08 - Ehrenschuld
Jetkommandant. Zunächst würden Elektronikexperten die Daten analysieren müssen und herauszufinden versuchen, was gefährlich war und was nicht, wobei von ihren Ergebnissen das Leben ihrer Air-Force-Kameraden abhing. Das war ein guter Gedanke. Die Crew entspannte sich, gähnte und begann zu reden, hauptsächlich über den Einsatz und was sie dabei erfahren hatten. Viereinhalb Stunden zurück nach Elmendorf, dann eine Dusche und die wohlverdiente Pflichtpause.
Die japanischen Radaroffiziere waren sich immer noch nicht ganz sicher, ob sie überhaupt einen Kontakt gehabt hatten, aber das würde sich bei der Untersuchung der Bänder herausstellen. Ihre Patrouillentaktik kehrte wieder zur normalen Überwachung des Zivilluftverkehrs zurück, und ein paar Kommentare wurden darüber ausgetauscht, warum zum Teufel dieser Verkehr immer noch weiterlief. Die Antworten waren hauptsächlich Achselzucken und hochgezogene Augenbrauen und noch mehr Unsicherheit als in der Phase, wo sie geglaubt hatten, Impulse aufzufangen. Wenn man länger als ein paar Stunden auf einen Radarschirm schaute, geschah etwas mit einem. Früher oder später wurde man von der Phantasie beherrscht, und je mehr man darüber nachdachte, desto schlimmer wurde es. Aber wie sie wußten, war das für die andere Seite in diesem Spiel genauso.
Die Präsidenten der Zentralbanken waren an VIP-Behandlung gewöhnt. Ihre Flüge trafen alle innerhalb derselben Stunde am John F. Kennedy Airport ein. Jeder wurde von einem hohen Diplomaten der jeweiligen UNVertretung empfangen, am Zoll vorbeigeführt und in einem Wagen mit Diplomatenkennzeichen in die Stadt gefahren. Ihr gemeinsames Ziel überraschte sie, aber der Fed-Vorsitzende erklärte, daß aus praktischen Gründen das New Yorker FBI-Büro sehr viel geeigneter sei als die örtliche Federal Reserve Bank, besonders weil es groß genug war, um auch die Direktoren der großen Handelshäuser mitaufzunehmen - und weil die Kartellgesetze im Interesse der nationalen Sicherheit Amerikas ausgesetzt waren. Diese Nachricht erstaunte die europäischen Besucher. Endlich hatte Amerika die Konsequenzen finanzieller Angelegenheiten für die nationale Sicherheit begriffen, dachten sie. Es hatte auch lange genug dafür gebraucht.
George Winston und Mark Gant begannen ihren Vortrag über die Ereignisse der vergangenen Woche, nach einer kurzen Einführung durch den Vorsitzenden und Minister Fiedler, und inzwischen hatten sie die Erläuterungen im kleinen Finger. Sie hatten hervorragende Graphiken vorbereitet und ergänzten sich optimal.
»Verdammt clever«, bemerkte der Direktor der Bank von England zu seinem deutschen Kollegen.
»Jawohl«, kam die geflüsterte Antwort.
»Wie verhindern wir, daß so was noch mal passiert?« dachte einer von ihnen laut nach.
»Zunächst mal bessere Systeme zur Protokollierung«, antwortete Fiedler lebhaft nach einer annähernd normalen Nachtruhe. »Davon abgesehen ...? Wir müssen das in Ruhe prüfen. Wichtiger sind die Notmaßnahmen, die wir jetzt treffen müssen.«
»Dafür muß der Yen bezahlen«, bemerkte der französische Bankier sofort. »Und wir müssen Ihnen helfen, den Dollar zu stärken, damit unsere Währungen geschützt sind.«
»Ja.« Fiedler nickte. »Jean-Jacques, ich freue mich, daß wir hierin einer Meinung sind.«
»Und was werden Sie zur Rettung Ihrer Aktienmärkte tun?« fragte der Präsident der Deutschen Bundesbank.
»Es klingt etwas verrückt, aber wir glauben, es wird funktionieren«, begann Minister Fiedler und beschrieb die Maßnahmen, die Präsident Durling in seiner Rede nicht enthüllt hatte, und deren Durchführung zum großen Teil von der Kooperation der Europäer abhing. Die Besucher blickten sich an, zuerst erstaunt, dann zustimmend.
Fiedler lächelte. »Darf ich vorschlagen, daß wir unsere Aktivitäten für Freitag koordinieren?«
Neun Uhr morgens war eine unchristliche Zeit für den Beginn diplomatischer Verhandlungen, was die Sache erleichterte. Die amerikanische Delegation traf in Privatwagen vor der japanischen Botschaft an der Massachusetts Avenue ein, um die Situation besser zu verschleiern.
Die Formalitäten wurden in allen Einzelheiten beachtet. Der Konferenzraum war groß, mit einem entsprechend großen Tisch. Die Amerikaner nahmen ihre Plätze auf der einen Seite ein und die Japaner auf der anderen. Hände wurden geschüttelt, weil es Diplomaten waren und solche Dinge dazugehörten. Tee und Kaffee standen bereit, aber die meisten gossen nur Eiswasser in
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