08 - Ehrenschuld
erworben hatte und sich auf diese Weise einen ruckartigen Anstieg des Dow um hundertzwölf Punkte zunutze machen konnte.
In Washington bei der Bundesbank herrschte eine gewisse Sorge. Sie waren näher am Sitz der Regierungsmacht und hatten Insiderinformationen aus dem Finanzministerium über die Auswirkungen des Trade Reform Act, und es war klar, daß es zu einem vorübergehenden Mangel an Autos kommen würde, bis Detroit seine Produktion hochgefahren haben würde. Bis die amerikanischen Unternehmen in der Lage sein würden, den Engpaß zu überwinden, würde man die klassische Situation haben, daß zuviel Geld auf der Jagd nach zu wenigen Autos war. Das war gleichbedeutend mit einem inflationären Auftrieb, und deshalb sollte die Fed im Laufe des Tages eine Heraufsetzung des Diskontsatzes um einen viertel Punkt ankündigen - nur befristet, wie sie inoffiziell und ohne Namensnennung zu verstehen gaben. Der Zentralbankrat der Federal Reserve beurteilte die ganze Entwicklung jedoch als langfristig positiv. Das war schlichte Kurzsichtigkeit, doch von diesem Leiden war im Moment die ganze Welt betroffen.
Noch ehe diese Entscheidung fiel, besprachen auch andere Männer die langfristige Entwicklung. Die Besprechung erforderte den größten heißen Zuber in dem Badehaus, das an diesem Abend für seine übrigen wohlbetuchten Besucher geschlossen wurde. Das Personal wurde nach Hause geschickt. Die Bedienung erfolgte durch persönliche Assistenten, die ihre Distanz zu wahren wußten. Man verzichtete auf die üblichen Waschungen. Nach einer sehr flüchtigen Begrüßung legten die Männer ab und ließen sich auf dem Boden nieder, ohne sich mit den Präliminarien aufzuhalten.
»Morgen wird es noch schlimmer«, bemerkte ein Banker. Mehr hatte er nicht zu sagen.
Yamata blickte sich im Raum um. Er mußte an sich halten, um nicht zu lachen. Die Vorzeichen waren schon vor fünf Jahren unübersehbar gewesen, als das erste bedeutende Unternehmen der Autobranche stillschweigend von seiner Politik abgegangen war, den Mitarbeitern eine unkündbare Lebensstellung zu garantieren. Damals war die sorglose Zeit für die japanische Wirtschaft zu Ende gegangen, zumindest für diejenigen, die die Zeichen zu deuten verstanden. Die anderen hatten in all den Rückschlägen lediglich vorübergehende »Störungen« gesehen, wie sie es gern nannten, doch ihre Kurzsichtigkeit hatte Yamata in die Hände gespielt. Die Schockwelle, die das aktuelle Geschehen auslöste, wirkte ganz in seinem Sinne. Es war enttäuschend, aber nicht überraschend, daß nur wenige der Anwesenden die Dinge realistisch eingeschätzt hatten. Es waren vornehmlich die engsten Verbündeten von Yamata-san.
Das hieß nicht, daß er beziehungsweise sie verschont geblieben wären von dem Mißgeschick, das die Arbeitslosigkeit im Lande auf fast fünf Prozent ansteigen ließ; sie hatten lediglich ihren Schaden durch wohlbedachte Schritte begrenzen können. Doch das reichte, um sie als Muster an Scharfblick erscheinen zu lassen.
»Es gibt da ein Sprichwort aus der Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges«, meinte einer vo n ihnen trocken. Er galt als so etwas wie ein Intellektueller. »Es stammt, glaube ich, von Benjamin Franklin. >Es kann sein, daß sie uns zusammen aufhängen, wenn nicht, werden sie jeden von uns einzeln aufhängen.< Wenn wir jetzt nicht zusammenstehen, meine Freunde, werden wir alle zugrunde gehen. Einer nach dem anderen oder alle auf einmal, das spielt keine Rolle mehr.«
»Und mit uns unser Land«, fügte der Banker hinzu, was ihm einen dankbaren Blick von Yamata eintrug.
»Wie war das damals, als sie uns gebraucht haben?« fragte Yamata. »Sie brauchten unsere Basen, um die Russen in Schach zu halten, um die Koreaner zu unterstützen, um ihre Schiffe zu versorgen. Und jetzt, meine Freunde, wozu brauchen sie uns jetzt?«
»Und doch brauchen wir sie«, bemerkte Matsuda.
»Sehr gut, Kozo«, erwiderte Yamata bissig. »Wir brauchen sie so sehr, daß uns nichts bleibt, als unsere Wirtschaft zu ruinieren, unser Volk und unsere Kultur zu zerstören und unsere Nation erneut zu ihrem Vasallen zu machen.«
»Yamata-san, das ist jetzt nicht das Thema«, sagte ein anderer Konzernführer mit sanftem Tadel. »Was Sie bei unserem letzten Treffen vorgeschlagen haben, war sehr kühn und sehr gefährlich.«
»Ich habe um diese Besprechung ersucht«, erklärte Matsuda würdevoll.
»Verzeihung, Kozo.« Entschuldigend neigte Yamata sein Haupt.
»Es sind schwierige Zeiten,
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