08 - Geheimagent Lennet und der Auftrag Nebel
Schminke, die wie eine Maske auf ihrem Gesicht lag, ihre Gesichtszüge zu erkennen. An ihrer Hemdbluse trug sie eine Anstecknadel in der Form eines menschlichen Auges.
»Kann ich etwas für Sie tun, Monsieur?« fragte sie mit einem berufsmäßigen Lächeln.
»Ich hoffe es«, sagte Lennet. »Ich möchte sagen: ich rechne sogar damit.«
Sie klapperte mit den Lidern, was besonders wirkungsvoll war, da die Büschel, die sie sich als Wimpern angeklebt hatte, mindestens drei Zentimeter lang waren.
»Sind Sie angemeldet?«
»Nein, Mademoiselle.«
»Wollen Sie, daß unser Büro einen Auftrag für Sie ausführt?«
»Nein, Mademoiselle.« Wieder klapperten die Wimpern.
»Ach, ich verstehe. Sie sind Vertreter. Es tut mir leid, aber wir brauchen nichts.«
»Nein, Mademoiselle, ich bin kein Vertreter.« Die Vorzimmerdame, die sich von Berufs wegen über nichts wunderte, begann langsam ihren Besucher ein wenig sonderbar zu finden.
»Monsieur«, sagte sie, jetzt sah das Augenklappern etwas ungnädig aus, »Monsieur, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß ich arbeiten muß. Und wenn Sie nur hierhergekommen sind, um etwas Zeit totzuschlagen…«
»Nein, Mademoiselle. Ich wollte in Ihrem Detektivbüro um eine Anstellung bitten.«
»Eine Anstellung? Wissen Sie denn überhaupt, wo Sie sind?« Mit beredter Geste wies sie auf die getäfelten Wände, wo in Abständen immer wieder ein schwarzes Auge aus Plastik zu sehen war. Die Inschrift lautete: Argusauge weiß alles.
»Ja«, sagte Lennet. »Ich suche eine Stellung als Detektiv.«
»In Ihrem Alter?«
»Man kann nie zu früh anfangen.«
Die Empfangsdame stieß einen Seufzer aus, der ebenso gekünstelt klang wie ihre ganze Erscheinung.
Sogar die Handbewegung, mit der sie auf einen Tisch wies, sah gekünstelt aus. »Setzen Sie sich, füllen Sie eine Anmeldung aus.«
Sie gab ihm einen Bogen, der sich als Anstellungsgesuch herausstellte. Man sollte alle möglichen Fragen beantworten. Wo man her war, was die Vorfahren waren, was man für Begabungen hatte, aus welchen Gründen man Detektiv werden wollte, wer einem Empfehlungen geben konnte… Das alles war natürlich für Lennet kein Kunststück, denn er hatte immer eine Anzahl verschiedener Lebensläufe im Kopf. Er füllte den Bogen gewissenhaft aus und reichte ihn hinüber.
»Wir rufen Sie dann an«, sagte sie.
Aber er bestand darauf, jetzt beim Direktor vorgelassen zu werden. Er wollte wissen, ob es überhaupt eine Möglichkeit gebe. Endlich gab sie nach und drückte den Knopf der Sprechanlage. Ob Herr Klump wohl eine Minute Zeit habe, einen neuen Mann anzusehen? Eine tiefe Stimme erwiderte: »Ja, schicken Sie ihn herein.«
Die Empfangsdame führte den schüchternen Bittsteller in ein großes Büro, wo am Schreibtisch unter einem Leuchter, auch in Form eines menschlichen Auges, ein Koloß von einem Mann mit glattrasiertem Schädel saß.
»Guten Tag, Monsieur Lump«, sagte Lennet und setzte sich in einen Sessel.
Klump rang nach Luft.
»Hier«, sagte Lennet, ehe sich der andere wieder fassen konnte. »Geben Sie das Ihrer Empfangsdame zurück.«
Und er warf lässig eine Anstecknadel in Form eines menschlichen Auges auf den riesigen Schreibtisch.
»W… wie kommen Sie dazu?« stotterte der Direktor.
»Ich habe es ihr geklaut«, sagte Lennet gleichmütig.
Dann überging er wie selbstverständlich seine kleine Heldentat und legte mit den Informationen los, die Phil ihm gegeben hatte: »Das war nur eine ganz kleine Probe meiner Fähigkeiten. Ich kann Ihnen aber auch Ihre persönliche Adresse sagen: Schneehügel 4800, Ihre Telefonnummer: 37 88 64, die Namen Ihrer Stellvertreter: Monsieur Gordon und Monsieur Chang…«
Während er sprach, erhob sich Lennet, ging um den Schreibtisch herum und lehnte sich elegant dagegen. Er deutete mit dem Zeigefinger leicht gegen die Brust des Direktors.
»Gut, gut, nicht schlecht«, sagte Monsieur Klump und lehnte sich zurück. »Ich sehe, daß Sie sich die Mühe gemacht haben, im Telefonbuch nachzusehen.«
Lennet lächelte. »Irrtum, Monsieur Lump. Sie haben doch eine Geheimnummer, und die steht nicht im Telefonbuch.«
»Schön. Und was wollen Sie mit all dem beweisen?«
»Einfach, daß ich fähig bin, für Ihr Büro zu arbeiten.«
»Ihnen liegt wohl viel daran, scheint mir.« Monsieur Klump hatte sich wieder vorgebeugt und betrachtete mit einer Mischung aus Schreck und Bewunderung den kleinen Blonden, der sich da an seinen Schreibtisch lehnte. Monsieur Klump war offenbar
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