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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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verfluchte sich dafür, daß sie niemals Ordnung machte, und fand schließlich unter mehreren Decken, einem Paar Gummistiefel, diversen Zeitschriften und einem Badeanzug, der mindestens zehn Jahre alt war, den Wagenheber und das zugehörige Montiereisen für die Reifen. Sie nahm das Eisen und wog es in der Hand. Sie schlug mit seinem gebogenen Ende fest auf ihre Handfläche. Es mußte gehen, etwas anderes hatte sie nicht.
    Sie machte sich auf den Weg. Robin, der mit dem Wagen bis zur Burgmauer gefahren war, war dem Weg gefolgt. Sie war zu Fuß, sie brauchte das nicht. Sie rannte über ein Stück offenes Gelände, das von der Burg aus gut zu überblicken war. Zu Zeiten, als das Gemäuer noch bewohnt gewesen war, war man sicher rechtzeitig gewarnt, wenn sich ein Feind auf diesem Weg näherte. Barbara rannte geduckt, wohl wissend, daß das Mondlicht, das ihr den Weg zeigte, auch sie beleuchtete und für jeden, der zufällig in ihre Richtung blickte, sichtbar machte - wenn vielleicht auch nur als Schatten.
    Sie kam rasch und mühelos voran, bis Mutter Natur ihr ein Bein stellte. Sie stolperte über einen niedrigen Busch - es fühlte sich an wie ein Wachholder - und scheuchte eine Schar Vögel auf. Sie flatterten direkt vor ihr in die Höhe, und ihre Schreie hallten, so schien es ihr, laut von jedem einzelnen Stein der Burgmauer wider.
    Barbara erstarrte. Sie wartete mit hämmerndem Herzen. Sie zwang sich zu zählen, zweimal bis sechzig. Als sich nirgends etwas rührte, nahm sie Robins Verfolgung wieder auf.
    Sie erreichte seinen Wagen ohne Zwischenfall. Sie schaute hinein, betete darum, daß die Wagenschlüssel vom Zündschloß herabhängen würden, aber sie waren nicht da. Nun, das wäre auch zu einfach gewesen.
    Sie folgte wie zuvor der Krümmung der Burgmauer, in flotterem Tempo jetzt. Sie hatte die Zeit, die sie durch den Lauf über das freie Feld hatte gewinnen wollen, verloren. Sie mußte sie wieder aufholen, ganz gleich, wie. Dennoch, sie mußte sich still und leise heranschleichen. Abgesehen von dem Montiereisen verfügte sie nur noch über die Waffe der Überraschung.
    Am Ende der Mauerkrümmung gelangte sie zu den Überresten des alten Torhauses. Es hing keine Tür mehr in den geborstenen Steinen, nur der leere Torbogen war noch da, über dem sie undeutlich ein Wappen erkennen konnte. In einer Nische, die durch den Einsturz der Torhauswände entstanden war, blieb sie stehen und lauschte. Die Vögel hatten sich wieder beruhigt. Ein leichter Nachtwind säuselte in den Blättern der Bäume innerhalb der Burgmauer. Doch sie hörte keine Stimme, keinen Schritt, kein Rascheln von Kleidern. Und es war nichts zu sehen als die beiden gezinnten Türme, die in den Himmel hineinragten.
    Sie hatten kleine ovale Schlitze, durch die bei Tag Sonnenlicht auf die steinerne Wendeltreppe in ihrem Inneren fallen würde. Von diesen Schießscharten aus hatten vermutlich Bogenschützen den anrückenden Feind beschossen, während hinter ihnen Krieger zu den Wehrplatten auf dem Turmdach hinaufstürmten. Und durch diese Schlitze hätte gedämpftes Licht geschimmert, hätte Robin Payne den kleinen Leo Luxford in einem der Türme gefangengehalten. Aber Barbara sah kein Licht. Robin mußte also irgendwo in dem Gebäude sein, dessen Dach Barbara etwa zwanzig Meter vom hinteren Turm entfernt hatte aufragen sehen.
    Sie konnte das Gebäude als schattenhafte Silhouette im Dämmerlicht wahrnehmen. Zwischen diesem mit einem Giebeldach versehenen Bau und dem Torbogen, in dem sie wie unter einer Glocke von Dunkelheit stand, bot sich kaum Deckung. Wenn sie sich einmal aus dem Schutz des Torhauses, der Bäume und des Buschwerks hinauswagte, würde sie sich nur noch hinter den vereinzelten Steinhaufen verstecken können, die die Stellen markierten, an denen einst die Wohngebäude der Burg gestanden hatten. Barbara musterte das Terrain. Bis zum ersten dieser Steinhaufen waren es ungefähr zehn Meter.
    Wieder lauschte sie angespannt und hörte nichts als das sanfte Rauschen des Windes. Sie sprintete los.
    Dem einzigen noch halbwegs intakten Teil der Burg nun zehn Meter näher, konnte sie erkennen, was sie vor sich hatte. Sie konnte die Spitzbögen der gotischen Fenster ausmachen und auf dem Dach ein Kreuz, das sich wie gezeichnet vom dünken Himmel abhob. Das Gebäude war eine Kapelle.
    Unverwandt hielt Barbara ihren Blick auf die Fenster gerichtet. Sie wartete darauf, von innen einen Lichtschimmer zu sehen. Er hatte eine Taschenlampe. Er würde sie

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