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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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wurden ebenso wie seine Stimme immer eindringlicher.
Nur zehn- bis fünfzehntausend Leute hier. Es ist ein Test, nicht wahr? Er experimentiert. Nie hatte Clark sich mehr als Ausländer gefühlt als in diesem Augenblick. In vielen Ländern war sein Äußeres unauffällig, nicht einzuordnen, gesehen und schon vergessen. Im Iran, in der Sowjetunion, in Berlin konnte er in der Menge untertauchen. Nicht hier. Nicht jetzt. Was noch schlimmer war: Er verstand nichts, bekam nicht alles mit, und das beunruhigte ihn.
Gotos Stimme wurde lauter. Zum ersten Mal krachte seine Faust auf das Rednerpult nieder, und die Menge brüllte auf. Er redete jetzt schneller. Die Menge drängte sich heran, und Clark beobachtete, daß die Augen des Redners es bemerkten und begrüßten. Er lächelte jetzt nicht, sondern seine Blicke schweiften über das Meer der Gesichter, nach beiden Seiten hin, verweilten gelegentlich an einer Stelle, vermutlich einen einzelnen fixierend, seine Reaktionen deutend, um weiterzuwandern und festzustellen, ob er bei allen dieselbe Wirkung erzielte. Er mußte eigentlich zufrieden sein mit dem, was er sah. Aus der Stimme sprach jetzt Selbstgewißheit. Er hatte sie, hatte sie alle in der Tasche. Er brauchte nur das Tempo seiner Rede zu ändern, und er sah, wie ihre Atmung sich änderte, ihre Augen sich weiteten. Clark machte einen Schwenk, um die Menge zu beobachten, und er sah die kollektive Erregung, die Reaktionen auf die Worte des Redners.
    Er spielte mit ihnen.
John schwenkte die Kamera wieder um und richtete sie wie ein Zielfernrohr auf die Vorgesetzten am Rand der Menge. Er sah auf ihren Gesichtern, daß sie jetzt weniger von ihren Pflichten als vielmehr von der Rede bewegt wurden. Wieder verfluchte er seine mangelhaften Sprachkenntnisse, wobei er nicht begriff, daß das, was er sah, wichtiger war als das, was er möglicherweise hätte verstehen können. Was die Menge nun von sich gab, war mehr als bloß laut. Es war Zorn. Auf den Gesichtern lag ja, ein Leuchten. Goto hatte sie jetzt völlig in der Hand und führte sie weiter und weiter auf dem von ihm gewählten Weg.
John berührte Ding am Arm. »Laß uns abhauen.«
»Wieso?«
»Weil es hier gefährlich wird«, erwiderte Clark. Ding schaute verwundert.
»Nan ja?« fragte Chavez auf japanisch und lächelte hinter seiner Kamera.
»Dreh dich um und guck dir die Bullen an«, befahl Klerk.
Ding tat es und kapierte augenblicklich. Japanische Polizisten hatten gewöhnlich ein respektgebietendes Auftreten. Möglich, daß Samuraikrieger früher mit diesem Selbstbewußtsein aufgetreten waren. Bei aller Höflichkeit und Sachlichkeit sprach aus der Art, wie sie sich bewegten, ein gewisser Stolz. Sie waren hier das Gesetz, und sie waren sich dessen bewußt. Ihre Uniformen waren so makellos und gebügelt wie die der Marines vor einer amerikanischen Botschaft, und die Handfeuerwaffen an ihrem Gürtel waren lediglich Statussymbole, die sie nie zu benutzen brauchten. Doch jetzt wirkten diese unerschütterlichen Polizisten nervös. Sie traten von einem Fuß auf den anderen und tauschten Blicke untereinander aus. Hände fuhren über die blauen Uniformhosen, um den Schweiß abzuwischen. Auch sie verspürten es, so eindeutig, daß es keiner Worte bedurfte. Einige lauschten sogar gespannt der Rede Gotos, doch auch sie wirkten besorgt. Was auch immer im Gange sein mochte - wenn es diejenigen, die gewohnheitsmäßig für Ruhe und Ordnung auf diesen Straßen sorgten, beunruhigte, dann mußte es ernst sein.
»Folge mir.« Clark entschied sich nach einem prüfenden Blick für eine Ladenfront. Es handelte sich um einen kleinen Schneiderladen. Die CIAAgenten stellten sich in die Nähe des Eingangs.
Ansonsten war der Bürgersteig menschenleer. Zufällige Passanten hatten sich zu der Menge gesellt, und die Polizisten strebten in dieselbe Richtung. Die beiden Agenten standen praktisch allein, vor sich ein weiter Raum, eine ganz ungewohnte Situation.
»Deutest du das hier genauso wie ich?« fragte John. Es überraschte Chavez, daß er englisch gesprochen hatte.
»Er peitscht sie richtig auf, nicht?« Er schwieg nachdenklich. »Sie haben recht, Mr. C. Es braut sich was zusammen.«
Gotos Stimme kam klar über die Lautsprecheranlage. Er schlug jetzt hohe, fast schrille Töne an, und die Menge reagierte, wie Mengen zu reagieren pflegen.
»Haben Sie so was schon mal erlebt?« Es war nicht vergleichbar mit ihrem Auftrag in Rumänien ...
Ein kurzes Nicken. »Teheran, 1979.«
»Ich war in der

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