08 - Ehrenschuld
Foley für uns von Interesse sein könnte. Im Gegenzug sind wir in der Lage, das Netz für Sie abzuschirmen.« Einstweilen, dachte er, ohne es auszusprechen.
»Wieviel wissen sie?« fragte Jack, auf das ausgesprochene Angebot eingehend. Golowko schlug vor, daß Rußland eine amerikanische Geheimdienstoperation deckte. Das war etwas Neues, ganz und gar Beispielloses. Der Information, die sich ergeben könnte, maßen sie einen sehr hohen Wert bei. Einen verdammt hohen, dachte Jack. Warum?
»Genug, um sie des Landes zu verweisen, nicht mehr.« Golowko öffnete eine Schublade und überreichte ihm ein Papier. »Hier ist alles, was Foleyewa wissen muß.«
Jack las und steckte es ein. »Meinem Land ist in keiner Weise an einem Konflikt zwischen Rußland und Japan gelegen.«
»Dann sind wir uns einig?«
»Ja, Sergej. Ich werde empfehlen, daß man Ihrem Vorschlag zustimmt.«
»Iwan Emmetowitsch, es ist mir immer wieder ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen.«
»Warum haben Sie es nicht selbst aktiviert?« fragte Ryan, und er dachte daran zurück, wie sehr er an dem besagten Tag ins Schlingern gekommen war.
»Ljalin hatte uns die Information vorenthalten. Raffiniert von ihm. Wir hatten nicht genügend Zeit, um ihn, wie soll ich sagen, zu überreden? Ja, ihn zu überreden, sie uns zu übergeben, bevor wir ihn in Ihre Obhut gaben.«
Wie hübsch er das formuliert hatte, dachte Jack. Überreden. Nun ja, Golowko war unter dem alten System aufgewachsen. Man konnte einfach nicht erwarten, daß er sich völlig von ihm gelöst hatte. Jack grinste.
»Wissen Sie, Sie waren großartige Feinde.« Und mit dem einzigartigen Vorschlag Golowkos, dachte Jack mit unbewegter Miene, würde nun vielleicht etwas anderes beginnen. Konnte es in dieser Welt noch verrückter zugehen?
In Tokio war es sechs Stunden später und in New York acht Stunden früher. Der Unterschied von vierzehn Stunden und die internationale Datumsgrenze sorgten für allerlei Verwirrung. Manchenorts war es Samstag, der vierzehnte, andernorts war es Freitag.
Um drei Uhr morgens verließ Chuck Searls zum letzten Mal sein Haus. Er hatte sich am Vortag ein Auto gemietet - er hatte es, wie viele New Yorker, nie für nötig befunden, sich eins zu kaufen -, um nach La Guardia zu fahren. Am Delta-Terminal herrschte für den ersten Flug des Tages nach Atlanta ein erstaunliches Gedränge. Er hatte über eines der zahlreichen Reisebüros ein Ticket gebucht und bar bezahlt, unter dem Decknamen, den er künftig bei Gelegenheit benutzen würde und der nicht identisch war mit dem Namen in dem Paß, den er sich ebenfalls vor einigen Monaten beschafft hatte. Er saß auf 2-A, einem Erste-Klasse-Sitz, der geräumig genug war, daß er sich ein wenig zur Seite drehen und seinen Kopf anlehnen konnte, und so schlief er fast den ganzen Weg nach Atlanta, wo sein Gepäck zu einem Flug nach Miami geschafft wurde. Viel war es nicht. Zwei leichte Anzüge, ein paar Hemden und sonstige Dinge, die man so brauchte, plus sein Laptop-Computer. In Miami würde er unter einem anderen Namen ein anderes Flugzeug besteigen und südostwärts ins Paradies fliegen.
George Winston, der ehemalige Chef der Columbus Group, war trotz des erlesenen Ambiente seines Hauses in Aspen kein glücklicher Mann. Daran war ein verrenktes Knie schuld. Er hatte jetzt zwar die Zeit, seiner neuentdeckten Leidenschaft fürs Skifahren zu frönen, aber er war zu unerfahren und vielleicht auch ein bißchen zu alt, um sich an den Abfahrten für Könner zu versuchen. Es tat höllisch weh. Morgens um drei stand er auf und humpelte ins Bad, um noch mal eine Dosis des Schmerzmittels zu nehmen. Im Bad ging ihm auf, daß kaum Aussicht bestand, daß er noch einmal einschlafen würde. In New York war es kurz nach fünf, dachte er, ungefähr die Zeit, zu der er gewöhnlich aufgestanden war, immer früh genug, um den Spätaufstehern voraus zu sein, auf seinem Computer nachzusehen und das Journal sowie andere Informationsquellen zu studieren, so daß er für seine Eröffnungszüge am Markt vollauf gerüstet war.
Er vermißte es, gestand Winston sich ein. Es fiel ihm verdammt schwer, das dem Gesicht im Spiegel zu sagen. Klar, er hatte zuviel gearbeitet, sich seiner Familie entfremdet, sich in einen Zustand hineingetrieben, der von Drogensucht kaum zu unterscheiden war, aber war das Aussteigen nicht vielleicht ein Fehler gewesen?
Ach nein, ganz so war es nicht, dachte er, während er so leise wie möglich in sein Arbeitszimmer humpelte. Bloß
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