08 - Geheimagent Lennet und der Auftrag Nebel
andere war wohl Hauptmann Kapitän Moser. Aber in diesen vierundzwanzig Stunden hatte sich sein Gesicht so verändert, als sei er schwer krank und habe sechs Monate im Bett gelegen. Seine Stirn war außerdem mit Heftpflaster verklebt. Seine Wangen waren eingefallen, sein Schnurrbart, auf den er so stolz war, hing herab wie nasses Heu, seine Augen glitzerten wie die eines Wahnsinnigen.
Lennet ballte die Fäuste, als er sah, was die Gegenseite mit seinem Kollegen gemacht hatte.
Klump redete und redete wie ein Fernsehsprecher.
Während er zuhörte, versuchte sich Lennet vorzustellen, wo sich die Szene, die er im Apparat sah, abspielen mochte. Aber der Tisch glich allen Tischen und die Wände waren wie alle anderen Wände auch. Moser schien sich frei bewegen zu können. Nichts wies darauf hin, daß hinter der Kamera seine Peiniger mit Waffen standen.
»Mein lieber Monsieur Martin«, sagte Monsieur Klump.
»Ich danke Ihnen, daß Sie hier vor unserem kleinen privaten Fernsehen erschienen sind. Ich bin sicher, daß unser Zuschauer Ihnen dafür dankbar ist. Er wird vielleicht betroffen sein durch die kleine Verletzung, die Sie sich bei Ihrem kurzen Besuch bei uns zugezogen haben. Aber Sie müssen zugeben, daß Sie sich das selbst zuzuschreiben haben. Wenn Sie sich bereit erklärt hätten, mit uns zusammenzuarbeiten, wären wir der Notwendigkeit enthoben gewesen, darauf zu bestehen. Ich denke, daß es für unseren jungen Freund ganz heilsam sein mag, dies zu sehen. Was meinen Sie dazu?«
Moser antwortete nicht. Seine Augen waren starr auf die Kamera gerichtet und es schien, als wolle er durch diesen Blick etwas Bestimmtes sagen. Aber was?
»Das erste Zeichen von Zusammenarbeit, das Sie uns gegeben haben, ist, daß Sie sich bereit erklärt haben, sich an unserem Schauspiel zu beteiligen«, sagte Klump.
»Wollen Sie uns nicht sagen, warum Sie das getan haben?«
Moser sprach, und er bewegte seine Lippen nur mühsam. »Sie haben mir erklärt, in welcher Lage sich meine Freunde befinden. Da diese Lage verzweifelt ist, wollte ich alles tun, was ich kann, um ihr Leben zu retten.«
Ein sonderbarer Satz. Ein Satz, wie man ihn Moser nie zutrauen würde.
»Sehr schön«, sagte Monsieur Klump. »Wären Sie jetzt so freundlich, Ihren Freunden zu sagen, daß Sie unsere Gasvorräte gesehen haben?«
»Gewiß. Ich habe Kanister gesehen, und Sie haben mir gesagt, daß Sie mit Gas gefüllt seien.«
Die Augen Mosers waren auf die Kamera geheftet. Man hätte glauben mögen, daß er Lennet ebensogut sah wie dieser ihn. »Pardon, pardon«, sagte Klump. »Es stand auch darauf…«
Lennet glaubte in der Stimme des Mannes eine Drohung mitschwingen zu hören. »O ja«, sagte Moser ohne Überzeugung. »Es stand darauf.«
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Lennet hatte verstanden: Das Gas war eine reine Erfindung.
»Wären Sie so freundlich, Ihren Freunden das Abkommen zu erläutern, das ich Ihnen vorgeschlagen habe?« sagte Klump.
Einen Augenblick lang glitt der Blick Mosers zur Seite und heftete sich auf das Gesicht Klumps. Dann sah er wieder direkt in die Kamera.
»Hör zu, Kleiner, wenn ihr euch nicht bald ergebt, werden sie mit Gas anrücken«, sagte Hauptmann Moser
»Hör zu, Kleiner. Man schlägt uns folgendes vor: Ihr ergebt euch. Man verspricht euch, euch nicht zu verhören.
Man fragt euch lediglich nach euren Namen und nach der Organisation, zu der ihr gehört.«
»Nicht mehr«, ergänzte Klump.
»Nicht mehr. Man wird euch acht Tage lang einsperren, aber unter angenehmen Bedingungen. Die gleichen, in denen ich mich seit fünf Minuten befinde: ein angenehmes Bett, gutes Essen und eine anständige Flasche Wein. Wir werden zusammen eingesperrt, so daß wir Karten spielen und uns Geschichten erzählen können. Nach acht Tagen entläßt man uns alle drei. Natürlich braucht ihr diesen Herrn nicht auf ihr hübsches Gesicht hin zu glauben. Nur, ihr habt keine andere Wahl. Wenn ihr euch nicht bald ergebt, wird man euch mit Gas zu Leibe rücken und…
nun, wenn ihr davonkommt, habt ihr in vierundzwanzig Stunden genau so einen Kopf wie ich, verstanden?«
»Ich glaube, daß unser junger Freund Sie sehr gut versteht, mein lieber Martin«, sagte Klump.
»Ich würde übrigens«, fuhr Moser fort, »wieder der Behandlung unterworfen wie zuvor. Und ich schwöre dir, das ist nicht angenehm. Jetzt wirst du sicher fragen, warum man uns ein so großzügiges Angebot macht? Die Bedingungen scheinen dir sicher absurd. Nun, sie sind
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