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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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erklärte die Schritte, die er unternommen hatte und warum er sie unternommen hatte. Als er fertig war, sagte er, den Blick noch immer fest auf die Fotografie gerichtet: »Das ist alles. Laß uns jetzt allein, Tommy.«
    Lynley wußte, daß es Zeit war nachzugeben. »Simon«, sagte er.
    Doch St. James ließ ihn nicht ausreden. »Geh jetzt.«
    Lynley tat es.

    Die Tür zum Arbeitszimmer war geschlossen. Sie war offen gewesen, als Deborah ihn ins Haus gelassen hatte, daher wußte er, daß sie mit Helen dorthin gegangen war. Ohne anzuklopfen, drehte er den Knauf.
    Deborah hockte mit gekrümmten Schultern, die Arme um sich geschlungen, auf dem Sitzkissen. Helen saß ihr gegenüber auf dem Sofa. Sie hielt ein Glas in der Hand.
    »Trink noch einen Schluck, Deborah«, drängte sie gerade, und Deborah antwortete: »Ich kann nicht.«
    »Helen«, sagte Lynley. Sofort wandte sich Deborah von der Tür ab. Helen stellte das Glas auf den Beistelltisch neben dem Sofa, berührte flüchtig Deborahs Knie und ging zu Lynley. Sie trat in den Korridor hinaus und schloß die Tür hinter sich.
    »Ich habe mich falsch benommen«, sagte Lynley. »Es tut mir leid.«
    Sie antwortete mit einem kühlen Lächeln. »Nein, es tut dir nicht leid. Aber ich hoffe, du bist vollauf zufrieden. Ich hoffe, es ist dir gelungen, deine Wut abzureagieren.«
    »Helen, verdammt noch mal. Hör mir doch zu.«
    »Sag mir nur eins. Gibt es sonst noch etwas, weswegen du uns anprangern möchtest, ehe du gehst? Es wäre doch schade, wenn du abziehen müßtest, ohne deinen offensichtlich heftigen Wunsch, mit uns ins Gericht zu gehen und den Unfehlbaren zu spielen, ausgelebt zu haben.«
    »Du hast überhaupt kein Recht, empört zu sein, Helen.«
    »Wie du kein Recht hattest zu verurteilen.«
    »Ein Kind ist tot.«
    »Das ist nicht unsere Schuld. Und ich weigere mich, Tommy, ich weigere mich, vor dir auf die Knie zu sinken und dich in deiner Selbstherrlichkeit um Vergebung zu bitten. Ich habe in dieser Situation nichts Unrechtes getan. Simon und Deborah ebensowenig.«
    »Abgesehen von deinen Lügen.«
    »Lügen?«
    »Du hättest mir am Mittwochabend die Wahrheit sagen können. Ich habe dich gefragt. Du hast gelogen.«
    Sie griff sich an den Hals. Im dämmrigen Licht des Korridors schienen ihre dunklen Augen noch dunkler zu werden.
    »Mein Gott«, sagte sie. »So ist das also. Du gemeiner Pharisäer. Ich kann es nicht glauben!« Ihre Hand ballte sich zur Faust.
    »Es geht hier gar nicht um Charlotte Bowen, stimmt's? Das hier hat überhaupt nichts mit Charlotte Bowen zu tun. Einzig meinetwegen bist du hergekommen und hast Gift und Galle gespuckt. Weil ich es gewagt habe, etwas in meinem Leben für mich zu behalten. Weil ich dir etwas verschwiegen habe, das zu erfahren du gar kein Recht hattest.«
    »Bist du wahnsinnig? Ein Kind ist tot! Tot, Helen, und ich darf wohl annehmen, du weißt, was das bedeutet. Was redest du da also von Rechten? Keiner außer dem Menschen, der in Gefahr ist, hat irgendein Recht, wenn ein Leben auf dem Spiel steht.«
    »Außer dir«, entgegnete sie heftig. »Außer Thomas Lynley.
    Außer Lord Asherton von Gottes Gnaden. Darum geht's dir doch: um deine gottgegebenen Rechte, und in diesem besonderen Fall um das Recht auf Wissen. Aber nicht um das Recht, von Charlotte Bowen zu wissen. Das ist nur das Symptom. Nicht die Krankheit.«
    »Verdreh das doch jetzt nicht zu einer Diagnose über unsere Beziehung.«
    »Ich brauche nichts zu verdrehen. Ich sehe es ganz klar.«
    »Ach ja?« fragte er. »Dann sieh dir auch den Rest an. Hättest du mit mir gesprochen, so wäre sie vielleicht noch am Leben. Sie wäre vielleicht zu Hause. Sie wäre ihrem Entführer entkommen und hätte nicht in einem Kanal ertrinken müssen.«
    »Nur weil ich dir nichts gesagt habe?«
    »Es wäre jedenfalls ein guter Anfang gewesen, wenn du mir etwas gesagt hättest.«
    »Die Möglichkeit gab es nicht.«
    »Es war die einzige Möglichkeit, um ihr Leben zu retten.«
    »Wirklich?« Sie wich zurück, mit einem Blick, den er nur als mitleidig interpretieren konnte. »Es wird dich überraschen, Tommy«, sagte sie, »und es tut mir beinahe leid, daß ich diejenige bin, die es dir sagen muß, da es sicher ein schwerer Schlag für dich sein wird: Du bist nicht allmächtig, und trotz deiner Neigung, so zu tun, bist du auch nicht Gott. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich möchte gern nach Deborah sehen.« Sie griff zum Türknauf.
    »Wir sind noch nicht fertig«, sagte er.
    »Du

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