08 - Ehrenschuld
sei -, und zeigte nun Verbitterung darüber, daß Adler als Gegenleistung für diese freundliche Geste nicht seinerseits etwas anbieten wollte. Hatte er noch eine Karte, die er ausspielen konnte? Falls ja, würde er sie nicht auf den Tisch legen, bevor Adler ihm nicht etwas gezeigt hatte.
»Wir sind natürlich erfreut zu hören, daß Ihr Land Wahlen unter internationaler Aufsicht durchführen will und Sie zusagen, sich der Wahlentscheidung zu beugen, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß wir über souveränes Territorium mit einer Bevölkerung sprechen, die sich bereits aus freien Stücken für einen politischen Anschluß an die Vereinigten Staaten entschlossen hat. Leider wird unsere Möglichkeit, Ihr Zugeständnis als solches zu akzeptieren, von der Situation zunichte gemacht, durch die es erst ermöglicht wird.«
Der Botschafter hob die Hände, unglücklich über diese diplomatisch verschlüsselte Beschuldigung, ein Lügner zu sein. »Wie können wir uns verständlich machen?«
»Indem Sie die Inseln jetzt räumen natürlich«, erwiderte Adler. Aber er hatte bereits ein Zugeständnis gemacht. Er hatte zugegeben, daß Amerika nicht gänzlich unzufrieden mit der japanischen Zusage war, Wahlen abzuhalten. Damit hatte er dem Botschafter etwas gegeben. Nicht viel und ganz bestimmt nicht so viel, wie er sich wünschte - Akzeptanz der Wahlen als Entscheidung über das Schicksal der Inseln -, aber immerhin etwas. Die gegenseitigen Positionen wurden noch ein weiteres Mal zum Ausdruck gebracht, bevor eine Pause an diesem Morgen allen die Gelegenheit gab, sich etwas die Beine zu vertreten.
Die Terrasse war wie zuvor kalt und windig. Adler und der Botschafter zogen sich auf gegenüberliegenden Seiten der obersten Etage zurück, die im Sommer als Freiluftrestaurant diente. Die Mitglieder des Stabes kamen zusammen, um gemeinsam Vorschläge zu erörtern, von denen der jeweilige Chefunterhändler offiziell besser nichts wußte.
»Nicht gerade ein überwältigendes Zugeständnis«, stellte Nagumo fest, während er an seinem Tee nippte.
»Sie können froh sein, überhaupt soviel zu kriegen; außerdem wissen wir ja, daß nicht alle in Ihrer Regierung Ihre Schritte unterstützen.«
»Ja«, erwiderte Seiji. »Das wissen Sie von mir.«
Chris Cook kämpfte gegen die Versuchung an, nach Lauschern Ausschau zu halten. Das wäre nun doch zu theatralisch gewesen. Statt dessen nahm er einen Schluck von seinem Kaffee und schaute nach Südwesten, zum Kennedy-Center. »Es hat informelle Kontakte gegeben.«
»Mit wem?«
»Koga«, sagte Cook leise. Wenn Adler schon nicht anständig spielen durfte, konnte er es wenigstens tun.
»Ah. Ja, es ist logisch, mit ihm Kontakt aufzunehmen.«
»Seiji, wenn wir es richtig anfangen, gehen wir beide als Helden aus dieser Sache hier heraus.« Und das wäre doch die ideale Lösung für alle.
»Welche Art von Kontakte?« fragte Nagumo.
»Ich weiß nur, daß sie sehr unregelmäßig sind. Jetzt muß ich Sie etwas fragen: Ist Koga der Anführer der Opposition, dem Sie berichten?«
»Er ist einer davon, sicher«, erwiderte Nagumo. Das war die perfekte Information. Die Amerikaner machten nur sehr wenig Zugeständnisse, und der Grund dafür war jetzt auch klar: Sie hofften, daß Gotos wacklige parlamentarische Koalition im Laufe der Zeit unter der Last der Unsicherheit zusammenbrechen würde. Und alles, was er tun mußte, war, die Amerikaner mürbe zu machen und so die Position seines Landes durchzusetzen ... ja, eine elegante Lösung. Und Chris' Vorhersage mit dem heroischen Ende würde dann ja auch halb zutreffen, oder?
»Gibt es noch andere?« fragte Cook. Die Antwort kam automatisch und war vorhersagbar gewesen.
»Natürlich gibt es noch andere, aber ich wage nicht, Ihnen die Namen preiszugeben.« Naguma dachte die Sache nun durch. Wenn die Amerikaner auf die politische Subversion in seinem Land bauten, mußte das bedeuten, daß ihre militärische Position schwach war. Das waren wirklich hervorragende Neuigkeiten.
Das erste KC-10-Tankflugzeug verließ Elmendorf und traf sich mit der C-5 östlich von Nome. Es dauerte ein paar Minuten, bis der Wind konstant genug für das Manöver war. Aber selbst dann war es schwierig, diesen Akt zu vollziehen, der so ziemlich das Unnatürlichste sein mußte, was ein Mensch sich vorstellen konnte: zwei mehrere Tonnen schwere Flugzeuge, die sich in der Luft verbanden wie Libellen. Es war um so gefährlicher, als der C-5-Pilot kaum mehr als die Nase des Tankflugzeuges
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