08 - Geheimagent Lennet und der Auftrag Nebel
die großen Fotografien gebraucht wurde, steckte die beschriebenen Blätter hinein und beschwerte das Päckchen mit der Heftmaschine von Smuts. Dann band sie alles zusammen und warf diese »Flaschenpost« durch das Loch, das Phil in die Scheibe geschnitten hatte.
Während sie damit beschäftigt war, sah Lennet Bewegungen hinter der Scheibe in der Tür. Man hörte Stimmen, Schatten glitten vorbei.
»Verschwindet oder ich schieße!« schrie Lennet.
Statt einer Antwort erlosch das Licht, das bisher den Korridor erleuchtet hatte. Damit verloren die Belagerten einen wichtigen Trumpf. Denn nun konnten sich die Gegner von der Tür bewegen, ohne gesehen zu werden.
Im gleichen Augenblick gab es einen lauten Krach hinter Lennet, und Grigri stieß einen Schrei des Schreckens aus.
Schritt für Schritt hatte sich Phil an der Fassade entlang gearbeitet.
Ich muß mich in acht nehmen, wenn ich an die Ecke komme, dachte er. Es kann sein, daß der Wind dort von einer ganz anderen Seite kommt.
Aber der Wind war dort weniger stark und die Luft auch nicht mehr ganz so eisig. Phil arbeitete sich bis zum nächsten Fenster heran und benützte dann wieder seinen Glasschneider. Nach fünf Minuten war es geschafft. Phil kletterte durch das Loch in der Scheibe in den Raum.
Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Der Spaziergang auf dem Gesims war selbst für einen so kühnen und abgehärteten Mann wie ihn eine harte Strapaze gewesen.
Nachdem er sich ein paar Sekunden lang erholt und seine halberfrorenen Ohren gewärmt hatte, sah Phil sich um. Er befand sich in einem Büro, das genauso aussah wie die anderen auch. Hier herrschte Grabesstille. Nur ein schwach erleuchtetes Rechteck gab einen Schimmer von Licht: die Glastür, die auf den erleuchteten Gang ging.
Auf Zehenspitzen ging Phil zur Tür. Er drehte den Türknauf und öffnete sie. Von innen ließen sich diese Türen ohne Schlüssel aufmachen.
Niemand war auf dem Gang. Genau gegenüber war eine Tür mit der Aufschrift »Exit« (Ausgang). Es war die Tür zur Treppe. Geräuschlos öffnete er die Tür und befand sich in einem zementierten Treppenaufgang. Er lief vorsichtig und auf jedes mögliche Geräusch achtend drei Stockwerke hinab. Aber Sicherheit allein zählte jetzt nicht: Er mußte sich beeilen. So wagte er sich auf den Gang hinaus und ging durch das helle Licht bis zu den Aufzügen. Der Gang war leer und wie ausgestorben.
Vor den Aufzügen verbrachte Phil die längste Minute seines Lebens, während er auf den Lift wartete und wie ein Luchs nach rechts und links in den leeren Gang spähte.
Dann der leise Glockenton, der den Lift meldete. Phil ging zurück. War der Aufzug leer?
Er war leer. Phil trat ein und drückte die Zahl 15. Dort wechselte er den Lift und fuhr in die dritte Etage hinunter.
Dort stieg er aus und ging die letzten drei Stockwerke zu Fuß hinab, weil er sich sagte, daß die Aufzüge im Erdgeschoß sicher bewacht würden.
Ehe er die Tür öffnete, die in die Halle führte, dachte Phil kurz nach. Auf allen vier Seiten des Gebäudes kam man aus dem Haus, auf dreien direkt, auf der vierten durch das Restaurant »Puszta«.
Wenn nun die drei Ausgänge zur Straße verschlossen waren, was nicht selten in kanadischen Häusern vorkommt, konnte er es dann frech wagen, durch das Restaurant zu gehen, das ja ein Schlupfwinkel der Banditen war?
Zentimeter für Zentimeter öffnete Phil die Tür.
Die große Halle war leer, aber bei dem schwachen Licht, das hier herrschte, konnte man nicht sicher sein.
Gewaltige Glaswände trennten Phil von der Freiheit.
Er machte einen Schritt, einen zweiten. Nichts bewegte sich. Geschmeidig wie eine Raubkatze überquerte Phil die Strecke bis zur nächstgelegenen Tür. Sie war verschlossen. Sollte er versuchen, sie mit Gewalt aufzubrechen, auch auf das Risiko hin, dabei bemerkt zu werden?
Nein, es war wohl vernünftiger, es erst an den anderen Türen zu probieren. Die zweite war ebenfalls verschlossen.
Phil ging zum Restaurant »Puszta«. Auf einem Zettel stand »Geschlossen«. Die Tür war zu. Im Vorbeigehen hatte Phil bemerkt, daß die Tür des einen Aufzugs halb offen war und daß drinnen Dunkelheit herrschte. Vielleicht war ein Mann im Aufzug verborgen? Aber er mußte das Risiko auf sich nehmen. Er hatte keine andere Wahl. Er lief zur dritten Tür. Und während er versuchte, den Türgriff zu drehen, bemerkte er in der Glasscheibe eine Bewegung hinter sich.
Er fuhr herum.
Aus dem Aufzug kam ein Mann, ein zweiter aus
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