08 Geweihte des Todes - Adrian Lara
würdigte ihn kaum eines Seitenblicks. Brock folgte ihm, seine Muskeln zuckten kampfbereit, als er die bedrohliche Ausstrahlung der beiden Agenten registrierte, die gekommen waren, um ihnen die Stirn zu bieten.
„Meine Fresse, du bist es wirklich“, sagte derjenige, der Freyne hieß, die Lippen höhnisch gebleckt. „Wir dachten schon, wir sehen dich nie wieder, nachdem du letztes Jahr deinen Rogueneffen abgeknallt hast.“
Brock war angespannt, etwas überrumpelt von der absichtlichen Grausamkeit dieser Bemerkung. Empörung flammte in ihm auf, und doch wirkte Chase nicht überrascht. Er ignorierte den Spott, obwohl es ihn unglaubliche Selbstbeherrschung kosten musste – wie an seinem stählern zusammengepressten Kiefer zu sehen war, als er sich an seinen ehemaligen Kollegen vorbeidrängte und zum Tatort hinüberging.
Brock hielt Schritt mit Chase, ging durch das wirbelnde Schneegestöber an der getönten Scheibe einer wartenden Limousine vorbei, in der der Junge aus dem Dunklen Hafen wartete, der seinen Hunger nicht hatte beherrschen können. Brock spürte den Blick des jungen Stammesvampirs schwer auf sich lasten, als er und Chase an dem Wagen vorbeigingen und sich in der Scheibe spiegelten – zwei schwer bewaffnete Gestalten in schwarzen Drillichhosen und langen Ledermänteln, unverkennbar Mitglieder des Ordens.
Auf dem Boden bei dem Gebäude, wo der Kampf stattgefunden hatte, war der Schnee rot von Blut. Das in einen Leichensack verpackte Opfer wurde eben in ein weiteres Fahrzeug der Agentur verladen, das in der Nähe stand. Das Blut war tot und stellte weder Verlockung noch Nutzen mehr dar, aber sein kupfriger Geruch lag immer noch schwer in der kalten Luft, und Brocks Zahnfleisch kribbelte, als sich seine Fänge ausfuhren.
Hinter ihnen knirschten Schritte in Schnee und Kies. Freyne räusperte sich, offenbar konnte er die Sache nicht auf sich beruhen lassen. „Weißt du, Chase, mal ganz von Mann zu Mann: Niemand kann dir einen Vorwurf daraus machen, dass du den Jungen erschossen hast.“
„Agent Freyne“, sagte Mathias Rowan, eine Warnung, die unbeachtet blieb.
„Ist ja nicht so, dass er es nicht verdient hätte, was, Chase? Ich meine, Scheiße. Der Junge war ein Rogue, und die kann man nur auf eine einzige Art behandeln – wie tollwütige Hunde.“
So entschlossen der andere Agent auch schien, ihn zu provozieren – Chase schien genauso entschlossen, ihn auszublenden. „Da drüben“, sagte er zu Brock und zeigte auf eine deutliche Blutspur, die sich vom Tatort entfernte.
Brock nickte. Auch er hatte schon entdeckt, in welche Richtung der Zeuge geflohen war. Und so gern er sich Agent Freyne persönlich vorgenommen und dem selbstgefälligen Bastard einen ordentlichen Dämpfer verpasst hätte – wenn Chase ihn ignorieren konnte, würde Brock sein Bestes geben, es auch zu tun. „So wie’s aussieht, ist unser Zeuge auf die Docks zugerannt.“
Chase nickte. „Und bei der Menge Blut, die er verloren hat, ist er schon zu geschwächt, um weit zu kommen. Höchstens ein paar Hundert Meter, bis er vor Erschöpfung zusammenbricht.“
Brock sah zu Chase. „Also, wenn das ganze Gelände abgesucht wurde und keiner ihn gefunden hat …“
„Dann versteckt er sich noch irgendwo ganz in der Nähe“, beendete Chase den Satz.
Sie wollten sich gerade an die Verfolgung machen, als hinter ihnen Freynes Kichern ertönte. „Wenn du mich fragst, es war ein Gnadenakt, dem Jungen eine Kugel ins Hirn zu jagen. Aber man muss sich doch fragen, ob seine Mutter das auch so gesehen hat … schließlich musste sie ja mit ansehen, wie du direkt vor ihren Augen ihren Sohn getötet hast.“
Chase erstarrte. Brock sah zu ihm hinüber. In seinem zusammengepressten Kiefer zuckte ein Muskel, gefährlich schnell.
Während der Rest der kleinen Gruppe sich aus der unmittelbaren Nähe entfernte, trat Mathias Rowan vor seinen Agenten, er kochte förmlich vor Wut. „Verdammt noch mal, Freyne, Maul halten hab ich gesagt, das ist ein Befehl!“
Aber der Scheißkerl wollte einfach nicht aufhören. Er ging um seinen Vorgesetzten herum und stellte sich direkt vor Chase. „Elise kann einem wirklich leidtun, diese arme Frau. Zuerst vor all den Jahren deinen Bruder Quentin bei einem Einsatz zu verlieren, und dann nimmst du ihr auch noch direkt vor ihren Augen das einzige Kind. Da wundert einen nicht, dass sie sich anderswo nach Trost umgesehen hat – sogar bei dem Abschaum vom Orden.“ Freyne machte ein obszönes Geräusch in der
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