08 - Geheimagent Lennet und der Auftrag Nebel
Recht, Durst zu haben?«
»Aber ja, Monsieur, gewiß doch. Nur dürfen wir Ihnen keinen Alkohol ausschenken.«
»Na also, dann bringen Sie mir doch etwas anderes.
Das ist doch ganz einfach.«
Der Geschäftsführer war offenbar verblüfft. »Ich dachte, Sie wollten unbedingt Alkohol haben.«
»Aber keineswegs. Geben Sie mir einen Orangensaft, wenn das erlaubt ist.«
»Sofort, Monsieur!«
Der Geschäftsführer ging. Der Kellner brachte den Orangensaft. Monsieur Himbeer schob den winzigen Fotoapparat, mit dem er den Geschäftsführer fotografiert hatte, wieder in die Tasche zurück.
Fünf Minuten später trafen sich die beiden Geheimagenten auf der Straße. Es schneite nicht mehr, aber es war kalt und feucht, und der Schlamm reichte bis zu den Knöcheln.
»Zuerst mußt du dir jetzt ein Paar Galoschen kaufen«, sagte Phil. »Sonst hast du heute abend einen Schnupfen, und ich wäre den besten Mitarbeiter los, den ich jemals gehabt habe. Die Geschichte mit Fernandez hast du erstklassig geschaukelt. Er wird gerade verhört, und es scheint so, als sei er bereit, alles zu gestehen, was mit diesen Reisen ohne Paß zusammenhängt. Andererseits aber tut er so, als habe er keine Ahnung von der ,Katastrophe’. Und die Geschichte im ,Puszta’ ist ja auch prima abgelaufen. Wir haben das Foto des Geschäftsführers und lassen es jetzt vergleichen mit dem, was wir in unserer Kartei haben.«
»Aber dazu braucht man ja hundert Jahre.«
»Nicht im geringsten, mein Alter. Das machen wir mit Elektronengehirnen, die besonders programmiert sind.
Aber jetzt gehen wir erst einmal zum Wagen.«
Phil setzte sich ans Steuer eines riesigen amerikanischen Straßenkreuzers und öffnete Lennet die Tür.
»Was hast du getan heute vormittag?«
»Ich war bei den Rechtsanwälten Pistchik, Grotius und Black, wie ausgemacht. Ich habe ihnen ein herrliches Märchen erzählt. Danach bin ich ein hoher kanadischer Beamter, aber ich habe Geld von einer ausländischen Macht genommen und soll dafür ein bißchen Agent spielen. Und ich habe die Leutchen gefragt, ob sie mich im Notfall verteidigen würden.«
»Und?«
»Sie waren sehr ehrenhaft und empört. Vermutlich zeigen sie mich bei der Polizei an.«
Lennet lachte. »Anständige Leute also?«
»Es sieht ganz so aus.«
»Und das, obwohl ihre Note schlecht war.«
»Schlecht, aber nicht negativ. Die Note gibt ja nur an, daß wir keine Garantie für die Ehrenhaftigkeit haben.«
Lennet erzählte von seiner Begegnung mit Grigri. »Ich möchte bloß wissen, was für eine Note der Fotograf hat, bei dem sie arbeitet.«
Während er mit einer Hand den Wagen lenkte, blätterte Phil mit der anderen in einem Heft, das er aus der Tasche gezogen hatte.
»Jo Smuts, Fotograf, Note 40. Dieser Herr hat hier in Montreal seinen sehr guten Ruf. Er macht wohl die Hälfte aller offiziellen Fotos bei der Stadtverwaltung und bei der Großindustrie. Deine Kleine hat einen seriösen Chef.«
Nach einem kleinen Umweg über ein Kaufhaus und einem zweiten über das Hauptquartier der Berittenen Polizei, wo sie den Film mit dem Foto des Geschäftsführers abgaben und sich über den neuesten Stand des Verhörs erkundigten, gingen sie zum Mittagessen in ein Restaurant.
»Fernandez redet, er schüttet sich geradezu aus«, meldete Phil. »Seine Sekretärin bestätigt alles, was er sagt. Und wir sind mit unserer berühmten ,Katastrophe' immer noch dort, wo wir waren.«
Nach einem herrlichen Mittagessen trennten sie sich wieder. Phil sollte dem Reklamefritzen Austin und dem Schallplattenhändler Hermann Fluss einen Besuch abstatten, während Lennet sich um das Detektivbüro »Argusauge« und das Büro für Öffentlichkeitsarbeit,
»Osmose«, kümmern sollte.
Phil stieß bei Austin, wo er sich als Angestellter eines Uranwerkes ausgab und durchblicken ließ, daß er beliebig Informationen über die Technik der Uran-Anreicherung beschaffen könne, auf so wenig Interesse, daß diese Firma aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen werden konnte. Zumindest für Industriespionage hatte man dort nichts übrig.
Unterdessen ging Lennet mit einer Baskenmütze auf dem Kopf, um damit »französischer« zu wirken, zum Detektivbüro »Argusauge«.
»Nimm dich vor den Privatdetektiven in acht. Sie sind brutal und treiben ein ziemliches Unwesen in diesem Land«, hatte Phil gewarnt.
Nun, die Empfangsdame hatte nichts Brutales an sich.
Lennet hätte sie sogar für hübsch halten können, wenn es ihm gelungen wäre, unter der dicken
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