08 - Ehrenschuld
Arbeitsplatz aus. Er stand hinter einem neuen Sonartechniker und betrachtete das Display. Sicher, mit dem neuesten Upgrade der Software ließ sich Prairie/Masker viel leichter einfangen, vor allem wenn man wußte, daß der Himmel blau war und weder Regen noch Sturm die Oberfläche aufwühlten.
»Er hat uns kalt erwischt, Chief.«
»Nur weil der Captain ihm erlaubt hat, uns eine Weile nachzuspüren. Ab jetzt gibt's nichts mehr geschenkt.«
Werino war einer von vielen früheren MIG-Standorten und lag in einem Gebiet, in dem es von ihnen nur so wimmelte. Vor wem sich die Russen eigentlich so gefürchtet hatten, konnte sich jeder selbst ausmalen. Von diesem Standort aus hätten sie Japan oder China angreifen oder ihr Land gegen Angriffe anderer Länder verteidigen können, je nach dem, wer paranoid war und wer sich in einem bestimmten Augenblick politisch auf den Schlips getreten fühlte, dachte der Pilot. Er war nie zuvor auch nur in der Nähe dieses Ortes gewesen und hatte trotz der freundlichen Veränderung der Beziehung nicht erwartet, je weiter zu kommen als zu einem Freundschaftsbesuch in den europäischen Teil Rußlands, wie ihn die amerikanische Luftwaffe in regelmäßigen Abständen abstattete. Nun flog ein Suchoi-27-Abfangjäger tausend Meter neben seiner Maschine, mit scharfen Raketen am Flugwerk, und der Pilot gestattete sich vielleicht den einen oder anderen launigen Gedanken. Mann, was für ein großes Ziel. Die zwei grundverschiedenen Flugzeuge hatten sich vor einer Stunde zusammengeschlossen, weil aus Zeitgründen kein russischsprechender Offizier für den Auftrag gefunden werden konnte und sie kein englisches Geschnatter auf dem Funkkanal riskieren wollten. Also folgte die Transportmaschine dem Abfangjäger wie ein Schäferhund einem Terrier.
»Landebahn in Sicht«, sagte der Kopilot müde. Es gab die üblichen Bodenturbulenzen, die durch die Landeklappen und das Herunterlassen des Fahrwerks zusätzlich verstärkt wurden. So weit war diese Landung reine Routine, bis der Pilot kurz vor dem Aufsetzen ein paar C-17 auf dem Bereitstellungsgelände entdeckte. Er war also doch nicht der erste Amerikaner, der mit seinem Flugzeug hier landete. Vielleicht konnten ihm die Besatzungen der anderen Maschinen sagen, wo seine Crew sich ausruhen konnte.
Die 747 der Japan Airlines war voll besetzt, als sie sich auf den Weg nach Westen in die starken Luftströme über dem Pazifik machte und Kanada hinter sich ließ. Captain Sato war hin- und hergerissen. Wie immer war er sehr zufrieden, daß er so viele seiner Landsleute nach Hause brachte, aber andererseits hatte er auch das Gefühl, daß sie vor Amerika davonliefen, und darüber war er nicht besonders glücklich. Sein Sohn hatte ihm vom Abschuß der beiden B-1 berichtet, und wenn sein Land zwei amerikanische Flugzeugträger beschädigen, zwei ihrer angeblich unauffindbaren Unterseeboote versenken und dann auch noch zwei ihrer strategischen Kampfbomber aus dem Verkehr ziehen konnte, was hatten sie dann von diesen Leuten zu befürchten? Man mußte jetzt nur lange genug warten, dachte er. Auf der rechten Seite sah er den Umriß einer anderen 747 mit den Farben der Northwest/KLM; sie kam aus Japan und war zweifellos vollgestopft mit amerikanischen Geschäftsleuten, die tatsächlich davonliefen. Nicht daß sie irgend etwas zu fürchten hatten. Vielleicht war es die Schande, dachte er. Der Gedanke gefiel ihm, und Sato lächelte. Der Rest des Fluges war kein Problem. Viertausendsechshundert Seemeilen, eine Flugzeit von neuneinhalb Stunden, wenn er die Wettervorhersage richtig in Erinnerung hatte, und dann wäre seine Ladung von dreihundertsechsundsechzig Passagieren zu Hause in einem wiedergeborenen Land, beschützt von seinem Sohn und seinem Bruder. Sie würden zu gegebener Zeit nach Amerika zurückkehren, mit aufrechtem Gang und stolzem Blick, wie es sich für Repräsentanten seiner Nation gehörte, sagte sich Sato. Er bedauerte, daß er dem Militär nicht mehr angehörte, das allen diesen wiedererwachten Stolz auf sein Land nahebringen würde, aber er hatte vor sehr langer Zeit eine Fehlentscheidung getroffen, und es war nun zu spät, sie zu korrigieren. Also würde er seinen geringen Beitrag zum großen Wandel der Geschichte leisten, indem er dieses Flugzeug so gut wie möglich flog.
Yamata erfuhr es früh am Morgen des Tages, an dem er nach Saipan zurückkehren wollte, um seinen Wahlkampf für den Posten des Gouverneurs der Insel zu eröffnen. Er und seine Kollegen
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