08 - Ehrenschuld
ihnen gnädig«, sagte Chavez auf englisch. Es war ihm damit
verdammt ernst.
Zwei Stunden später überflog ein KH-11 das Gebiet, und seine Infrarotkameras scannten unter anderem das gesamte Gebiet von Tokio und seiner Umgebung. Die Bildaufklärungsexperten im National Reconnaissance Office entdeckten die beiden Schwelbrände und die ringsherum verstreuten Flugzeugteile sofort. Zwei E-767 waren über den Jordan gegangen, stellten sie mit einer gewissen Befriedigung fest. Die Experten gehörten zum Großteil der Luftwaffe an, und fern von dem damit verbundenen Blutbad, sahen sie nur zwei zerstörte Ziele.
Die Bilder wurden zeitgleich an mehrere Bestimmungsorte übertragen. In der Abteilung J-3 des Pentagons war man der Ansicht, daß die erste Aktion der Operation ZORRO wie geplant verlaufen war. Man hätte auch wie erhofft sagen können, aber damit würde man vielleicht Unglück heraufbeschwören. Die CIA schien also doch nicht ganz nutzlos zu sein.
In Pearl Harbor war es dunkel. Es hatte zehn Stunden gedauert, das Trockendock zu fluten; dadurch hinkten sie dem Zeitplan weit genug hinterher, um in den kritischen Bereich zu kommen, aber in Kriegszeiten änderten sich die Vorstellungen davon, was gefährlich war und was nicht. Mit Hilfe zweier Hafenschlepper fuhr die John Stennis durch das geöffnete Tor aus dem Dock, drehte ab und ließ die Enterprise hinter sich. Der nervöse Hafenlotse brachte das Schiff in Rekordzeit aus dem Hafen und wurde von einem Hubschrauber wieder an Land gebracht. Vor Mitternacht war die Johnnie Reb bereits in offenen Gewässern abseits der normalen Schiffahrtsrouten auf dem Weg nach Westen.
Das Hauptquartier in Tokio schickte unmittelbar ein Aufklärungsteam an die Unfallstelle. Die Gruppe bestand aus Zivilangestellten und Militärangehörigen, wobei die ersteren mehr Erfahrung mitbrachten, da es sich eigentlich um ein Verkehrsflugzeug handelte, das zur militärischen Nutzung umgebaut worden war. Der Flugschreiber der Kami fünf, die »black box«, die ihrem Namen zum Trotz leuchtend orange war, wurde zum Glück innerhalb weniger Minuten gefunden; das Gerät der Kami drei zu entdecken erwies sich dagegen als schwieriger. Der erste Flugschreiber wurde zur Analyse nach Tokio ins Labor geschickt. Das japanische Militär stand aber noch vor einem viel schwierigeren Problem. Zwei ihrer zehn kostbaren E-767 waren zerstört, und eine weitere stand zur Überholung und für ein Upgrade der Radarsysteme im Hangar; nur sieben Maschinen waren einsatzfähig. Es war unmöglich, drei davon ständig im Einsatz zu haben. Das war eine einfache Rechenaufgabe. Jedes Flugzeug mußte gewartet werden, und die Besatzung mußte sich ausruhen. Selbst mit neun Maschinen, von denen drei ständig in der Luft waren, drei gewartet wurden und drei in Bereitschaft standen, war die Belastung für Menschen und Maschinen mörderisch. Es war auch eine Frage der Flugsicherheit. Ein Mitglied des Aufklärungsteams entdeckte die Flugtauglichkeitswarnung für die 767 und stellte fest, daß sie auch für das Modell galt, das die Japaner als Frühwarn- und Aufklärungsflugzeug einsetzten. Sofort wurden die Instrumentenlandesysteme deaktiviert, und natürlich nahmen die Zivilermittler zuerst an, daß die Flugbesatzungen, vielleicht erschöpft von den langen Aufklärungsflügen, das System für ihre Landeanflüge eingeschaltet hatten. Der leitende Offizier im Team war in Versuchung, sich dieser Meinung anzuschließen, aber etwas sprach dagegen: Die wenigsten Piloten mochten Instrumentenlandesysteme, und besonders Piloten der Luftwaffe wären die letzten, die die Verantwortung für ihr Flugzeug und ihr Leben an etwas abgeben würden, das aus Mikrochips und Computerprogrammen bestand. Noch dazu hatte der Pilot, als man seine Leiche barg, die Hände am Steuerknüppel. Das ergab alles keinen Sinn, aber aufgrund der Indizien gab es nur eine Erklärung. Ein Softwarefehler vielleicht, irgendwo im System - eine törichte und ärgerliche Ursache für den Verlust zweier unbezahlbarer Flugzeuge, obwohl es natürlich solche Fälle im Zeitalter der computergesteuerten Flüge bereits gegeben hatte. Im Augenblick mußten sie sich damit abfinden, daß sie nur zwei Maschinen auf Kontrollflug schicken konnten, wobei eine dritte immer in Alarmbereitschaft gehalten wurde.
Die ELINT-Satelliten stellten fest, daß die Aufklärungsflüge der E-767 erst einmal ganz normal weitergingen, und nervöse Techniker bei der Luftabwehr und der NSA fragten sich, ob
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