08 - Old Surehand II
diese Flucht hinein hörte er die Stimme des Apachen.
„Ah“, murmelte er. „Vielleicht kann ich mich rächen.“
Er sah, daß ‚Bärenherz‘ dem Komantschen nachsprang, und folgte ihnen. Als sie nun im Kampf waren, sprang er hinzu und schlug mit dem Kolben seines Gewehres dem Apachen von hinten so auf den Kopf, daß er niederstürzte. Der Komantsche zog sofort sein Messer, um den Betäubten vollends zu töten und ihm den Skalp zu nehmen; aber Alfonzo wehrte ab.
„Halt!“ sagte er. „Er verdient einen andern Tod.“
„Du hast recht!“ sagte der schwarze Hirsch. „Schnell zu den Pferden.!“
„Zu den Pferden? – Die sind ja fort!“
„Fort?“ fragte der Häuptling erschrocken.
„Ja. Man hat sie mit Feuerwerk erschreckt.“
„Uff! Komm, komm, sonst wird es zu spät!“
Sie faßten den Apachen an beiden Armen, und sprangen, ihn an der Erde schleifend, davon.
Es war die höchste Zeit für sie. Als ‚Büffelstirn‘ aus seinem Fenster bemerkte, daß der Apache dem feindlichen Führer nacheilte, erkannte er, daß dieser sich in die höchste Gefahr begab; darum holte er so rasch wie möglich die Besatzung des Hauses zusammen, um einen Ausfall zu machen. Sie fanden den Hof bereits verlassen; nur tote Komantschen lagen noch da.
„Ihnen nach!“ rief er.
Das Tor wurde geöffnet und die tapferen Verteidiger stürzten hinaus in das Freie, wo sich noch an vielen Stellen ein hitziger Einzelkampf entspann, bei welchem die Wilden gewöhnlich den kürzeren zogen. ‚Büffelstirn‘ schlug noch manchen nieder. Er eilte rundum die Hacienda herum, soweit die Feuer leuchteten; aber er sah von dem Apachen keine Spur. –
Stunden waren vergangen, als der Häuptling ‚Bärenherz‘ aus seiner tiefen Ohnmacht erwachte. Er öffnete die Augen und erblickte zunächst ein Feuer und sodann eine Anzahl wilder, roter Gestalten, welche um dasselbe saßen. Er selbst war gefesselt; zu seiner Rechten saß der ‚Schwarze Hirsch‘ und zu seiner Linken Graf Alfonzo. Als er seine Augen zum Himmel erhob, sah er an den Sternen, daß es nicht mehr weit bis zum Anbruch des Morgens sein könnte.
Alfonzo hatte bemerkt, daß er die Augen aufschlug.
„Er erwacht!“ sagte er.
Sofort richteten sich die Blicke sämtlicher Komantschen auf ihn. Sie alle hatten von ihm gehört; sie kannten seinen Ruhm, aber die wenigsten hatten ihn schon einmal gesehen. Er nahm seine Gefangenschaft mit der äußeren Ruhe auf, welche dem Indianer eigen ist. Sein Kopf schmerzte von dem Hieb; aber er besann sich sofort auf alles, was geschehen war.
„Der furchtsame Frosch der Apachen ist gefangen“, sagte der ‚Schwarze Hirsch‘.
‚Bärenherz‘ lachte verächtlich; er sah ein, daß ein stolzes Schweigen hier nicht das Richtige sei.
„Der Löwe der Komantschen lief vor diesem Frosch davon!“ sagte er.
„Hund!“
„Schakal!“
„‚Bärenherz‘, der Häuptling, ließ sich besiegen von dem ‚Schwarzen Hirsch‘!“
„Du lügst!“
„Schweig!“
„Nicht du besiegtest mich und auch nicht ein andrer. Dieser Feigling, der ein Graf der Bleichgesichter ist, schlug mich heimtückisch nieder. Das ist es, was ich sage, und weiter hört ihr kein Wort. ‚Bärenherz‘ verachtet die Krieger, welche wie Flöhe davonspringen, wenn der Tapfere sich zeigt!“
„Du wirst schon sprechen, wenn die Marter beginnt.“
Der Apache antwortete nicht. Er hatte seine Meinung ausgesprochen, und nun war er der eisenfeste Mann, der sich nicht beschämen ließ. Das sahen die andern ein, und darum sagte der Häuptling der Komantschen:
„Der Tag beginnt; unsres Bleibens ist hier nicht. Laßt uns zu Gericht sitzen über diesen Mann, der sich einen Häuptling nennt.“
Es wurde schweigend ein Kreis gebildet, und dann erhob sich der ‚Schwarze Hirsch‘, um in einer langen Rede die Verbrechen des Apachen aufzuzählen.
„Er hat den Tod verdient“, sagte er am Schluß.
Die andern stimmten ein. „Wollen wir ihn mit in die Wigwams der Komantschen nehmen?“ fragte er.
Auch hierüber wurde beraten, und das Resultat war, daß er hier getötet werden solle, da man unterwegs noch mannigfaltigen Zufälligkeiten ausgesetzt sein konnte.
„Aber welchen Tod soll er sterben?“ fragte der Häuptling.
Auch darüber wurde beraten, aber man kam hier nicht so schnell zu einem Entschluß, da solch ein seltener Gefangener auch ungewöhnliche Martern erleiden sollte. Da erhob sich Graf Alfonzo, der bisher noch gar nichts dazu gesagt hatte.
„Darf ich mit meinen
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