Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
zehntausend unnötige Befehlszeilen entfernt. Es lag
nicht an den Maschinen, es war das Programm. Wir haben nur einige Zeit
gebraucht, um die richtigen Pfade durch die Boards zu finden. Ich glaube,
jetzt haben wir's.«
»Was ist geändert?« fragte der erfahrene Controller. Er verstand
ziemlich viel von Softwaredesign.
»Ich habe das hierarchische System geändert, die Art, wie es Dinge von
einem parallelen Board aufs andere verlagert. An der Synchronizität muß
noch ein bißchen gearbeitet werden, das Verbuchen hinkt dem Börsenkurs
hinterher. In ein bis zwei Monaten kann ich das vielleicht schaffen, werde
vorne ein bißchen abspecken.«
Der Sys-con gab einen Befehl für den ersten Benchmarktest ein. Er
wurde sofort ausgeführt. »Sechs Prozent schneller als 2.3.1. Nicht
schlecht.«
»Diese sechs Prozent brauchten wir«, sagte der Controller, womit er
sagen wollte, das er eigentlich mehr benötigte. Manchmal liefen die
Transaktionen einfach zu schwerfällig ab, und wie jeder in der Depository
Trust Company fürchtete er zurückzufallen.
»Schicken Sie mir Ende der Woche ein paar Daten, vielleicht kann ich
Ihnen ein paar Punkte mehr verschaffen«, versprach Searls.
»Gute Arbeit, Chuck.«
»Danke, Bud.«
»Wer arbeitet sonst noch damit?«
»Mit dieser Version? Niemand. Eine kundenspezifische Variante läuft
auf den Maschinen bei CHIPS.«
»Alle Achtung«, meinte der Controller anerkennend. Bei genauerer
Überlegung hätte er mit seiner Anerkennung gegeizt. Er hatte an der
Planung des ganzen Systems mitgewirkt. All die Redundanzen, all die
Sicherheitssysteme, zum Beispiel, daß jeden Abend Kopien auf Band
gezogen und fortgebracht wurden. Er hatte zusammen mit einem Ausschuß
alle Vorsichtsmaßnahmen festgelegt, die in seiner Branche nötig waren.
Aber das Streben nach Effizienz und paradoxerweise das Streben nach
Sicherheit hatten eine verwundbare Stelle geschaffen, die ihm fast
zwangsläufig entgehen mußte. Alle Computer benutzten dieselbe Software.
Unterschiedliche Software in den einzelnen Computern hätte - wie
verschiedene Sprachen innerhalb eines Büros - eine Verständigung
zwischen den Systemen verhindert oder zumindest erschwert, und das wäre
kontraproduktiv gewesen. Dadurch besaßen trotz aller
Vorsichtsmaßnahmen seine sechs Maschinen eine gemeinsame
Achillesferse. Sie sprachen alle dieselbe Sprache. Das war unvermeidbar.
Sie waren das wichtigste und dabei am wenigsten bekannte Bindeglied im
amerikanischen Börsengeschäft.
Doch selbst in diesem Punkt war die DTC nicht blind für die potentielle
Gefahr.
ELECTRA - CLERK 2.4.0 sollte, bevor es auch bei Alpha und Beta geladen
wurde, erst einmal eine Woche auf Zulu laufen, und dann wollte man noch
einmal eine Woche abwarten, bevor es auf die Backup-Maschinen
»Charlie«, »Delta« und »Tango« geladen würde. Dadurch sollte
sichergestellt werden, daß 2.4.0 sowohl effizient als auch »absturzsicher«
war, ein technischer Ausdruck, der sich vor einiger Zeit im Softwarebereich
eingebürgert hatte. Bald würde man sich an die neue Software gewöhnt haben und seine größere Geschwindigkeit bewundern. Alle StratusMaschinen würden genau die gleiche Programmiersprache sprechen und in einer aus Nullen und Einsen bestehenden elektronischen Konversation Informationen miteinander austauschen, wie Freunde, die am Kartentisch
übers Geschäft reden.
Bald würden alle denselben Witz kennen. Einige würden ihn gut finden,
aber nicht jeder bei der DTC.

3 / Collegium
    »Wir sind uns also einig?« fragte der Vorsitzende des Federal Reserve Board, des Zentralbankrats. Die um den Tisch Versammelten nickten. Die Zustimmung fiel ihnen nicht sonderlich schwer. Zum zweiten Mal binnen drei Monaten hatte Präsident Durling sie durch den Finanzminister diskret wissen lassen, daß er nichts dagegen hätte, wenn der Diskontsatz nochmals um einen halben Punkt angehoben würde. Das war der Zinssatz, zu dem die Federal Reserve, die amerikanische Bundesbank, den Banken Geld lieh, und wo sonst sollten sie solche Beträge leihen, wenn nicht bei der Fed? Natürlich wurde jeder Anstieg dieses Zinssatzes gleich an die Verbraucher weitergegeben.
    Für die Männer und Frauen um den polierten Eichentisch war es ein ständiger Balanceakt. Sie bestimmten die in der amerikanischen Wirtschaft umlaufende Geldmenge. Sie konnten diese Menge regulieren, indem sie gewissermaßen an dem Rad drehten, mit dem das Schleusentor eines Bewässerungsdamms geöffnet oder geschlossen wurde, und es war ihr stetes

Weitere Kostenlose Bücher