08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
unbedachte Äußerung zurückzunehmen. Jenna tippte sich mit dem Finger seitlich an den Hals. „Als wir vorhin im Bett waren. Ich weiß nicht, was da über mich gekommen ist. Es ist wohl einfach mit mir durchgegangen, und ich hab ihn … gebissen. So fest, dass Blut kam.“
„Oh“, antwortete Alex langsam und musterte sie. „Und wie hat es sich angefühlt?“
Jenna stieß einen ärgerlichen kleinen Seufzer aus. „Verrückt. Impulsiv. Wenn du’s wirklich wissen willst, es war mir todpeinlich. Brock hat das offenbar auch so gesehen, danach konnte er sich nicht schnell genug davonmachen.“
„Hast du seither mit ihm gesprochen?“
„Nein, und ich hoffe, das bleibt mir erspart. Wie ich schon sagte, wahrscheinlich ist es das Beste, wenn er und ich die ganze Sache einfach vergessen.“
Aber selbst als sie es sagte, musste sie doch wieder zu dem Augenblick zurückzudenken, als sie gemerkt hatte, dass er noch einmal ins Zimmer gekommen war, nachdem sie geduscht und sich hingelegt hatte. Sie konnte nicht umhin, sich zu erinnern, wie verzweifelt sie sich gewünscht hatte, seine Stimme zu hören – dass er irgendetwas zu ihr sagte in diesen stillen Minuten, als er sie im Dunklen beobachtete und dachte, dass sie schlief und nicht wusste, dass er da war.
Und selbst jetzt, nachdem sie versucht hatte, sich und auch Alex davon zu überzeugen, dass sie die Sache mit Brock im Griff hatte, ließ die Erinnerung an ihre Leidenschaft ihr Herz schneller schlagen.
„Es war ein Fehler“, murmelte sie. „Ich werde es nicht noch schlimmer machen, indem ich mir vorstelle, dass es mehr war als das. Alles, was ich tun kann, ist, es nicht zu wiederholen.“
Sie klang so selbstsicher, Alex musste ihr das einfach glauben. Aber als sie jetzt zu ihrer Freundin hinübersah – ihrer besten Freundin, die ihr durch alle Triumphe und Tragödien ihres Lebens zur Seite gestanden hatte –, war ihr klar, dass Alex sie doch besser kannte.
„Na komm, Jen“, sagte sie sanft. „Räumen wir hier ab, und dann gehen wir mal und sehen, wie Dylan und die anderen mit ihren Ermittlungen weiterkommen.“
„Jetzt sitzen wir hier schon geschlagene fünfundzwanzig Minuten rum, Mann. Ich glaube, dein Typ kommt nicht mehr.“ Brock warf Chase vom Fahrersitz des geparkten Rover einen Blick zu. „Wie lange sollen wir noch auf dieses Arschloch warten?“
Chase starrte auf das leere, schneebedeckte Grundstück in Dorchester hinaus, wo ihr Treffen mit seinem ehemaligen Agenturkollegen hätte stattfinden sollen. „Ihm muss was dazwischengekommen sein. Mathias Rowan ist okay, der versetzt mich nie. Geben wir ihm noch ein paar Minuten.“
Brock stieß ein ungeduldiges Grunzen aus und drehte die Heizung des Geländewagens höher. Er war gar nicht begeistert gewesen, heute Nacht mit Chase auf Patrouille zu gehen, aber noch weniger passte ihm das Treffen mit einem Mitglied der Polizeibehörde des Stammes in der Stadt. Zwischen der Agentur und dem Orden herrschte lang gehegtes Misstrauen, beide Seiten waren sich uneinig darüber, wie Justiz und Strafvollzug im Vampirvolk gehandhabt werden sollten.
Wenn die Agentur früher einmal effektiv gewesen war, dann hatte Brock persönlich das nicht mehr mitbekommen. Die Organisation war schon lange in erster Linie politisch ausgerichtet und bevorzugte Techniken der Problembewältigung wie Arschkriecherei und Lippenbekenntnisse – Dinge, die im Regelbuch des Ordens fehlten.
„Mann, wie ich den Winter hasse!“, brummte Brock, als es draußen vor dem Rover nun ernsthaft zu schneien begann. Ein eisiger Windstoß rüttelte am Wagen und heulte schaurig über das leere Grundstück.
In Wahrheit hatte seine miese Laune vor allem damit zu tun, wie er die Sache mit Jenna vermasselt hatte. Er musste sich einfach die ganze Zeit fragen, wie es ihr ging, was sie dachte. Ob sie ihn jetzt verachtete, wozu sie alles Recht der Welt hatte. Er konnte kaum erwarten, dass seine Mission in dieser Nacht vorbei war, damit er zurück ins Hauptquartier fahren und sich davon überzeugen konnte, dass sie in Ordnung war.
„Dein Kontakt Rowan verarscht uns besser nicht“, knurrte er. „Ich sitze hier nicht für jeden im Kalten und frier mir die Eier ab – schon gar nicht für so einen selbstgerechten Agenturschnösel.“
Chase warf ihm einen vielsagenden Blick zu. „Ob du’s glaubst oder nicht, es gibt auch ein paar gute Leute in der Agentur. Mathias Rowan ist einer davon, er hält im inneren Zirkel seit Monaten Augen und Ohren für
Weitere Kostenlose Bücher