08 - Im Angesicht des Feindes
belegte.
»Robbie?« Corrines pfeifende Stimme kam aus dem Eßzimmer. »Bist du das, mein Junge?«
»Ich bin's«, rief Barbara.
»Oh! Barbara.«
Da das Eßzimmer auf Barbaras Weg zur Küche lag, konnte sie ein Zusammentreffen mit der Frau nicht vermeiden. Sie fand sie vor dem Eßtisch stehend, auf dem eine Bahn geblümter Baumwollstoff ausgebreitet lag. Corrine hatte ein Schnittmuster auf den Stoff gesteckt und war gerade dabei, es nachzuschneiden.
»Hallo«, sagte Barbara. »Darf ich mal Ihre Backröhre benutzen?« Sie hielt die Fleischpastete hoch.
»Robbie ist nicht mit Ihnen gekommen?« Corrine schob die Schere unter den Stoff und schnitt an dem Muster entlang.
»Der macht noch weiter, nehme ich an.«
Corrine lächelte auf ihren Stoff hinunter. »Und Sie wohl auch, hm?« murmelte sie vielsagend.
Barbara wurde unbehaglich. Sie bemühte sich um einen leichten Ton, als sie sagte: »Wir haben wahnsinnig viel zu tun. Ich mach' mir das hier nur schnell heiß und verschwinde.« Sie nahm Kurs auf die Küche.
»Sie hätten Celia beinahe überzeugt«, bemerkte Corrine.
Barbara blieb stehen. »Bitte? Überzeugt?«
»Was Sie und Robbie betrifft.« Corrine schnitt weiter an dem Schnittmuster entlang. War es Einbildung, oder legte die Schere plötzlich an Tempo zu? »Sie hat hier angerufen, vor knapp zwei Stunden. Das haben Sie wohl nicht erwartet, wie, Barbara? Ich hab's natürlich gleich an ihrer Stimme gemerkt - so was merke ich immer. Sie wollte es mir erst nicht sagen, aber dann ist sie doch damit rausgerückt. Ich glaube, sie hat jemanden zum Reden gebraucht. Das geht einem manchmal so, nicht? Möchten Sie mit mir reden?« Sie blickte auf und sah Barbara ganz freundlich an. Aber beim Anblick der erhobenen Schere bekam Barbara eine Gänsehaut.
Barbara verstand sich nicht auf weibliche List. In diesem Fach hatte sie in ihrer Schulzeit gefehlt. Sie hatte oft den Eindruck, daß ihr Unvermögen, die Kunst weiblicher Raffinesse zu meistern, daran schuld war, daß sie jedes Silvester zu Hause saß und Radio hörte und eine Riesenschüssel Schokoladenpudding mit Mandel splittern verdrückte. Und so suchte sie zwar jetzt krampfhaft nach einer schlauen Entgegnung, die Corrine Payne von ihrem Thema abbringen würde, sagte aber am Ende doch nur: »Celia täuscht sich, Mrs. Payne. Ich weiß nicht, wie sie auf die Idee gekommen ist, daß zwischen mir und Robin etwas ist, aber dieser Eindruck ist falsch.«
»Corrine«, sagte Corrine. »Nennen Sie mich Corrine.« Sie senkte die Schere und begann wieder zu schneiden.
»Gut. Corrine. Also, dann schieb' ich jetzt rasch die Pastete in die Röhre und -«
»Frauen gewinnen keine falschen Eindrücken Barbara. Dazu haben wir viel zuviel Intuition. Mir ist die Veränderung an Robbie auch aufgefallen. Ich hab' nur nicht gewußt, was dahintersteckt. Bis Sie hier aufgetaucht sind. Ich kann verstehen, daß Sie es für besser gehalten haben, Celia zu belügen.«
Bei dem Wort »belügen« biß die Schere mit besonderem Nachdruck zu. »Sie ist schließlich Robins Zukünftige. Aber mich werden Sie nicht belügen. Das kommt nicht in Frage.«
Bei den letzten Worten hüstelte Corrine ein wenig. Zum erstenmal fiel Barbara auf, daß sie beim Atmen leicht keuchte. Corrine klopfte sich lächelnd auf die Brust. »Scheußlich, dieses Asthma. Das machen die vielen fliegenden Pollen.«
»Ja, im Frühjahr ist es sicher schlimm«, pflichtete Barbara ihr bei.
»Sie können sich nicht vorstellen, wie schlimm.« Corrine war beim Zuschneiden langsam um den Tisch herumgewandert. Jetzt stand sie zwischen Barbara und der Küchentür. Sie legte den Kopf schief und lächelte mütterlich. »Also, raus mit der Sprache, Barbara. Und keine Lügen, bitte.«
»Mrs. Pay - Corrine! Celia ist durcheinander, weil Robin mit seinen Gedanken ganz woanders ist. Aber das geht einem bei einer Morduntersuchung immer so. Sie nimmt einen völlig gefangen. Und eine Zeitlang vergißt man alles andere. Aber wenn der Fall geklärt ist, nimmt alles wieder seinen normalen Lauf. Sie braucht nur ein bißchen Geduld zu haben, dann wird sie sehen, daß ich die Wahrheit sage.«
Corrine tippte sich nachdenklich mit der Scherenspitze an die Lippe. Sie musterte Barbara mit taxierendem Blick, und als sie sich wieder dem Zuschneiden ihres Stoffes zuwandte, nahm sie auch ihr Thema wieder auf. »Bitte versuchen Sie doch nicht, mich für dumm zu verkaufen, Barbara. Das ist Ihrer nicht würdig. Ich habe Sie doch zusammen gehört. Robbie hat
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