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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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heraus. Die Millionen japanischer Aktienbesitzer lasen dieselben Zeitungen, sahen dieselben Morgennachrichten und zogen dieselben Schlußfolgerungen. Am Arbeitsplatz angekommen, nahmen sie den Hörer ab und machten ihre Anrufe.
    Der Nikkei-Index hatte einmal bei über dreißigtausend Yen gelegen. Anfang der neunziger Jahre war er auf die Hälfte abgesunken, mit Abschreibungsverlusten, die größer waren als die damalige Gesamtverschuldung der US-Regierung, eine Tatsache, die in den Vereinigten Staaten fast unbemerkt blieb - außer bei jenen, die ihr Geld von der Bank geholt und in Aktien angelegt hatten, um etwas mehr zu erzielen als eine jährliche Verzinsung von zwei Prozent. Diese Leute hatten einen beträchtlichen Teil ihrer lebenslangen Ersparnisse verloren und nicht gewußt, wen sie dafür verantwortlich machen sollten.
    Diesmal nicht, dachten sie alle. Es war an der Zeit, Kasse zu machen und das Geld wieder auf die Banken zu bringen - große, sichere Finanzinstitute, die wußten, wie sie die Gelder ihrer Kunden schützten. Selbst wenn sie kümmerliche Zinsen zahlten, so verlor man doch immerhin nichts.
    Westliche Reporter würden Ausdrücke wie »Lawine« oder »Kernschmelze« benutzen, um das zu beschreiben, was losging, als die Börsencomputer online gingen. Es schien sich um einen geordneten Prozeß zu handeln. Die großen Geschäftsbanken, im Bunde mit den Großunternehmen, schickten das Geld der Einleger, das zur Vordertür hereinkam, geradewegs zur Hintertür hinaus, um den Wert von Unternehmensaktien zu schützen. Sie hatten keine andere Wahl. Sie mußten riesige Portefeuilles kaufen, um eine steigende Flut abzuwehren, vergebens, wie sich herausstellte. Der Nikkei-Index büßte an einem einzigen Börsentag ein ganzes Sechstel seines Wertes ein, und selbst wenn Analysten zuversichtlich erklärten, der Markt sei jetzt grob unterbewertet und theoretisch sei eine gewaltige Anpassung nach oben unausweichlich, machten sich die Leute zu Hause doch ihre eigenen Gedanken und vermuteten, daß, sollte der amerikanische Gesetzentwurf wirklich Gesetz werden, der Absatzmarkt für die Erzeugnisse ihres Landes sich auflösen würde wie der Nebel in der Morgensonne. Der Prozeß würde nicht zum Stillstand kommen, und auch wenn es niemand sagte, so wußten es doch alle. Das war Bankern ganz besonders klar.
    An der Wall Street lagen die Dinge anders. Weise Leute beklagten zunächst den Eingriff des Staates in den freien Markt; dann dachten sie ein bißchen darüber nach. Es war schließlich unschwer einzusehen, daß nun, da die japanischen Autos Schwierigkeiten hatten, durch den Zoll zu kommen, und dem beliebten Cresta der Fluch eines Ereignisses anhaftete, das kaum einer so bald vergessen würde, amerikanische Autos sich besser verkaufen würden, und das war gut. Es war gut für Detroit, wo die Autos zusammengebaut wurden, und für Pittsburgh, wo immer noch ein Großteil des Stahls geschmiedet wurde; es war gut für all die Städte in Amerika (und Kanada und Mexiko), wo Tausende von Komponenten hergestellt wurden. Es war des weiteren gut für all die Arbeiter, die die Teile herstellten und die Autos montierten, die nun mehr Geld haben würden, das sie in ihren Gemeinden für andere Dinge ausgeben konnten. Wie gut? Nun, das Handelsbilanzdefizit gegenüber Japan war überwiegend den Autos zuzuschreiben. Es war durchaus denkbar, daß in den nächsten zwölf Monaten erfreuliche dreißig Milliarden Dollar in die amerikanische Wirtschaft hineingepumpt würden, und das, so dachten recht viele Marktfachleute nach auch nur fünf Sekunden Überlegung, das war doch nun wirklich gut.
    Vorsichtig geschätzte dreißig Milliarden Dollar, die in die Tresore verschiedener Unternehmen wanderten, und das Ganze würde auf die eine oder andere Weise in Gewinne für amerikanische Firmen verwandelt. Außerdem würden die vermehrten Steuerzahlungen dazu beitragen, das Defizit im Bundeshaushalt zu verringern, dadurch die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes verringern und die Kosten der staatlichen Schuldverschreibungen senken. Die amerikanische Wirtschaft würde doppelt profitieren. Nahm man noch eine gewisse Schadenfreude gegenüber ihren japanischen Kollegen hinzu, so waren die Leute, noch bevor die Wall Street eröffnete, auf einen großen Börsentag vorbereitet.
    Sie sollten nicht enttäuscht werden. Die Columbus Group erwies sich als besonders gut gerüstet, nachdem sie einige Tage zuvor Optionen auf eine Riesenmenge autobezogener Papiere

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