08 - Ehrenschuld
hatten es aus den Büros der Regierung erfahren. Alles, was über Gotos Tisch und den des Außenministers ging, kam auch zu ihnen. Das war gar nicht so schwierig. Das Land veränderte sich. Es war nun an der Zeit, daß die Leute, die an den wirklichen Hebeln der Macht saßen, so behandelt wurden, wie es ihnen ihrem Wert nach zustand. Zu gegebener Zeit würden die einfachen Leute das besser verstehen, und bis dahin würden sie auch bemerken, auf wen es in ihrem Land wirklich ankam. Das gaben mittlerweile sogar die Bürokraten zu, wenn auch etwas verspätet.
Koga, du Verräter, dachte der Industrielle. Es kam nicht gänzlich unerwartet. Der frühere Ministerpräsident hatte so eine törichte Vorstellung von der Reinheit des Regierens; er glaubte tatsächlich, man müsse sich um die Zustimmung der arbeitenden Bevölkerung bemühen. Typisch für seine Weltanschauung war, daß er wegen einer Sache, die niemals wirklich existiert hatte, sentimentale Anwandlungen bekam. Natürlich brauchten politische Persönlichkeiten Führung und Unterstützung von Leuten wie ihm. Natürlich war es normal für sie, ihren Vorgesetzten angemessen, würdevoll und mit Ehrerbietung entgegenzutreten. Was taten sie schon, außer den Wohlstand zu erhalten, den andere Leute, wie Yamata und seinesgleichen, für das Land so hart erarbeitet hatten? Wenn Japan sich auf seine Regierung verlassen hätte, um die Versorgung der einfachen Leute zu sichern, wo wäre das Land jetzt? Aber alles, was Leute wie Koga hatten, waren Ideale, die einen nicht weiterbrachten. Die einfachen Leute - was wußten die schon? Was taten die denn? Sie wußten und taten, was ihre Vorgesetzten ihnen sagten, und indem sie das taten, ihre Stellung im Leben akzeptierten und die ihnen zugewiesene Arbeit machten, hatten sie für sich und für ihr Land Fortschritte erzielt. War das nicht simpel genug?
Japan hatte die klassische Zeit, in der das Land von Adelsgeschlechtern regiert worden war, hinter sich gelassen. Dieses Herrschaftssystem hatte zwei Jahrtausende überdauert, aber es paßte nicht ins industrielle Zeitalter. Nein, die Männer seines Schlages, die sich ihren Platz und ihre Macht erworben hatten, die sich von unten hochgearbeitet hatten und sich dabei durch Fleiß und Intelligenz auszeichneten (ein bißchen Glück gehörte dazu, das gestand er sich ein) - sie waren aufgestanden, um eine Macht auszuüben, die sie wirklich verdient hatten. Sie waren es, die Japan zu dem gemacht hatten, was es heute war. Sie hatten eine kleine Inselnation aus Schutt und Asche zu einer industriellen Vormachtstellung geführt. Sie hatten eine der Weltmächte gedemütigt, würden bald eine weitere demütigen, dabei ihr Land an die Spitze der Weltordnung führen und erreichen, was verknöcherte Militärs wie Tojo nicht geschafft hatten.
Koga hatte nichts anderes zu tun, außer ihnen aus dem Weg zu gehen oder sich zu fügen, wie Goto es gelernt hatte. Aber er tat weder das eine noch das andere. Und jetzt schmiedete er ein Komplott, um seinem Land die historische Gelegenheit zu wahrer Größe zu verderben. Warum? Weil es nicht in seine törichten Vorstellungen von richtig und falsch paßte oder weil es gefährlich war - als ob man wirkliche Erfolge jemals ohne Gefahr erringen könnte.
Das konnte er wirklich nicht zulassen, sagte sich Yamata und griff nach seinem Telefon, um Kaneda anzurufen. Selbst Goto könnte davor zurückschrecken. Diese Angelegenheit sollte er besser intern regeln. Dabei konnte er sich gleich daran gewöhnen, seine persönliche Macht einzusetzen.
In der Fabrik in Northrop hatte man das Flugzeug auf den Spitznamen Gürteltier getauft. Obwohl ihr Flugwerk so windschnittig war, als hätte die Natur die Form für einen Seevogel entwickelt, war die B-2A nicht, was sie schien. Die stahlgrauen Teile, die den äußeren Rumpf ausmachten, waren nur ein Teil der im Flugzeug eingebauten Tarntechnik. Die Metallstruktur im Inneren war winkelförmig und segmentiert wie das Facettenauge eines Insekts, um die Radarstrahlen besser umlenken zu können und durch diese Richtungsänderung den Sender zu überlisten. Die anmutige äußere Hülle war konstruiert, um möglichst wenig Windwiderstand zu bieten und dadurch Reichweite und Treibstoffnutzung zu vergrößern. Und es funktionierte.
Das 509. Bombengeschwader hatte auf dem Luftwaffenstützpunkt Whiteman in Missouri jahrelang ungestört gearbeitet und ohne großes Aufhebens seine Übungsaufgaben erledigt. Die Bomber waren ursprünglich
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