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08 - Ehrenschuld

08 - Ehrenschuld

Titel: 08 - Ehrenschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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noch wenige Minuten Betriebszeit pro Umkreisung. Die Bodenkontrolle hatte lange Zeit auf diese Gelegenheit gewartet. Die Umlaufbahn hatte eine Nordwest-Südost-Richtung mit einer Abweichung um sechs Grad aus der Senkrechten; das war nah genug, um direkt nach unten ins Tal zu sehen. Sie wußten schon eine ganze Menge. Die geologische Geschichte des Tales war bekannt. Ein Fluß, der nun durch einen Damm für die Stromerzeugung gestaut wurde, hatte die tiefen Schluchten gegraben. Eigentlich war es an dieser Stelle mehr ein Canon als ein Tal, und die steilen Wände waren der ausschlaggebende Faktor gewesen, die Raketen hier zu stationieren. Sie konnten senkrecht abgeschossen waren, aber feindliche Gefechtsköpfe würden von den Bergen im Osten und Westen daran gehindert, ihr Ziel zu treffen. Es war völlig gleichgültig, um wessen Gefechtsköpfe es sich dabei handelte. Form und Lage des Tales hätten auf russische Sprengköpfe die gleiche Wirkung wie auf amerikanische. Und der letzte Geniestreich war, daß das ganze Tal aus Felsen bestand. Jedes Silo hatte einen natürlichen Schutzpanzer. Aus all diesen Gründen hatten Scott und Fleming ihren ganzen professionellen Ruf auf die schwierige Mission des KH-12 gesetzt.
»Gleich, Betsy«, sagte Scott mit einem prüfenden Blick auf die Uhr an der
    Wand vor ihm.
»Was genau werden Sie sehen?«
»Wenn sie dort sind, kriegen wir's mit. Verfolgen Sie die Entwicklung
    der Raumfahrttechnik?« fragte Fleming.
»Sie sprechen mit einem Trekkie der ersten Stunde.«
»Damals in den Achtzigern schickte die NASA einen
    Aufklärungssatelliten in den Weltraum, und das erste, was sie auf den Schirm bekam, war ein Bild vom Nildelta. Unterirdische Kanäle, die ins Mittelmeer führen. Wir haben sie kartographiert.«
    »Der gleiche entdeckte die Bewässerungskanäle unten in Mexiko, die von den Mayas, stimmt's?« fragte der AMTRAK-Vertreter.
»Das war in unserem Auftrag, nicht in dem der NASA. Wir haben den Russen verständlich gemacht, daß sie ihre Silos nicht vor uns verbergen können. Sie haben es auch verstanden«, erklärte Mrs. Fleming. Genau in diesem Augenblick fing das abgeschirmte Faxgerät an zu summen. Das Signal des KH-12 war mit einem Satelliten in geostationärer Umlaufbahn über dem Indischen Ozean vernetzt worden und wurde von dort zum nordamerikanischen Festland weitergeleitet. Die erste Übertragung des Signals würde unkorrigiert sein, aber sie hofften, es wäre gut genug für eine rasche Überprüfung. Scott nahm das erste Bild aus dem Faxgerät und legte es auf einen Tisch unter eine helle Lampe, direkt neben einen Kartenausdruck desselben Ortes.
»Sagen Sie mir, was Sie sehen.«
»Gut, hier ist die Hauptstrecke ... oh - dieses Ding hier nimmt die Schwellen auf. Die Gleise sind zu schmal, oder?«
»Genau.« Betsy fand die Gleislinie. Die Betonschwellen waren fünfzehn Zentimeter breit und warfen ein gutes, scharfes Echo zurück, das aussah wie eine Reihe gedruckter Geraden.
»Sie führt ein ganz schönes Stück das Tal hinauf.« Der Mann von AMTRAK klebte fast mit der Nase auf dem Papier, und sein Bleistift folgte der Linie. »Kurve, Kurve. Was ist das da?« fragte er und zeigte mit der Bleistiftspitze auf eine Gruppe weißer Kreise.
Scott legte ein kleines Lineal auf das Blatt. »Betsy?«
»Auch noch dicht zusammengepfercht. Du lieber Himmel, was sind wir wieder schlau. Das muß ein Vermögen gekostet haben.«
»Wunderbare Arbeit«, hauchte Scott. Die Gleislinie machte Links- und Rechtskurven, und nach zweihundert Metern kam jeweils ein Silo, keine drei Meter von den Begrenzungslinien der Eisenbahnschwellen entfernt. »Da hat sich jemand wirklich etwas dabei gedacht.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Dicht gepackt«, erwiderte Mrs. Fleming. »Das bedeutet folgendes: Wenn man versucht, das Raketenfeld zu treffen, wirbelt der erste Sprengkopf so viel Schutt und Dreck in die Luft, daß der nächste auf seinem Weg nach unten zu Altmetall wird.«
»Das bedeutet, daß man keine Atomwaffen einsetzen kann, um diese Jungs da rauszukriegen - jedenfalls nicht so ohne weiteres«, fuhr Scott fort. »Fassen Sie für mich zusammen, was Sie wissen«, befahl er.
»Diese Eisenbahnlinie hier hat keinen kommerziellen Wert. Sie führt nirgendwohin, also kann man damit kein Geld verdienen. Es ist kein Reparaturgleis, dafür ist es zu lang. Das Gleis hat Standard-Spurweite, möglicherweise wegen der Anforderungen der Gütertransportwaggons. «
»Und sie breiten Tarnnetze darüber«, schloß Betsy

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