche Gesundheitswesen der Japaner war bisher immer als vorbildlich gepriesen worden. Alles war dort »kostenlos«. »Woran liegt's?«
»Sie übertreiben es mit der Ehrerbietung«, antwortete Cathy, die sich wieder in ihre Krankenakten vertieft hatte. »Der Professor hat immer recht, in dem Sinne. Die jungen Leute lernen nicht, eigenständig zu entscheiden, und wenn sie alt genug sind, um selbst Professor zu werden, wissen sie nicht, wie es geht.«
»Wie oft, Oh Außerordentliche Professorin der Augenchirurgie, irrt denn Ihr?« fragte Jack mit einem verschmitzten Lächeln.
»Praktisch nie«, erwiderte

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