08 - Ehrenschuld
Handbuch, daß sie die Befugnis hatte, eine reguläre NTSBUntersuchung einzuleiten. Vom National Transportation Safety Board hörte man in der Regel, daß er Flugzeugunfälle untersuchte, er kümmerte sich aber auch um außergewöhnliche Eisenbahn- und Straßenverkehrsunfälle, und auf seine Anforderung hin war jede Bundesbehörde verpflichtet, bei der Beschaffung von unumstößlichen Fakten mitzuwirken.
Einmal hatte Nicholson an einer solchen Untersuchung teilgenommen. Er schüttelte den Kopf. »Ma'am, mein Vorgesetzter wird Ihnen in jeder erdenklichen Weise zuarbeiten.«
»Vielen Dank.« Rebecca Upton hätte fast gelächelt, doch das war an diesem Ort unangebracht. »Wo sind die Überlebenden? Wir werden sie vernehmen müssen.«
»Der Rettungswagen hat sie nach Knoxville gebracht. Ich vermute, daß sie von dort mit dem Hubschrauber zu Shriners' geflogen wurden.« In dem Krankenhaus hatten sie eine hervorragende Station für Brandopfer. »Kann ich Ihnen sonst noch behilflich sein, Ma'am? Wir müssen die Straße bald räumen.«
»Seien Sie bitte vorsichtig mit den Autos, wir ...«
»Wir werden sie behandeln wie Beweismaterial, Ma'am«, versicherte Sergeant Nicholson dem gescheiten kleinen Mädchen mit väterlichem Lächeln.
Alles in allem, dachte Ms. Upton, kein schlechter Tag. Pech für die Fahrzeuginsassen, das verstand sich von selbst, und die Realität und das Grauen ihres Todes gingen ihr durchaus nahe, aber dies war ihr Job und ihre erste wirklich ernsthafte Aufgabe, seit sie in die Dienste des Verkehrsministeriums getreten war. Sie ging zu ihrem Wagen zurück, einem Nissan mit Hecktür, zog sich den Overall aus und statt dessen ihre NTSB-Windjacke an. Es war nicht besonders schwer, doch zum ersten Mal, seit sie beim Staat angefangen hatte, hatte sie das Gefühl, wirklich einem wichtigen Team anzugehören, eine wichtige Arbeit zu verrichten, und sie wünschte, daß alle Welt erführe, wer sie war und was sie machte.
»Hi.« Upton drehte sich um und stand einem lächelnden Fernsehreporter gegenüber.
»Was wünschen Sie?« fragte sie barsch, denn sie hatte beschlossen, ganz geschäftsmäßig und amtlich aufzutreten.
»Können Sie uns etwas sagen?« Er hielt das Mikrofon gesenkt, und sein Kameramann war zwar in der Nähe, drehte aber im Augenblick nicht.
»Nur inoffiziell«, sagte Becky Upton nach kurzer Überlegung.
»Selbstverständlich.«
»Beide Benzintanks waren defekt. Deshalb sind die Leute umgekommen.«
»Ist das ungewöhnlich?«
»Sehr.« Sie machte eine Pause. »Es wird eine NTSB-Untersuchung geben. Dafür, daß das passiert ist, gibt es keine stichhaltige Erklärung. Zufrieden?«
»Und ob.« Wright schaute auf die Uhr. In zehn Minuten würde er wieder live auf Satellit sein, und diesmal würde er etwas Neues zu melden haben, und das war immer gut. Der Reporter ging mit gesenktem Kopf davon und formulierte seine neuen Ansagen für sein weltweites Publikum. Das war doch eine tolle Sache: Der National Transportation Safety Board würde das Auto des Jahres der Zeitschrift Motor Trend auf einen möglicherweise tödlichen Sicherheitsmangel hin untersuchen. Keine stichhaltige Erklärung für den Tod dieser Menschen. Er fragte sich, ob sein Kameramann dicht genug herankommen würde, um die leeren, verkohlten Kindersitze auf der Rückbank des einen Wagens zu zeigen. Prima Material.
Ed und Mary Patricia Foley waren in ihrem Büro im obersten Stockwerk der CIA-Zentrale. Ihr ungewöhnlicher Status hatte für einige architektonische und organisatorische Probleme in der Agency gesorgt. Mary Pat war diejenige, die den Titel Deputy Director of Operations trug, die erste Frau, die in Amerikas größter Spionagebehörde so hoch aufgestiegen war. Als erfahrene Auslandsagentin, die den erfolgreichsten Kontaktmann im Staatsdienst einer fremden Macht angeworben und geführt hatte, war sie die abenteuerliche, cowboyhafte Hälfte des besten Ehegattenteams, das die CIA je eingesetzt hatte. Ihr Mann Ed war unauffälliger, aber sorgfältiger in der Planung. Ihre taktischen und strategischen Fähigkeiten ergänzten sich hervorragend, und Mary Pat hatte zwar den Spitzenposten erlangt, aber gleich dafür gesorgt, daß sie einen Führungsassistenten erhielt, indem sie Ed in ihr Büro holte und ihn zu ihrem gleichberechtigten Mitarbeiter machte, für den die Bürokraten noch keinen Titel erfunden hatten. Man hatte die Wand durchbrochen und eine neue Tür eingebaut, damit er hereinspazieren konnte, ohne an der Sekretärin im
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