08 - Im Angesicht des Feindes
einer historischen Stätte: die Mauer einer alten Burg, braun auf weißgestrichenem Metall. Die Zinnen waren überaus deutlich gestaltet, damit man ohne jeden Zweifel erkannte, womit man es zu tun hatte. Bingo, dachte Barbara. Zuerst eine Windmühle. Dann eine alte Burg. Robin Payne kannte, wie er selbst gesagt hatte, die besten Plätze in Wiltshire, wo man ungestört Dummheiten machen konnte.
Vielleicht war er sogar mit Celia dort gewesen. Vielleicht war eben das der Grund, weshalb er die Burg gewählt hatte. Aber wenn es hier um Celia Matheson und ihre heimliche Affäre mit Dennis Luxford ging, dann stellte sich die Frage, wann diese Beziehung bestanden hatte. Charlotte Bowen war zur Zeit ihres Todes knapp zehn Jahre alt gewesen. Wenn sie nicht Luxfords erstgeborenes Kind war, dann mußte das unbekannte Erstgeborene logischerweise älter sein. Aber selbst wenn dieses Kind nur wenige Monate älter war, würde das bedeuten, daß Celia Matheson zur Zeit ihrer Affäre mit Dennis Luxford noch ein Teenager gewesen war. Wie alt war Celia überhaupt? Vierundzwanzig? Höchstens fünfundzwanzig. Um ein Kind zur Welt zu bringen, das älter war als Charlotte Bowen, hätte sie sich mit Luxford einlassen müssen, als sie grade mal vierzehn war. Das lag zwar nicht im Bereich des Unmöglichen, da es ja heutzutage keine Seltenheit war, daß Mädchen, die selbst noch Kinder waren, Kinder gebaren. Aber auch wenn Luxford ein ausgesprochen mieser Typ zu sein schien - ging man einmal nach der Zeitung, die er herausbrachte -, so gab doch nichts, was Barbara über ihn gehört hatte, Anlaß zu der Vermutung, daß er eine Vorliebe für minderjährige Mädchen hatte. Und wenn man bedachte, wie Portly Luxford zu seiner Zeit als Schüler in Baverstock beschrieben hatte, wenn man insbesondere bedachte, wie deutlich er sich Portlys Schilderung zufolge von den anderen Jungen abgehoben hatte, konnte man daraus eigentlich nur schließen -Moment mal, dachte Barbara. Moment mal. Sie packte das Lenkrad fester. Vor sich sah sie Robins Wagen, der der kurvenreichen schmalen Straße folgte, unter einer Gruppe überhängender Bäume hindurchfuhr, eine kleine Anhöhe erklomm. Ihr Augenmerk bald auf den Escort, bald auf die Straße richtend, zuckelte sie in einigem Abstand hinter ihm her und kramte die wesentlichen Details dessen, was Portly ihr erzählt hatte, aus ihrem Gedächtnis. Eine Gruppe Jungen in Dennis Luxfords Alter - Baverstock-Schüler der Abschlußklasse - hatte sich in dem alten Eishaus auf dem Schulgelände regelmäßig mit einem Mädchen aus dem Dorf getroffen. Zwei Pfund hatte sie jeweils von jedem von ihnen für ihre Gunst verlangt. Und sie war schwanger geworden. Hinterher hatte es einen Riesenskandal gegeben, mit Schulverweisen und was sonst noch dazugehörte. So weit, so gut. Wenn nun dieses Dorfmädchen das Kind, das sie erwartete, ausgetragen, wenn sie ein gesundes Kind geboren hatte, das heute noch am Leben war, dann mußte dieses Kind, das damals im Eishaus von dem Dorfmädchen und einem der wilden Jungen aus Baverstock gezeugt worden war, jetzt - Barbara rechnete rasch - neunundzwanzig Jahre alt sein.
Mann-o-Mann, dachte Barbara. Es war nicht einfach so, daß Robin Payne von Luxfords Kind wußte. Robin Payne glaubte, er sei dieses Kind. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie er auf die Idee gekommen war. Aber sie wußte, daß es so war. So sicher wie sie wußte, daß er sie jetzt zu dem Jungen führte, den er für seinen Halbbruder hielt. Sie hörte sogar noch, was er an dem Abend, als sie an Baverstock vorbeigefahren waren, zu ihr gesagt hatte: »Meinen Stammbaum gibt's gar nicht.« Sie hatte gedacht, er meine, er habe in seiner Familie niemanden von Bedeutung vorzuweisen. Jetzt begriff sie, daß er genau das gemeint hatte, was er gesagt hatte. Er hatte keinen Stammbaum, jedenfalls keinen, auf den er sich berufen konnte.
Es war wirklich eine Meisterleistung gewesen, sich für diesen Fall einteilen zu lassen. Wer hätte sich auch wundern sollen, als der eifrige junge Detective Constable darum bat, an diesem Fall mitarbeiten zu dürfen? Und der Ermittlungsleiterin von New Scotland Yard das eigene Haus als Unterkunft anzubieten - so nahe am Fundort der Leiche, mit Mama im Haus, die dafür sorgte, daß die Formen gewahrt blieben, und die ja sowieso regelmäßig an Urlauber vermietete - war genial gewesen. Auf diese Weise war er zu jeder Zeit über den Stand der Ermittlungen auf dem laufenden gewesen. Er hatte nur mit Barbara zu
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