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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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fühl' mich gar nicht gut.«
    Lynley stieß sich vom Tisch ab. Bis jetzt hatte er über sie gebeugt gestanden, aber nun brauchte er Abstand. Er konnte es nicht fassen. Ein kleines Mädchen war tot, und zwei weitere Menschen waren in höchster Gefahr, weil diese Frau - diese furchtbare Frau - ihrem Sohn hatte verheimlichen wollen, daß sie nicht wußte, wer sein Vater war. Sie hatte sich irgendeinen Namen gegriffen, aus dem Nichts, aus der Luft. Sie hatte das Wort »Baverstock« in dem Bericht in dem Magazin gesehen und hatte aus diesem Wort eine Geschichte fabriziert, die ein zehnjähriges Kind zum Tod verurteilt hatte. Großer Gott. Wahnsinn war das. Er brauchte frische Luft. Er mußte Havers finden, bevor Payne ihr etwas antun konnte.
    Er eilte in die Küche, zur Tür, um zu fliehen. Im selben Moment meldete sich einer der, Beobachter über Funk.
    »Es kommt ein Fahrzeug, Inspector. Sehr langsam. Aus Westen.«
    »Die Lichter!« rief Lynley. Eilig schaltete Nkata alle Lichter aus.
    »Inspector?« tönte es aus dem Funkgerät.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind.«
    Corrine, die noch immer am Tisch saß, richtete sich auf. »Ist es Robbie?«
    »Bringen Sie sie nach oben«, befahl Lynley.
    Sie sagte: »Ich will aber nicht -«
    »Winston!«
    Nkata trat zu ihr. Er zog sie hoch. »Kommen Sie, Mrs. Payne.«
    Sie hielt sich an ihrem Stuhl fest. »Sie tun ihm doch nichts«, flüsterte sie. »Er ist mein kleiner Junge. Sie tun ihm doch nichts. Bitte!«
    »Bringen Sie sie hinaus!«
    Als Nkata Corrine Payne zur Treppe führte, strichen die Strahlen zweier Autoscheinwerfer durch das dunkle Eßzimmer. Ein Motor brummte. Das Geräusch wurde lauter, als das Auto sich dem Haus näherte. Dann hörte es auf, ein Blubbern und ein kurzes Aufstoßen folgten, danach war es still. Lynley huschte lautlos zum Fenster und zog vorsichtig den Vorhang zur Seite.
    Der Wagen hatte außerhalb seines Gesichtsfeldes auf der hinteren Seite des Hauses angehalten, in der Nähe der Küchentür, die noch offenstand. Leise schlich Lynley um den Tisch herum zur Tür. Er schaltete sein Funkgerät aus. Er horchte nach draußen.
    Eine Autotür wurde geöffnet. Sekunden verstrichen. Dann näherten sich schwere, schleppende Schritte.
    Lynley eilte zu der Tür zwischen Küche und Eßzimmer. Er vernahm von draußen einen tiefen gutturalen Aufschrei, der sich anhörte, als würde er mit Gewalt unterdrückt. In der Dunkelheit wartete er, die Hand am Lichtschalter. Als er die schattenhafte Gestalt auf der kurzen Treppe sah, drückte er den Schalter herunter und überflutete die Küche mit Licht.
    »Um Gottes willen!« rief er laut und schrie nach Nkata, als Barbara Havers zur Tür hereintaumelte.

    Sie hielt ein Kind in den Armen. Ihre Augen waren geschwollen, und ihr Gesicht war ein wüstes Durcheinander aus Striemen, Blutergüssen und Blut. Die Vorderseite ihres Pullovers war blutdurchtränkt. Ihre Hose war von den Hüften bis zu den Knien blutverschmiert. Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie Lynley an. »Gottverdammich«, sagte sie, kaum fähig, die geschwollenen Lippen zu bewegen. Einer ihrer Zähne war abgebrochen. »Sie haben sich vielleicht Zeit gelassen.«
    Nkata stürzte herein. Bei Barbaras Anblick bremste er mit einem Ruck ab und sagte nur noch: »Heiliger Herr Jesus!«
    »Rufen Sie einen Krankenwagen«, befahl Lynley ihm. Und zu Barbara sagte er: »Der Junge?«
    »Er schläft.«
    »Er sieht entsetzlich aus. Sie sehen beide entsetzlich aus.«
    Sie versuchte zu lächeln und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. »Er hat ein Bad in einer Kloake genommen, um mein Montiereisen zu suchen. Und dann hat er Payne damit eins übergezogen. Nein, vier hat er ihm übergezogen. Ein toller kleiner Kerl. Aber nach diesem Bad wird er wahrscheinlich eine Tetanusspritze brauchen. Das Wasser war total verdreckt. Die reinste Brutstätte für jede Krankheit, die man sich denken kann. Er war in einer Grabkammer. Mit Särgen. Es war eine alte Burgruine. Ich weiß, ich hätte warten sollen, aber als er abgezischt ist und niemand ihm hinterherfuhr, dachte ich, es wäre das beste, wenn ich -«
    »Havers«, unterbrach Lynley sie. »Das war großartig.«
    Er ging zu ihr und nahm ihr das Kind ab. Leo wurde einen Moment unruhig, wachte aber nicht auf. Havers hatte recht. Der Junge war von Kopf bis Fuß mit Schlamm und Algen bedeckt. Seine Ohren sahen aus, als sprieße Moos aus ihnen. Seine Hände waren schwarz. Sein blondes Haar wirkte grün. Aber er lebte. Lynley reichte ihn an Nkata

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