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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bis über ihre schicken goldenen Ohrringe in der Sache dringesteckt, und Sie haben's nicht gewußt. Richtig? Na los. Hab' ich recht, Inspector? Und einzig darum wollen Sie jetzt zu Simon.«
    »Havers«, sagte Lynley, »ich habe zu tun. Bitte gehen Sie mir aus dem Weg. Wenn Sie mich nämlich nicht augenblicklich vorbeilassen, werden Sie feststellen, daß man Sie für einen anderen Fall eingeteilt hat.«
    »Na schön«, gab sie zurück, »lügen Sie sich was vor. Und wenn Sie schon mal dabei sind, können Sie gleich noch den Vorgesetzten rauskehren und der Sache ein Ende machen.«
    »Das habe ich, glaube ich, soeben getan. Und da Sie mit diesem Fall zum erstenmal die Chance erhalten, zumindest eine Teiluntersuchung zu leiten, würde ich vorschlagen, Sie überlegen sich genau, was Sie tun, ehe Sie mich zwingen durchzugreifen.«
    Er sah, wie sie sich auf die Lippen biß. Dann schüttelte sie den Kopf. »Mann-o-Mann«, sagte sie, »Sie können vielleicht ein arroganter Pinsel sein.« Sie machte auf dem Absatz ihres roten Basketballstiefels kehrt, zog mit einem Ruck den Schulterriemen ihrer Leinentasche hoch und ging zu ihrem Wagen.
    Lynley setzte sich in den Bentley und startete ihn mit gewaltigem Motorgeheul, das völlig unnötig, dafür aber um so befriedigender war. Eine Minute später war er aus der Tiefgarage heraus und brauste in Richtung Victoria Street davon. Er versuchte, sich auf die technischen Maßnahmen zu konzentrieren, die die Untersuchung erforderte. Aber seine Gedanken ließen sich nicht bändigen. Sie waren, wie Havers so scharfsinnig erkannt hatte - verflucht sei ihr feines Gespür! - auf Helen fixiert. Helen hatte ihn am vergangenen Mittwochabend bewußt belogen. Ihr ganzes Geplapper über ihre Nervosität, die Heirat und ihre gemeinsame Zukunft war nichts als ein Ablenkungsmanöver gewesen, das dazu herhalten sollte, ihre Unternehmungen mit Simon vor ihm zu verschleiern. Und das Resultat dieser Lüge und dieser Unternehmungen war der Tod eines kleinen Mädchens.
    Er trat hart aufs Gaspedal. Er steckte schon mitten im Getümmel von Touristenbussen, die alle gleichzeitig aus der unmittelbaren Umgebung der Westminster-Abtei zu entkommen suchten, als ihm einfiel, daß er um diese Zeit einen anderen Weg zur Themse hätte wählen sollen. So aber hatte er nun reichlich Zeit, sich über das unbegreifliche Verhalten seiner Freunde Gedanken zu machen, reichlich Zeit, sich vor Augen zu halten, wohin dieses Verhalten geführt hatte, bis er endlich den um diese Zeit üblichen Stau rund um den Parliament Square hinter sich gebracht hatte und südwärts nach Chelsea weiterfahren konnte.
    Es war dichter Verkehr. Er kämpfte mit Taxis und Bussen. Als die aufsteigenden Stahlkabel und die schlanken Türme der Albert-Brücke auftauchten, bog er in den schmalen gekrümmten Cheyne Walk ab und von da in die Cheyne Row. Er manövrierte den Bentley in eine Lücke fast am Ende des engen Sträßchens, stellte den Motor ab und nahm die Akte über Charlotte Bowen an sich. Er ging durch die Straße zurück, in Richtung zum Fluß, bis zu dem hohen, umbrabraunen Backsteinhaus an der Ecke Cheyne Row und Lordship Place. Es war völlig still in der Gegend, und er empfand diese Stille wie einen beruhigenden Balsam. Er holte tief Atem. Also gut, dachte er, behalt die Kontrolle. Du bist hier, um dir die Fakten geben zu lassen, und das ist alles. Hier ist der logische Ausgangspunkt, und nichts, was du tust, könnte irgendwie als blindwütige Unüberlegtheit aufgefaßt werden. Barbara Havers' Empfehlung, er solle zuerst mit Eve Bowen sprechen, zeugte lediglich von ihrer Unerfahrenheit. Es wäre sinnlos gewesen, zuerst mit Eve Bowen zu sprechen, wenn alle Informationen, die er benötigte, um die Ermittlungen einzuleiten, in diesem Haus zu holen waren. So lagen die Dinge. Jede Behauptung, er mache sich etwas vor und wolle nur Rache, ging völlig am wahren Sachverhalt vorbei. Richtig? Richtig.
    Er griff zum Türklopfer. Und drückte auch gleich noch auf die Klingel. Er hörte den Hund bellen, gleichzeitig das Telefon läuten. Er hörte Deborah, die sagte: »Herrgott, immer alles zur gleichen Zeit«, und jemand rief: »Ich bin schon an der Tür. Kannst du ans Telefon gehen?«
    Ein Riegel wurde zurückgeschoben, dann stand sie vor ihm, barfuß, in abgeschnittenen Jeans, mit Mehl an den Händen und auf ihrem schwarzen T-Shirt. Ihr Gesicht leuchtete auf, als sie ihn sah. »Tommy!« rief sie. »Na, so was! Eben haben wir von dir

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