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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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in einem unwirtlichen und wäßrigen Milieu wieder lebendig zu werden. Zu der zweiten Schlußfolgerung hatte die Anwesenheit einer fremden Substanz unter den Fingernägeln des Kindes geführt.
    »Was war es?« fragte Barbara.
    »Es handelt sich um eine auf Petroleum basierende Verbindung: ein Naphthendestillat, das neben diversen anderen zungenbrecherischen Zutaten Stearinsäure und Lithiumhydroxid enthielt.«
    »Das ist das Zeug, mit dem schwere Maschinen geschmiert werden«, erklärte Payne.
    »Und das hat man unter Charlotte Bowens Fingernägeln gefunden?«
    »Richtig«, sagte er. Es werde für Traktoren, Mähdrescher und ähnliche landwirtschaftliche Maschinen gebraucht, fügte er hinzu und wies auf die Übersichtskarten an der Wand. »Bei uns im Landkreis gibt es Hunderte von Bauernhöfen - Dutzende in der unmittelbaren Umgebung von hier, aber wir haben das ganze Gebiet in Quadrate eingeteilt, und mit Hilfe der Kollegen von Salisbury, Marlborough und Swindon kämmen wir sie jetzt alle durch. Vielleicht finden wir einen Hinweis darauf, wo das Kind festgehalten wurde. Sergeant Stanley hat das auf die Beine gestellt. Die Teams haben schon gestern mit der Arbeit begonnen, und wenn sie Glück haben ... Tja, wer weiß, was sie finden werden. Nur wird's wahrscheinlich ewig dauern.«
    Barbara glaubte, in seinem Ton gewisse Zweifel an der Methode des Sergeants zu hören, und fragte: »Finden Sie diesen Plan nicht gut?«
    »Es ist ein Haufen Arbeit, aber sie muß eben getan werden. Trotzdem ...« Er ging zu der Karte an der Wand.
    »Was denn?«
    »Ich weiß auch nicht. Nur so Gedanken.«
    »Wollen Sie nicht mit mir darüber sprechen?«
    Er sah sie an, unverkennbar unschlüssig. Sie ahnte, was er dachte: Er hatte sich an diesem Abend schon einmal lächerlich gemacht; er war sich nicht sicher, ob er es ein zweites Mal riskieren wollte.
    »Vergessen Sie die Sache auf dem Parkplatz, Constable«, sagte sie. »Wir waren beide durcheinander. Also, was geht Ihnen durch den Kopf?«
    »Okay«, sagte er. »Aber es ist wirklich nur ein Gedanke.« Er wies auf verschiedene Orte auf der Karte, während er sprach.
    »Wir haben die Kläranlage in Coate. Wir haben neunundzwanzig Schleusen, wo der Kanal hinauf zum Caen Hill führt. Das ist in der Nähe von Devizes. Wir haben Wasserpumpen - es sind Windräder - hier bei Oare und da bei Wootton Rivers.«
    »Ja, das sehe ich auf der Karte. Worauf wollen Sie hinaus?« fragte Barbara.
    Er hielt eine Hand hoch und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Karte. »Wir haben Wohnwagenplätze. Wir haben Getreidemühlen - Windmühlen - in Provender, Wilton, Blackland und Wootton. Wir haben ein Sägewerk in Honeystreet. Und wir haben einen Haufen Anlegestellen, wo die Leute, die auf dem Kanal rumgondeln wollen, die Boote mieten.« Er wandte sich ihr wieder zu.
    »Wollen Sie damit sagen, daß die Schmiere unter den Fingernägeln des Kindes von jedem dieser Orte stammen kann? Daß es an jedem dieser Orte festgehalten worden sein kann? Nicht nur auf einem Bauernhof?«
    Er sah sie mit einer Miene des Bedauerns an. »Ja, Sir«, sagte er brach ab, schnitt eine Grimasse und sagte: »Entschuldigen Sie, Madam ... äh ... Sergeant ... Chef.«
    Es war ein seltsames Gefühl, plötzlich als Vorgesetzte angesehen zu werden. Die respektvolle Höflichkeit war zur Abwechslung einmal ganz angenehm, aber die Distanz, die dadurch geschaffen wurde, behagte ihr gar nicht. »Barbara tut's auch«, sagte sie und überging die Verlegenheit des Constables, indem sie ihre Aufmerksamkeit auf die Karte konzentrierte.
    »Überall an diesen Orten gibt es schwere Maschinen«, sagte Payne.
    »Aber Sergeant Stanley hat seine Leute nicht angewiesen, diese Orte in ihre Nachforschungen mit einzubeziehen?«
    »Sergeant Stanley ...« Payne zögerte. Er schlug seine Zähne aufeinander, als hätte er Angst, offen zu sprechen.
    »Was ist mit Sergeant Stanley?«
    »Na ja, es ist die alte Geschichte von den Bäumen und dem Wald. Er hat nur Achsenschmiere gehört, und Achsen gehören zu Rädern und Räder zu Fahrzeugen und Fahrzeuge zu Bauernhöfen. Für ihn jedenfalls.« Payne glättete eine geknickte Ecke der Karte und pinnte sie mit einem Reißnagel wieder fest. Die Hingabe, mit der er sich dieser kleinen Reparatur widmete, verriet Barbara genug darüber, wie unbehaglich ihm bei diesem Gespräch war. »Ach was«, sagte er plötzlich, »er hat wahrscheinlich recht. Er hat jahrelange Erfahrungen, und ich bin ein krasser Neuling. Wie Sie

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