08 - Ehrenschuld
Trailer im Inneren des östlichen Hangars waren mit einem dicken schwarzen Koax-Kabel verbunden. Ein weiteres Kabel führte nach draußen zu einem tragbaren Satellitenanschluß, der genauso bewacht wurde.
»Okay, dann wollen wir es mal rotieren lassen«, sagte ein Sergeant. Ein russischer Offizier beobachtete sie - das Protokoll verlangte, daß die Amerikaner einen Beobachter hereinließen; dieser war bestimmt Nachrichtenoffizier -, als das gerasterte Bild auf dem Computerschirm sich wie auf einem Grammophon drehte. Dann bewegte sich das Bild durch eine vertikale Achse, als liefe es senkrecht über dem vorherigen nach oben. »Das wär's«, bemerkte der Sergeant, schloß das Bildschirmfenster und rief den Befehl UPLOAD auf, um das Programm auf die drei stillstehenden Hubschrauber zu überspielen.
»Was haben Sie da gerade gemacht? Darf ich das fragen?« wollte der
Russe von ihm wissen.
»Sir, wir haben gerade den Computern beigebracht, wonach sie
Ausschau halten müssen.« So korrekt diese Antwort auch war, für den
Russen ergab sie keinen Sinn.
Die Aktivitäten in dem zweiten Lastwagen waren leichter zu verstehen.
Gestochen scharfe Fotos mehrerer hoher Gebäude wurden gescannt und
digitalisiert, ihre Standorte mit einer Abweichung von wenigen Metern
einprogrammiert und mit anderen Fotos verglichen, die aus einem sehr
steilen Winkel aufgenommen waren, der für Satellitenkameras typisch war.
Der Offizier kam nahe heran, um die Schärfe der Bilder besser beurteilen zu
können. Das löste bei dem ranghöchsten amerikanischen Offizier Unbehagen aus, aber er hatte strikte Anweisung, alles zu unterlassen, was
die Russen in irgendeiner Form beleidigen könnte.
»Sieht aus wie ein Apartmenthaus, nicht?« fragte der russische Offizier
aus purer Neugier.
»Ja«, erwiderte der amerikanische Offizier. Trotz aller Gastfreundschaft,
die ihnen allen hier zuteil geworden war, überkam ihn eine Gänsehaut.
Befehl hin, Befehl her, es war ein Verbrechen, überhaupt irgend jemandem,
der nicht ausdrücklich dafür autorisiert worden war, so etwas zu zeigen
selbst einem Amerikaner.
»Wer wohnt dort?«
»Ich weiß es nicht.« Worum kann dieser Kerl nicht einfach
verschwinden?
Bis zum Abend war auch der Rest der Amerikaner wieder wach und auf
den Beinen. Unerklärlicherweise sah ihr Haar struppig aus, gar nicht wie bei
Soldaten, und sie fingen an, an der Sicherheitszone der Hauptlandebahn
entlang zu joggen. Einige Russen machten mit, und es entstand eine Art
Wettrennen, bei dem beide Gruppen in Formation liefen. Was freundlich
anfing, wurde bald zu einem erbitterten Wettstreit. Es wurde schnell
deutlich, daß die Amerikaner Elitetruppen angehörten und gewohnt waren,
immer die Besten zu sein, wogegen die Russen ihren Stolz und den Vorteil
der besseren Akklimatisierung setzten. Spetsnaz, raunten die Russen
einander bald atemlos zu, und weil Werino ein langweiliger Stützpunkt war
und einen strengen Kommandanten hatte, waren sie fit genug, um sich nach
zehn Kilometern noch behaupten zu können. Danach mischten sich die
beiden Gruppen lange genug, um festzustellen, daß die Sprachbarriere eine
Unterhaltung weitgehend unmöglich machte, aber die Anspannung der
Besucher war auch ohne Worte deutlich zu erkennen.
»Komische Dinger«, sagte Chavez.
»Gut für uns, daß sie gerade diesen Ort ausgesucht haben.« Sie waren
wieder auf Nummer Sicher gegangen, dachte John. Genau wie die
Jagdflugzeuge und Bomber in Pearl Harbor, die alle zentral
zusammengefaßt worden waren, um sie vor Sabotage oder irgendeinem
anderen Unsinn zu bewahren. Vielleicht spielte auch die Verfügbarkeit an
einem einzigen Ort eine Rolle, aber sie waren ursprünglich nicht für diesen
Stützpunkt gedacht gewesen, und die Hangars waren für sie zu klein.
Deshalb standen sechs E-767-Maschinen einfach draußen im Freien, in drei Kilometer Entfernung, und sie waren durch ihre merkwürdige Form gut zu erkennen. Noch besser war, daß das Land zu viele Bewohner hatte, um einen Stützpunkt richtig zu isolieren. Beim Bau von Flugfeldern und Städten im Flachland spielen dieselben Faktoren eine Rolle, aber meist wuchsen die Städte zuerst. Ringsherum gab es überall Fabrikgebäude, und an jeder Seite des beinahe rechteckigen Luftwaffenstützpunktes führte eine Fernstraße entlang. Der nächste Schritt mußte also sein, die Bäume auf die Windrichtung hin zu betrachten. Nordwest. Hereinkommende Flugzeuge würden von Südost zur Landung ansetzen. Jetzt mußten sie nur noch einen
Weitere Kostenlose Bücher