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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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geistigen Auge noch den Eichenschrank sah und sich im stillen wünschte, sie hätten den alten Namen KGB, Komitee für Staatssicherheit, beibehalten, einfach um der Tradition willen.
»Sergej Nikolaitsch, hat sich die Welt wirklich so sehr verändert in mein Gott, nur zehn Jahren?«
»So lange ist das noch gar nicht her, mein Freund.« Golowko lud Jack ein, in einem bequemen Ledersessel Platz zu nehmen, der noch aus der früheren Inkarnation des Gebäudes als Hauptverwaltung der Versicherungsgesellschaft Rossija stammte. »Und wir haben immer noch einen so weiten Weg vor uns.«
Aha, das Geschäftliche meldet sich, dachte Jack. Nun, Sergej war in der Beziehung nie schüchtern gewesen. Ryan wußte noch, wie er in das falsche Ende einer Pistole geblickt hatte, die in der Hand dieses Mannes lag. Aber das war alles vor dem sogenannten »Ende der Geschichte« gewesen.
»Ich tue mein möglichstes, Sergej. Wir haben Ihnen die fünf Milliarden für die Raketen beschafft. Es war übrigens ein sauberes Gaunerstückchen, das Sie mit uns abgezogen haben.« Ryan schaute auf die Uhr. Die Zeremonie sollte am Abend stattfinden. Eine Minuteman-III und eine SS-19 waren übriggeblieben - wenn man nicht die SS-19 in Japan mitrechnete, die umgebaut worden waren, um Satelliten in den Weltraum zu schießen.
»Wir haben viele Probleme, Jack.«
»Weniger als vor einem Jahr«, bemerkte Ryan und fragte sich, was wohl als nächste Forderung kommen würde. »Ich weiß, daß Sie Präsident Gruschawoj nicht nur in Geheimdienstangelegenheiten beraten. Hören Sie, Sergej, es geht doch aufwärts. Das wissen Sie.«
»Niemand hat uns gesagt, daß Demokratie so schwierig sein wü rde.«
»Auch für uns ist sie schwer, mein Freund. Jeden Tag entdecken wir es wieder aufs neue.«
»Das frustrierende ist, daß wir alles haben, um unser Land zum Blühen zu bringen. Das Problem ist, dafür zu sorgen, daß alles funktioniert. Ja, ich berate meinen Präsidenten in so manchen Dingen ...«
»Sergej, ich wäre sehr überrascht, wenn Sie nicht einer der bestinformierten Männer Ihres Landes wären.«
»Hm, ja. Also, wir sind dabei, den Osten Sibiriens geologisch zu erkunden; so viele Dinge, so viele Rohstoffe. Wir müssen es durch Japaner machen lassen, aber was sie finden ...« Seine Stimme verlor sich.
»Sie wollen doch auf etwas Bestimmtes hinaus, Sergej. Raus mit der Sprache.«
»Wir glauben, daß sie uns nicht alles sagen. Wir haben die Ergebnisse von einigen Untersuchungen ausgegraben, die in den frühen dreißiger Jahren durchgeführt wurden. Sie lagen in den Archiven des Innenministeriums. Ein Gadoliniumvorkommen an einem unvermuteten Ort. Damals konnte man mit diesem Metall nicht viel anfangen, und es geriet in Vergessenheit, bis einige meiner Leute alte Daten detailliert durchforstet haben. Heute kennen wir viele Verwendungsmöglichkeiten für Gadolinium, und eines ihrer Geologenteams hat nur wenige Kilometer von dem Vorkommen entfernt kampiert. Wir wissen aber, daß es wirklich existiert. Unser Team hat in den dreißiger Jahren Proben mitgebracht, die untersucht wurden. Aber die Japaner haben das Vorkommen in ihrem letzten Bericht nicht erwähnt.«
»Und?« fragte Jack.
»Und ich finde es sonderbar, daß sie uns in der Hinsicht belogen haben«, bemerkte Golowko hinhaltend. So schnell ging man bei einem Spiel wie diesem nicht auf sein Ziel los.
»In welcher Form bezahlen Sie sie für diese Arbeit?«
»Vereinbart ist, daß sie uns bei der Ausbeutung mancher der Dinge, die sie für uns entdecken, behilflich sein werden. Die Bedingungen sind großzügig.«
»Warum sollten sie lügen?« bohrte Ryan.
Golowko schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Das herauszufinden könnte wichtig sein. Sie kennen sich doch auch in der Geschichte aus, nicht wahr?«
Ryan hätte Golowkos Besorgnisse als ein weiteres Beispiel der russischen Paranoia abtun können - manchmal dachte er, dieser Begriff als solcher sei in diesem Land erfunden worden -, aber das wäre unfair gewesen. Rußland hatte 1904-1905 unter dem Zaren Krieg gegen Japan geführt und verloren, und die japanische Marine hatte dem Land in der Schlacht von Tsushima eine vernichtende Niederlage beigebracht. Dieser Krieg hatte viel zum Untergang der Romanows beigetragen und Japan zu einer Weltmacht aufsteigen lassen mit der Folge, daß es sich an zwei Weltkriegen beteiligt hatte. Es hatte in der russischen Seele eine blutende Wunde hinterlassen, die für Stalin hinreichender Anlaß gewesen war, die verlorenen

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