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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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in eine Porzellankanne.
    »Gräßlicher Tag«, bemerkte sie, während sie löffelte.
    »Werkzeugspuren auf Metall. Ich hab' durch Mikroskope geglotzt, bis mir die Augen tränten. Aber du kennst ja Simon. Warum schon um acht aufhören, wenn man noch vier Stunden weitermachen kann, ehe man vor Erschöpfung zusammenklappt? Wenigstens hab' ich's geschafft, ihm zwei Mahlzeiten abzupressen, aber auch nur, weil Deborah zu Hause war. Wenn es ums Essen geht, ist er so schlimm wie du. Was sind das nur für Männer in meinem Leben? Wieso haben sie so eine Aversion gegen ordentliches Essen?«
    Sie spürte, wie Tommy sie musterte, als sie den Deckel auf die Teedose drückte und sie wieder in den Schrank stellte. Sie nahm zwei Tassen, stellte sie auf Untertassen und holte zwei Löffel aus einer Schublade.
    »Deborah hat ein paar ganz wunderbare Aufnahmen gemacht«, berichtete sie. »Ich wollte eigentlich eine mitbringen, um sie dir zu zeigen, aber ich hab's vergessen. Na, macht nichts. Ich bringe sie morgen mit.«
    »Du arbeitest morgen auch?«
    »Wir haben noch massenhaft zu tun. Tagelang wahrscheinlich. Warum? Hattest du was vor?«
    »Ich dachte, wir könnten nach Cornwall fahren, wenn diese Fleming-Geschichte erledigt ist.«
    Ihr ging das Herz auf bei der Aussicht auf Cornwall, die Sonne, den Meerwind, das Zusammensein mit Tommy, wenn er einmal in Gedanken nicht nur bei seiner Arbeit war. »Ach, das ist eine herrliche Idee, Liebling.«
    »Kannst du denn weg?«
    »Wann?«
    »Morgen abend. Vielleicht übermorgen.«
    Das konnte Helen sich nicht vorstellen. Sie konnte sich aber auch nicht vorstellen, wie sie das Tommy beibringen sollte. Sie arbeitete immer nur sporadisch für Simon, und selbst wenn er dringende Termine hatte, kurzfristig als Gutachter bei Gericht gebraucht wurde oder mit einem Vortrag oder Seminar für die Universität unter Druck war, zeigte er sich Helen gegenüber als der verständnisvollste Arbeitgeber, den man sich vorstellen konnte - wenn man ihn überhaupt als Arbeitgeber bezeichnen konnte. Ihre Zusammenarbeit war eine liebe Gewohnheit, die sich in den letzten Jahren ganz zwanglos gebildet hatte. Eine förmliche Vereinbarung hatte es nie gegeben. Sie konnte also Tommy gegenüber nicht gut behaupten, Simon würde Einwände erheben, wenn sie jetzt ein paar Tage nach Cornwall reisen wollte. Er würde unter normalen Umständen nicht die geringsten Einwände erheben, und das wußte Tommy genau.
    Dies waren natürlich keine normalen Umstände. Unter normalen Umständen würde sie jetzt nicht in ihrer Küche stehen und wünschen, das Wasser würde endlich kochen, damit sie sich in Geschäftigkeit stürzen konnte, um nicht in dem Bemühen, eine direkte Lüge zu umgehen, Halbwahrheiten fabrizieren zu müssen. Der Gedanke, Tommy zu belügen, war ihr schrecklich. Sie wußte, er würde es merken und sich Gedanken darüber machen, warum sie ihn anlog. Ihre eigene Vergangenheit war ja beinahe so buntscheckig wie die seine, und wenn Liebende anfingen zu flunkern - Liebende mit abenteuerreichen Vergangenheiten, die den anderen leider ausschließen -, dann steckte meistens ein Grund aus einer dieser Vergangenheiten dahinter, der sich unversehens in die gemeinsame Gegenwart eingeschlichen hat. War es nicht so? Und würde Tommy nicht genau das vermuten?
    Himmel, dachte Helen. Ihr schwamm der Kopf. Würde das Wasser denn nie zu kochen anfangen?
    »Wenn wir einmal dort sind, würde ich ungefähr einen halben Tag brauchen, um die Bücher durchzusehen«, sagte Tommy, »aber die Zeit danach hätten wir für uns allein. Und du könntest ja diesen halben Tag mit Mutter verbringen, nicht?«
    Natürlich konnte sie das. Sie hatte Lady Asherton noch nicht gesehen, seit - wie Iris es formulieren würde - ›alles endlich hochoffiziell‹ geworden war. Sie hatten miteinander telefoniert. Sie hatten sich gegenseitig versichert, daß es wegen der Zukunft noch eine Menge zu besprechen gebe. Hier war die Gelegenheit dazu. Aber sie konnte nicht weg. Auf keinen Fall morgen, und wahrscheinlich auch nicht übermorgen.
    Jetzt war der Moment, Tommy die Wahrheit zu sagen: Wir führen da nur gerade eine kleine Ermittlung durch, weißt du, Liebling. Simon und ich. Was für eine, fragst du? Ach, nichts Besonderes. Ganz belanglos. Nichts, weswegen du dir Gedanken machen müßtest. Wirklich.
    Noch eine Lüge. Lüge über Lüge. Was für ein schreckliches Kuddelmuddel.
    Helen starrte hoffnungsvoll auf den Wasserkocher. Wie zur Antwort begann er

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